Die Dämonen
Peter Stepanowitsch, Liputin und dann auch Erkel brachten Laternen mit. Man weiß nicht, wozu und wann vor undenklicher Zeit hier aus rohen, unbehauenen Steinen eine ziemlich lächerlich aussehende Grotte erbaut worden ist. Der Tisch und die Bänke im Innern der Grotte waren schon längst verfault und auseinandergefallen. Etwa zweihundert Schritte rechts davon endete der dritte Parkteich. Diese drei Teiche, die dicht beim Hause begannen, zogen sich, einer nach dem andern, über eine Werst weit hin, bis ganz zum Ende des Parkes. Es war schwer anzunehmen, daß irgendwelcher Lärm, ein Schrei oder selbst ein Schuß zu den Bewohnern des fast verlassenen Stawroginschen Hauses hätte dringen können. Nachdem am vorhergehenden Tage Nikolai Wsewolodowitsch abgereist war und auch Alexei Jegorowitsch sich entfernt hatte, waren im ganzen Hause nicht mehr als fünf oder sechs Bewohner zurückgeblieben, die sämtlich sozusagen etwas Invalides hatten. Jedenfalls konnte man mit größter Wahrscheinlichkeit annehmen, daß, wenn auch einer von diesen einsamen Bewohnern ein Geschrei oder einen Hilferuf hören sollte, dies doch nur Furcht erregen, keiner von ihnen aber sich zum Zwecke der Hilfeleistung vom warmen Ofen und der warmen Ofenbank wegrühren werde.
Zwanzig Minuten nach sechs hatten sich bereits alle an dem Versammlungsplatze eingefunden, mit Ausnahme des zu Schatow abkommandierten Erkel. Peter Stepanowitsch verspätete sich diesmal nicht; er kam mit Tolkatschenko. Tolkatschenko machte ein finsteres, sorgenvolles Gesicht; seine ganze erkünstelte, frech prahlerische Entschlossenheit war verschwunden. Er wich fast nicht von Peter Stepanowitschs Seite, bekundete auf einmal eine grenzenlose Ergebenheit gegen diesen und flüsterte ihm häufig und eifrig etwas zu; der aber antwortete ihm fast gar nicht oder murmelte ärgerlich etwas, um von ihm loszukommen.
Schigalew und Wirginski waren sogar etwas früher erschienen als Peter Stepanowitsch und gingen bei dessen Erscheinen sogleich in tiefem und offenbar absichtlichem Schweigen ein wenig beiseite. Peter Stepanowitsch hob die Laterne in die Höhe und musterte sie mit ungenierter, beleidigender Aufmerksamkeit. »Die wollen etwas sagen,« ging es ihm schnell durch den Kopf.
»Ist Ljamschin nicht da?« fragte er Wirginski. »Wer sagte doch, daß er krank sei?«
»Ich bin hier,« antwortete Ljamschin, der plötzlich hinter einem Baume hervortrat.
Er trug einen warmen Überzieher und hatte sich fest in ein Plaid gewickelt, so daß es selbst mit einer Laterne schwer war, sein Gesicht zu erkennen.
»Also fehlt nur Liputin.«
Liputin trat schweigend aus der Grotte heraus. Peter Stepanowitsch hob wieder die Laterne in die Höhe.
»Warum haben Sie sich da versteckt? Weshalb sind Sie nicht herausgekommen?«
»Ich nehme an, daß wir alle das Recht haben, uns nach Gutdünken zu bewegen,« murmelte Liputin, übrigens wahrscheinlich ohne selbst recht zu wissen, was er sagen wollte.
»Meine Herren,« begann Peter Stepanowitsch mit erhobener Stimme und unterbrach so zum ersten Male das bisherige halbe Geflüster, was einen starken Eindruck machte. »Ich glaube, Sie wissen recht wohl, daß wir jetzt keinen Anlaß haben, noch zu schwatzen. Alles ist gestern klar und deutlich gesagt und wiederholt worden. Aber vielleicht wünscht jemand, wie ich an den Gesichtern sehe, eine Erklärung abzugeben; in diesem Falle bitte ich, es schnell zu tun. Hol's der Teufel, wir haben wenig Zeit; Erkel kann ihn jeden Augenblick bringen ...«
»Er wird ihn jedenfalls bringen,« fügte Tolkatschenko hinzu.
»Wenn ich nicht irre, wird zuerst die Übergabe der Druckerei stattfinden?« erkundigte sich Liputin; auch jetzt schien er selbst nicht zu wissen, warum er die Frage stellte.
»Nun, selbstverständlich dürfen die Sachen nicht verloren gehen,« versetzte Peter Stepanowitsch und hob die Laterne zu seinem Gesichte in die Höhe. »Aber wir sind ja gestern alle übereingekommen, daß die faktische Übergabe nicht nötig ist. Mag er Ihnen nur den Fleck zeigen, wo er sie vergraben hat; ausgraben können wir sie dann selbst. Ich weiß, daß es hier irgendwo zehn Schritte von einer Ecke dieser Grotte entfernt ist ... Aber hol's der Teufel, wie haben Sie das nur vergessen können, Liputin? Es war doch verabredet, daß Sie ihm allein entgegengehen und wir erst nachher herauskommen sollten! ... Sonderbar, daß Sie erst noch solche Fragen stellen; oder tun Sie es nur so zwecklos?«
Liputin schwieg mit finsterer
Weitere Kostenlose Bücher