Die Dämonen
mit Mawriki Nikolajewitsch. Ich muß gestehen, daß ich selbst nichts gesehen habe; dagegen versicherten alle andern, es gesehen zu haben, obgleich alle es in dem Getümmel bestimmt nicht hatten sehen können, sondern höchstens einige. Aber ich glaubte diese Geschichte damals nicht. Ich erinnere mich jedoch, daß Nikolai Wsewolodowitsch auf dem ganzen Rückwege etwas blaß aussah.
III.
An demselben Tage und fast zu derselben Stunde kam nun auch endlich die Wiederbegegnung zwischen Stepan Trofimowitsch und Warwara Petrowna zustande, die diese schon längst beabsichtigt, schon längst ihrem früheren Freunde angekündigt, aber seither aus irgendwelchem Grunde immer wieder verschoben hatte. Sie fand in Skworeschniki statt. Warwara Petrowna war in sorgenvoller Erregung nach ihrem nahe bei der Stadt gelegenen Gute gekommen; denn tags zuvor war endgültig bestimmt worden, daß das bevorstehende Fest bei der Frau Adelsmarschall veranstaltet werden sollte. Aber Warwara Petrowna hatte sich mit der ihr eigenen Schnelligkeit des Denkens sofort gesagt, daß niemand sie hindern könne, nach dem Feste selbst ein besonderes Fest, und zwar dann in Skworeschniki, zu geben und von neuem die ganze Stadt dazu einzuladen. Dann würden alle sich mit eigenen Augen davon überzeugen können, wessen Haus das beste sei, und wo man es am besten verstehe, Gäste zu empfangen und mit Geschmack einen Ball zu geben. Sie schien eine ganz andere geworden zu sein und sich aus der früheren unnahbaren »höchstklassigen Dame« (ein Ausdruck Stepan Trofimowitschs) in eine ganz gewöhnliche, unvernünftige Weltdame verwandelt zu haben. Übrigens schien das möglicherweise auch nur so.
Nachdem sie in dem unbewohnten Hause angekommen war, ging sie in Begleitung des treuen, altmodischen Alexei Jegorowitsch und Fomuschkas, eines Menschen, der sich in der Welt umgesehen hatte und im Dekorationsfache Spezialist war, durch alle Zimmer. Nun begannen die Überlegungen und Beratungen: was an Möbeln aus dem Stadthause herüberzuholen sei; welche Kunstgegenstände und Gemälde; wo sie zu placieren seien; wie sich die Orangerie und die Blumen am passendsten arrangieren ließen; wo man neue Draperien anbringen müsse, wo das Büfett eingerichtet werden solle, und ob eines oder zwei, und so weiter, und so weiter. Und siehe da, mitten in diesem Trubel von Sorgen kam ihr plötzlich der Einfall, einen Wagen zu Stepan Trofimowitsch zu schicken, um ihn abholen zu lassen.
Dieser war schon längst benachrichtigt und bereit und erwartete täglich gerade eine solche plötzliche Aufforderung. Als er in den Wagen stieg, bekreuzte er sich: die Entscheidung seines Schicksals stand bevor. Er traf seine Freundin in dem großen Saale, auf einem kleinen, in einer Nische stehenden Sofa, an einem kleinen Marmortischchen, mit Bleistift und Papier in den Händen; Fomuschka maß mit einem Zollstock die Höhe der Galerien und der Fenster, und Warwara Petrowna notierte selbst die Zahlen und machte Randbemerkungen dazu. Ohne sich in ihrer Arbeit zu unterbrechen, nickte sie Stepan Trofimowitsch zu, und als dieser eine Begrüßung murmelte, gab sie ihm schnell die Hand und wies ihm, ohne ihn anzusehen, einen Platz neben sich an.
»Ich saß und wartete wohl fünf Minuten lang, mein Herz zur Ruhe zwingend,« erzählte er mir nachher. »Ich sah nicht die Frau vor mir, die ich zwanzig Jahre lang gekannt hatte. Die feste Überzeugung, daß alles zu Ende sei, verlieh mir eine Kraft, von der selbst sie überrascht war. Ich versichere Sie, sie war erstaunt über meinen Stoizismus in dieser letzten Stunde.«
Warwara Petrowna legte auf einmal den Bleistift auf das Tischchen und wandte sich schnell zu Stepan Trofimowitsch.
»Stepan Trofimowitsch, wir müssen ein sachliches Gespräch führen. Ich bin überzeugt, daß Sie nach Ihrer Art allerlei hochtrabende Worte und Redensarten sich zurechtgelegt haben; aber es wäre doch wohl das Beste, gleich zur Sache zu kommen, nicht wahr?«
Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Sie beeilte sich so, den Ton für das bevorstehende Gespräch anzugeben; was konnte nun noch Gutes kommen?
»Warten Sie, schweigen Sie, lassen Sie mich reden; nachher können Sie selbst reden, wiewohl ich wirklich nicht weiß, was Sie mir antworten könnten,« fuhr sie in schnellem Tempo fort. »Ich halte es für meine heilige Pflicht, Ihnen Ihre Pension von zwölfhundert Rubeln bis an Ihr Lebensende zu zahlen. Aber warum heilige Pflicht? Nennen wir es ganz einfach eine
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