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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Mawriki Nikolajewitsch, der sich zu ihr herabbeugte. Ihr Gesicht war erregt, drückte aber gleichzeitig eine große Entschlossenheit aus. Endlich stand sie von ihrem Platze auf; sie hatte es offenbar eilig, fortzufahren, und trieb auch ihre Mama zur Eile an, welcher Mawriki Nikolajewitsch beim Aufstehen aus dem Lehnstuhl behilflich war. Aber es war ihnen nicht beschieden, wegzufahren, ehe sie nicht alles bis zu Ende gesehen hatten.
    Schatow, der, von allen vollständig vergessen, in seiner Ecke nicht weit von Lisaweta Nikolajewna saß und anscheinend selbst nicht wußte, warum er dasaß und nicht lieber fortging, stand plötzlich vom Stuhle auf, ging, ohne Eile, aber mit festem Schritte, durch das ganze Zimmer, zu Nikolai Wsewolodowitsch hin und sah ihm gerade ins Gesicht. Dieser hatte schon von weitem seine Annäherung wahrgenommen und ganz leise gelächelt; aber als Schatow dicht vor ihn hintrat, hörte er mit dem Lächeln auf.
    Als Schatow schweigend vor ihm stehen blieb, ohne ein Auge von ihm abzuwenden, bemerkten dies plötzlich alle Anwesenden und verstummten, zuletzt von allen Peter Stepanowitsch; Lisa und ihre Mama blieben mitten im Zimmer stehen. So vergingen etwa fünf Sekunden; der Ausdruck dreister Verwunderung auf Nikolai Wsewolodowitschs Gesichte ging in den Ausdruck des Zornes über; er zog die Augenbrauen finster zusammen, und plötzlich ...
    Und plötzlich holte Schatow mit seinem langen, schweren Arme aus und schlug ihn aus aller Kraft auf die Backe. Nikolai Wsewolodowitsch taumelte stark auf der Stelle, wo er stand.
    Schatow hatte aber auch auf eine besondere Weise geschlagen, ganz und gar nicht so, wie man nach herkömmlichem Brauche Ohrfeigen zu geben pflegt, wenn man sich so ausdrücken kann, nicht mit der flachen Hand, sondern mit der ganzen Faust, und seine Faust war groß, schwer, knochig, mit rötlichem Flaum bewachsen und mit Sommersprossen bedeckt. Wäre der Schlag auf die Nase gegangen, so hätte er die Nase zerschmettert. Aber er ging auf die Backe und traf den linken Mundwinkel und die Oberzähne, von wo denn auch sofort Blut floß.
    Ich glaube, es erscholl ein momentaner Aufschrei; vielleicht hatte ihn Warwara Petrowna ausgestoßen; ich erinnere mich nicht daran, weil alle sogleich wieder starr standen. Übrigens dauerte die ganze Szene nicht länger als ungefähr zehn Sekunden.
    Nichtsdestoweniger ereignete sich in diesen zehn Sekunden außerordentlich viel.
    Ich erinnere den Leser wieder daran, daß Nikolai Wsewolodowitsch zu denjenigen Naturen gehörte, die keine Furcht kennen. Beim Duell konnte er vor der Pistole des Gegners kaltblütig dastehen, selbst zielen und mit einer tierisch zu nennenden Ruhe töten. Hätte ihn jemand auf die Backe geschlagen, so würde er, wie ich glaube, den Beleidiger nicht zum Duell gefordert, sondern gleich auf dem Fleck getötet haben; gerade das lag in seinem Wesen, und er würde ihn mit vollem Bewußtsein und keineswegs in sinnloser Erregung getötet haben. Es scheint mir sogar, daß er auch jene Zornesausbrüche nicht kannte, die den Menschen blind machen und der Überlegung berauben. Bei dem grenzenlosen Ingrimm, der sich seiner manchmal bemächtigte, vermochte er doch immer vollständige Selbstbeherrschung zu bewahren und somit auch es sich gegenwärtig zu erhalten, daß er für einen nicht im Duell begangenen Totschlag unfehlbar zur Zwangsarbeit nach Sibirien verschickt werden würde; aber trotzdem hätte er den Beleidiger totgeschlagen, und zwar ohne im geringsten zu zaudern.
    Ich habe Nikolai Wsewolodowitsch in der ganzen letzten Zeit genau studiert und weiß infolge besonderer Umstände jetzt, wo ich dies schreibe, sehr viele Tatsachen über ihn. Ich möchte ihn mit einigen Herren aus dem vergangenen Zeitalter vergleichen, an welche sich bei uns noch jetzt gewisse legendenhafte Erinnerungen erhalten haben. Man erzählte zum Beispiel von dem Dekabristen 1 L***n, er habe sein ganzes Leben lang die Gefahr absichtlich aufgesucht, sich an dem Gefühl der Gefahr berauscht und dieses Gefühl zu einem Bedürfnis seiner Natur gemacht; in seiner Jugend habe er sich oft ohne jeden Grund duelliert; in Sibirien sei er, nur mit einem Messer bewaffnet, auf den Bären losgegangen; er sei in den sibirischen Wäldern gern mit entlaufenen Sträflingen zusammengetroffen, die, nebenbei bemerkt, noch furchtbarer sind als der Bär. Unzweifelhaft waren diese legendenhaften Herren fähig, das Gefühl der Furcht zu empfinden, vielleicht sogar in hohem Grade; sonst

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