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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Stepanowitsch wandte sich schnell um. Aus dem Dunkeln war eine neue Gestalt auf die Schwelle getreten, – Fedka, im Halbpelz, aber ohne Mütze, wie wenn er da wohnte. Er stand da und lachte, indem er seine gleichmäßigen, weißen Zähne fletschte. Seine schwarzen, gelblich schimmernden Augen huschten vorsichtig im Zimmer umher und beobachteten die Herren. Er verstand irgend etwas nicht; offenbar hatte ihn Kirillow soeben hergeholt, und an diesen wandte sich sein fragender Blick; er stand auf der Schwelle, wollte aber das Zimmer nicht betreten.
    »Sie haben ihn wahrscheinlich hier in Bereitschaft gehalten, damit er unseren Handel mit anhören oder wohl gar gleich Geld auf die Hand bekommen könne; nicht wahr?« fragte Stawrogin und verließ, ohne eine Antwort abzuwarten, das Haus.
    Der fast wahnsinnige Werchowenski holte ihn am Tore ein.
    »Halt! Keinen Schritt weiter!« schrie er und faßte ihn am Ellbogen.
    Stawrogin suchte seinen Arm loszureißen; aber es gelang ihm nicht. Da ergriff ihn die Wut: er packte Werchowenski mit der linken Hand bei den Haaren, warf ihn aus aller Kraft auf die Erde und ging aus dem Tore hinaus. Aber er war noch nicht dreißig Schritte gegangen, als jener ihn wieder einholte.
    »Schließen wir Frieden, schließen wir Frieden!« flüsterte er ihm krampfhaft zu.
    Nikolai Wsewolodowitsch zuckte mit den Achseln, blieb aber nicht stehen und wendete sich auch nicht um.
    »Hören Sie, ich werde Ihnen gleich morgen Lisaweta Nikolajewna zuführen; wollen Sie? Nein? Warum antworten Sie denn nicht? Sagen Sie, was Sie verlangen; ich werde es tun. Hören Sie: ich werde Ihnen Schatow freigeben; wollen Sie?«
    »Also hatten Sie wirklich vor, ihn zu töten?« rief Nikolai Wsewolodowitsch.
    »Nun, was wollen Sie mit Schatow? Was wollen Sie mit ihm?« redete der Unsinnige hastig und atemlos weiter; er lief alle Augenblicke ein Stückchen vorwärts und faßte Stawrogin am Ellbogen, wahrscheinlich, ohne sich dessen bewußt zu sein. »Hören Sie: ich will ihn Ihnen freigeben; lassen Sie uns Frieden schließen! Ihr Schuldkonto ist groß; aber ... lassen Sie uns Frieden schließen!«
    Stawrogin sah ihn endlich an und war überrascht. Das war ein ganz anderer Blick und eine ganz andere Stimme wie sonst immer und wie noch soeben dort im Zimmer; er sah fast ein anderes Gesicht. Der Ton der Stimme war verändert: Werchowenski bat und flehte. Das war ein Mensch, dem man seinen kostbarsten Schatz wegnimmt oder bereits weggenommen hat, und der noch nicht hat zur Besinnung kommen können.
    »Was ist Ihnen denn?« rief Stawrogin.
    Der andere antwortete nicht, sondern lief hinter ihm her und sah ihn mit dem früheren flehenden, zugleich aber hartnäckigen Blicke an.
    »Lassen Sie uns Frieden schließen!« flüsterte er noch einmal. »Hören Sie, ich habe ebenso wie Fedka ein Messer im Stiefel bereit; aber mit Ihnen möchte ich Frieden schließen.«
    »Aber zum Teufel, wozu haben Sie mich denn nötig?« rief Stawrogin in höchstem Erstaunen und in hellem Zorn. »Da steckt wohl ein Geheimnis dahinter, wie? Was bin ich denn für Sie für ein Talisman geworden?«
    »Hören Sie, wir werden einen Aufstand erregen,« murmelte jener schnell und wie im Fieber. »Sie glauben nicht, daß wir einen Aufstand erregen werden? Wir werden einen solchen Aufstand erregen, daß alles aus den Fugen geht. Karmasinow hat ganz recht, daß nichts da ist, woran sich jemand halten könnte. Karmasinow ist sehr klug. Nur zehn ebensolche Gruppen in Rußland, und ich bin nicht zu fassen.«
    »Gruppen von ebensolchen Dummköpfen, wie diese hier,« entfuhr es Stawrogin unwillkürlich.
    »Oh, seien Sie selbst etwas dümmer, Stawrogin; seien Sie selbst etwas dümmer! Wissen Sie, Sie sind ja auch gar nicht so klug, daß man Ihnen das erst noch zu wünschen brauchte; Sie fürchten sich nur, Sie glauben nicht, Sie lassen sich durch die Dimensionen schrecken. Und warum sollen sie Dummköpfe sein? Sie sind gar keine so besonderen Dummköpfe; heutzutage hat kein Mensch seinen eigenen Verstand. Heutzutage gibt es sehr wenige selbständig denkende Köpfe. Wirginski ist ein sehr reiner Mensch, reiner als solche wie wir, zehnmal so rein; na, mag er es sein! Liputin ist ein Schurke; aber ich kenne seine schwache Seite. Es gibt keinen Schurken, der nicht seine schwache Seite hätte. Nur Ljamschin ist ohne jede schwache Seite; aber dafür ist er in meiner Hand. Noch einige solche Gruppen, und ich habe überall Pässe und Geld zur Verfügung. Und sichere Verstecke; da

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