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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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unwiderstehlicher Einfluß auf seine Mutter war so stark, daß sie auch jetzt es nicht wagte, die Hand wegzuziehen. Sie blickte ihn nur, ganz Frage, ganz Spannung, an, und ihre ganze Erscheinung besagte, daß sie die Ungewißheit keinen Augenblick länger ertragen könne.
    Aber er schwieg weiter. Nachdem er seiner Mutter die Hand geküßt hatte, ließ er seinen Blick noch einmal durch das ganze Zimmer umherwandern und ging dann mit derselben Ruhe wie vorher geradeswegs auf Marja Timofejewna zu. Es ist sehr schwer, den Gesichtsausdruck der Menschen in manchen Augenblicken zu beschreiben. Ich erinnere mich zum Beispiel, daß Marja Timofejewna, halb tot vor Schreck, sich zu seinem Empfange erhob und, als ob sie ihn anflehen wollte, die Hände vor der Brust faltete; zugleich aber erinnere ich mich auch an das Entzücken, das sich in ihrem Blicke aussprach, ein sinnloses Entzücken, das beinah ihre Gesichtszüge entstellte, ein Entzücken, wie es Menschen nur schwer ertragen können. Es war bei ihr wohl beides vorhanden, Schreck und Entzücken; aber ich erinnere mich, daß ich schnell zu ihr herantrat (ich stand nicht weit von ihr), da es mir schien, daß sie im nächsten Augenblick in Ohnmacht fallen werde.
    »Sie können hier nicht bleiben,« sagte Nikolai Wsewolodowitsch zu ihr mit freundlicher, wohlklingender Stimme, und in seinen Augen leuchtete eine große Zärtlichkeit auf.
    Er stand in der respektvollsten Haltung vor ihr, und in jeder seiner Bewegungen kam die aufrichtigste Hochachtung zum Ausdruck. Das arme Mädchen stammelte hastig, halb flüsternd und nur mühsam atmend:
    »Aber darf ich ... jetzt gleich ... vor Ihnen niederknien?«
    »Nein, das geht nicht,« antwortete er mit einem prächtigen Lächeln, so daß auch sie auf einmal freudig lächelte.
    Dann fügte er mit derselben wohlklingenden Stimme, indem er ihr wie einem Kinde zärtlich zuredete, ernst hinzu:
    »Bedenken Sie, daß Sie ein Mädchen sind, und daß ich zwar Ihr treuester Freund, aber doch kein Angehöriger von Ihnen bin, weder Ihr Mann, noch Ihr Vater, noch Ihr Bräutigam. Nehmen Sie meinen Arm, und kommen Sie; ich werde Sie zum Wagen führen und Sie, wenn Sie erlauben, selbst nach Ihrer Wohnung begleiten.«
    Sie hatte zugehört und ließ nun, wie nachdenkend, den Kopf sinken.
    »Wir wollen gehen,« sagte sie seufzend und nahm seinen Arm.
    Aber nun begegnete ihr ein kleines Unglück. Wahrscheinlich hatte sie eine unvorsichtige Wendung gemacht und war dabei auf ihr krankes, zu kurzes Bein getreten; kurz, sie fiel mit der ganzen Seite auf den Lehnstuhl und wäre, wenn dieser nicht dagestanden hätte, auf den Fußboden gefallen. Im selben Augenblick ergriff Nikolai Wsewolodowitsch sie, richtete sie auf, faßte sie kräftig unter den Arm und führte sie teilnahmsvoll und behutsam zur Tür. Sie war offenbar betrübt über ihren Fall, wurde verlegen, errötete und schämte sich schrecklich. Schweigend, zur Erde blickend und stark hinkend wankte sie neben ihm her; sie hing beinah an seinem Arme. So verließen sie das Zimmer. Lisa sprang, wie ich sah, während die beiden hinausgingen, aus irgendwelchem Grunde von ihrem Sessel auf und verfolgte sie mit einem starren Blicke bis zur Tür. Dann setzte sie sich schweigend wieder hin; aber über ihr Gesicht lief ein krampfhaftes Zucken hin, als ob sie ein Reptil berührt hätte.
    Während diese ganze Szene zwischen Nikolai Wsewolodowitsch und Marja Timofejewna vorging, hatten alle erstaunt geschwiegen; man hätte eine Fliege hören können; aber kaum waren die beiden hinausgegangen, als plötzlich alle zu reden anfingen.
     
VI.
     
    Geredet wurde übrigens nur wenig; größtenteils wurde geschrien. Ich habe jetzt nicht mehr genau im Kopfe, in welcher Reihenfolge dies alles damals vorging; denn es herrschte ein gewaltiger Wirrwarr. Stepan Trofimowitsch rief etwas auf französisch und schlug vor Erstaunen die Hände zusammen; aber Warwara Petrowna hatte keine Lust, sich mit ihm abzugeben. Sogar Mawriki Nikolajewitsch brummte ein paar abgebrochene Bemerkungen schnell vor sich hin. Aber den größten Eifer von allen entwickelte Peter Stepanowitsch; er gab sich unter vielen Gestikulationen die denkbar größte Mühe, Warwara Petrowna von etwas zu überzeugen; aber ich konnte lange Zeit nichts davon verstehen. Auch an Praskowja Iwanowna wandte er sich und an Lisaweta Nikolajewna; er schrie in seinem Eifer sogar seinem Vater etwas zu; kurz, er bewegte sich geschäftig im ganzen Zimmer umher. Warwara Petrowna, die

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