Die Dämonen
Beleidigung! Er will das Duell unmöglich machen!«
»Ich habe das Recht zu schießen, wie ich will, vorausgesetzt, daß es nicht gegen die Regeln verstößt,« erklärte Nikolai Wsewolodowitsch in festem Tone.
»Nein, ein solches Recht hat er nicht! Machen Sie ihm das klar, machen Sie ihm das klar!« schrie Gaganow.
»Ich schließe mich der Meinung Nikolai Wsewolodowitschs völlig an,« erklärte Kirillow.
»Warum schont er mich?« schrie Gaganow wütend, ohne darauf zu hören. »Ich verachte seine Schonung ... Ich spucke darauf ... Ich ...«
»Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich durchaus nicht beabsichtigt habe, Sie zu beleidigen,« sagte Nikolai Wsewolodowitsch ungeduldig. »Ich habe nach oben geschossen, weil ich niemand mehr töten will, weder Sie noch sonst jemand; etwas Sie persönlich Betreffendes liegt darin nicht. Allerdings halte ich mich nicht für beleidigt, und es tut mir leid, daß Sie dies so aufbringt. Aber ich erlaube niemand, mich in meinem Rechte zu stören.«
»Wenn er so blutscheu ist, so fragen Sie ihn doch, warum er mich gefordert hat!« brüllte Gaganow, sich immer an Mawriki Nikolajewitsch wendend.
»Wie konnte er es denn vermeiden, Sie zu fordern?« mischte sich Kirillow ein. »Sie wollten ja auf nichts hören; wie sollte er da von Ihnen loskommen?«
»Ich möchte nur eins bemerken,« sagte Mawriki Nikolajewitsch, der mit Anstrengung und seelischer Qual die Sache erwogen hatte: »wenn der Gegner im voraus erklärt, daß er nach oben schießen werde, so kann der Zweikampf tatsächlich nicht fortgesetzt werden ... aus Gründen des Ehrgefühls, die wohl klar sind.«
»Ich habe keineswegs erklärt, daß ich jedesmal nach oben schießen werde!« rief Stawrogin, der jetzt alle Geduld verlor. »Sie wissen gar nicht, was ich im Sinne habe, und wie ich das nächste Mal schießen werde ... ich hindere eine Fortsetzung des Duells nicht.«
»Wenn es so ist, kann der Kampf fortgesetzt werden,« wandte sich Mawriki Nikolajewitsch an Gaganow.
»Meine Herren, nehmen Sie Ihre Plätze ein!« kommandierte Kirillow.
Sie gingen wieder aufeinander los; wieder ein Fehlschuß von seiten Gaganows und wieder ein Schuß nach oben von seiten Stawrogins. Über diese Schüsse nach oben hätte sich streiten lassen: Nikolai Wsewolodowitsch hätte, wenn er sich nicht selbst zu absichtlichem Fehlschießen bekannt hätte, dreist behaupten können, er habe ordnungsmäßig geschossen. Er richtete die Pistole nicht geradezu nach dem Himmel oder nach einem Baume, sondern zielte anscheinend auf den Gegner, wiewohl er etwa eine Elle weit über dessen Hut hielt. Bei diesem zweitenmal nahm er sein Ziel sogar noch etwas niedriger, so daß eine Absicht zu treffen noch etwas glaublicher erschien; aber Gaganow ließ sich nicht mehr überzeugen.
»Wieder!« rief er zähneknirschend. »Ganz egal! Ich bin gefordert und werde von meinem Rechte Gebrauch machen. Ich will zum drittenmal schießen ... mag werden, was da will!«
»Dazu sind Sie vollkommen berechtigt,« unterbrach ihn Kirillow kurz.
Mawriki Nikolajewitsch sagte nichts. Die Gegner wurden zum dritten Male aufgestellt, das Kommando gegeben; diesmal ging Gaganow bis dicht an die Barriere heran und begann von der Barriere aus auf zwölf Schritte Entfernung zu zielen. Die Hände zitterten ihm zu sehr für einen richtigen Schuß. Stawrogin stand mit gesenkter Pistole da und erwartete, ohne sich zu bewegen, den Schuß des andern.
»Er zielt zu lange, er zielt zu lange!« rief Kirillow heftig. »Schießen Sie, schießen Sie!«
Aber der Schuß ertönte, und diesmal flog Nikolai Wsewolodowitschs weißer Kastorhut ihm vom Kopfe. Der Schuß hatte ziemlich gut getroffen; der Kopf des Hutes war an recht tiefer Stelle durchschlagen; noch einen halben Zoll tiefer, und alles wäre beendet gewesen. Kirillow hob den Hut auf und reichte ihn seinem Besitzer hin.
»Schießen Sie! Halten Sie den Gegner nicht hin!« rief Mawriki Nikolajewitsch in großer Erregung, da er sah, daß Stawrogin, wie wenn er den ihm zustehenden Schuß vergessen hätte, mit Kirillow den Hut besah.
Stawrogin fuhr zusammen, blickte nach Gaganow hin, wendete sich ab und schoß, diesmal ohne zarte Rücksicht, seitwärts in den Wald. Das Duell war beendet. Gaganow stand in tiefer Niedergeschlagenheit da. Mawriki Nikolajewitsch trat zu ihm und begann, etwas zu reden; aber dieser schien ihn gar nicht zu verstehen. Kirillow nahm beim Weggehen den Hut ab und nickte dem gegnerischen Sekundanten zu; aber Stawrogin hatte
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