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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Luftballon, die einander begegnen, um die Wahrheit zu sagen.« (Er verwirrte sich allerdings und fand nicht die richtigen Ausdrücke für seine an sich richtigen Gedanken.) »Sie sind es gewesen, gnädige Frau, Sie sind es gewesen, die mich aus meinem früheren Zustande herausgerissen hat; nur um Ihretwillen, nur um Ihres Ehrgeizes willen habe ich dieses Amt angenommen ... Sie lächeln spöttisch? Triumphieren Sie nicht, triumphieren Sie nicht zu früh! Wissen Sie, gnädige Frau, wissen Sie, daß ich imstande wäre und verstehen würde mit diesem Amte fertig zu werden, und nicht nur mit diesem einen Amte, sondern mit einem Dutzend solcher Ämter; denn ich besitze Fähigkeiten; aber an Ihrer Seite kann ich nicht damit fertig werden; denn an Ihrer Seite habe ich keine Fähigkeiten. Zwei Mittelpunkte können nicht existieren; Sie aber haben zwei Mittelpunkte eingerichtet, den einen bei mir und den andern bei sich in Ihrem Boudoir, zwei Mittelpunkte der Amtsgewalt, gnädige Frau; aber ich werde das nicht dulden, ich werde das nicht dulden!! Im Dienste wie in der Ehe kann es nur einen Mittelpunkt geben, und zwei sind unmöglich ... Wie haben Sie mir gelohnt?« rief er weiter. »Unsere Ehe hat nur darin bestanden, daß Sie mir die ganze Zeit über allstündlich bewiesen haben, daß ich ein wertloser, ein dummer, ja ein gemeiner Mensch bin, und ich bin die ganze Zeit über allstündlich in unwürdiger Weise genötigt gewesen, Ihnen zu beweisen, daß ich nicht wertlos, ganz und gar nicht dumm bin und alle Menschen durch meine hochherzige Gesinnung in Erstaunen versetze; nun, ist das nicht von beiden Seiten ein unwürdiges Verhalten?« Hier begann er schnell und zu wiederholten Malen mit den Füßen auf den Teppich zu stampfen, so daß Julija Michailowna sich genötigt sah, sich mit einer Miene mürrischer Würde halb aufzurichten. Er wurde schnell still, ging aber nun zur Sentimentalität über und fing an zu schluchzen (ja, zu schluchzen), indem er sich fast ganze fünf Minuten lang gegen die Brust schlug und infolge des hartnäckigen Stillschweigens, das Julija Michailowna beobachtete, immer mehr außer sich geriet. Schließlich schoß er einen entschiedenen Bock, indem er gestand, daß er ihretwegen auf Peter Stepanowitsch eifersüchtig sei. Sowie er aber dann merkte, daß er eine maßlose Dummheit begangen hatte, geriet er in einen wütenden Zorn und schrie, er werde »keine Gottesleugnung dulden«; er werde ihren »unverzeihlichen, gottlosen Salon« wegjagen; ein hoher Verwaltungsbeamter sei sogar verpflichtet an Gott zu glauben, »und folglich auch seine Frau«; er werde die jungen Leute nicht mehr dulden; »Sie, gnädige Frau, Sie müßten um Ihrer eigenen Würde willen für die Stellung Ihres Mannes Sorge tragen und seinen Verstand verteidigen, selbst wenn er nur geringe Fähigkeiten besäße (und ich habe keineswegs geringe Fähigkeiten!); statt dessen sind gerade Sie schuld daran, daß alle mich hier geringschätzen; Sie sind diejenige, die sie alle dazu gebracht hat! ...« Er schrie, er werde die Frauenfrage ausrotten, sie wie einen schlechten Geruch wegräuchern; er werde das abgeschmackte Subskriptionsfest zum Besten der Gouvernanten (hol sie der Teufel!) gleich morgen verbieten und diejenigen, die sich etwa dennoch dazu einfänden, auseinandertreiben lassen; die erste Gouvernante, die ihm begegne, werde er gleich morgen früh »durch einen Kosaken« aus dem Gouvernement hinaustransportieren lassen. »Mit voller Absicht, mit voller Absicht!« kreischte er. »Wissen Sie wohl, wissen Sie wohl,« schrie er, »daß Ihre Taugenichtse in der Fabrik die Leute aufwiegeln, und daß mir das bekannt ist? Wissen Sie wohl, daß sie absichtlich Proklamationen verbreiten, ab-sicht-lich? Wissen Sie wohl, daß mir die Namen von vier Taugenichtsen bekannt sind, und daß ich den Verstand verliere, endgültig, endgültig den Verstand verliere?« Aber hier unterbrach Julija Michailowna plötzlich ihr Stillschweigen und erklärte in ernstem Tone, daß sie selbst schon längst von den verbrecherischen Plänen Kenntnis habe, und daß das lauter dummes Zeug sei, und daß er es zu ernst aufgefaßt habe, und daß, was die Taugenichtse anlange, sie nicht nur jene vier kenne, sondern alle (sie log), daß sie aber ganz und gar nicht beabsichtige, deswegen den Verstand zu verlieren, sondern im Gegenteil noch mehr auf ihren Verstand vertraue und alles zu einem harmonischen Ende zu bringen hoffe; sie werde die jungen Leute ermutigen, ihnen

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