Die Dämonen
Kirillow heranlief, sondern nur die alte Frau rief. Marja geriet in Verzweiflung und Entrüstung darüber, daß er »auch nur daran denken konnte, sie allein zu lassen«.
»Aber«, rief er ganz glückselig, »das ist auch der letzte Schritt, den ich auf der alten Bahn tue! Und dann liegt ein neuer Weg vor uns, und niemals, niemals werden wir an die alte schreckliche Zeit zurückdenken!«
Er beruhigte sie mit Not und Mühe und versprach, pünktlich um neun Uhr zurück zu sein, küßte sie herzlich, küßte das Kind und lief schnell hinunter zu Erkel.
Sie schlugen die Richtung nach dem Stawroginschen Parke in Skworeschniki ein, wo Schatow vor anderthalb Jahren an einem einsamen Platze, ganz am Rande des Parks, da, wo bereits ein Fichtenwald anfing, die ihm anvertraute Druckerei vergraben hatte. Es war ein wilder, abgelegener Ort, ganz unbemerkbar, von dem Gutsgebäude ziemlich weit entfernt. Von dem Filippowschen Hause hatten sie etwa drei und eine halbe Werst zu gehen, vielleicht auch vier.
»Wollen wir denn den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen?« fragte Schatow. »Ich werde eine Droschke nehmen.«
»Ich bitte Sie dringend, das nicht zu tun,« erwiderte Erkel. »Die Unsrigen haben das ausdrücklich verlangt. Ein Droschkenkutscher würde ein Zeuge sein.«
»Na, hol's der Teufel, meinetwegen! Es ist ja ganz gleich, wenn die Sache nur zu Ende kommt, endlich zu Ende kommt!«
Sie gingen sehr schnell.
»Erkel, Sie kleiner Knabe!« rief Schatow. »Sind Sie einmal glücklich gewesen?«
»Sie sind, wie es scheint, jetzt sehr glücklich,« bemerkte Erkel mit lebhaftem Interesse.
Sechstes Kapitel.
Die mühevolle Nacht.
I.
Wirginski hatte im Laufe des Tages ein paar Stunden darauf verwandt, bei den sämtlichen »Unsrigen« herumzulaufen und sie davon zu benachrichtigen, daß Schatow aller Wahrscheinlichkeit nach nicht denunzieren werde, da seine Frau zurückgekehrt sei und ein Kind bekommen habe; »auf Grund der Kenntnis des menschlichen Herzens« sei nicht anzunehmen, daß er in diesem Augenblicke gefährlich sein könne. Aber zu seiner unangenehmen Überraschung traf er außer Erkel und Ljamschin niemand zu Hause. Erkel hörte ihn schweigend an und sah ihm klar in die Augen; auf die direkte Frage, ob er denn nun doch um sechs Uhr hingehen werde, antwortete er mit demselben klaren Lächeln, selbstverständlich werde er hingehen.
Ljamschin lag, anscheinend sehr ernstlich krank, im Bette und hatte sogar den Kopf in die Decke eingehüllt. Vor dem eintretenden Wirginski bekam er einen großen Schreck, und sobald dieser zu reden anfing, machte er mit den Händen unter der Decke hervor abwehrende Bewegungen und bat flehentlich, er möchte ihn in Ruhe lassen. Indes hörte er die Nachrichten über Schatow alle an; aber über die Mitteilung, daß niemand zu Hause sei, war er aus irgendwelchem Grunde außerordentlich betroffen. Es stellte sich auch heraus, daß er über Fedkas Tod bereits unterrichtet war (durch Liputin), und er erzählte selbst seinem Besucher Wirginski eilig in unzusammenhängender Weise von dieser Sache, wodurch er seinerseits letzteren in Unruhe versetzte. Auf Wirginskis direkte Frage aber, ob man unter diesen Umständen hingehen solle oder nicht, begann er auf einmal wieder unter starken Gestikulationen zu beteuern, er könne nichts dafür und wisse von nichts, und zu bitten, man möge ihn in Ruhe lassen.
Niedergeschlagen und in starker Aufregung kehrte Wirginski nach Hause zurück; peinlich war ihm auch, daß er die Angelegenheit vor seiner Familie geheimhalten mußte; er war gewohnt, alles seiner Frau mitzuteilen, und wenn nicht in seinem entzündeten Gehirn in diesem Augenblicke ein neuer Gedanke, ein neuer, versöhnender Plan für die weitere Tätigkeit aufgeblitzt wäre, so hätte er sich vielleicht ebenso wie Ljamschin ins Bett gelegt. Aber der neue Gedanke verlieh ihm wieder Kraft; ja er wartete nun sogar mit Ungeduld auf das Heranrücken der bestimmten Stunde und brach sogar früher, als nötig gewesen wäre, zu dem Rendezvousplatze auf.
Es war dies ein sehr düsterer Ort am Ende des gewaltigen Stawroginschen Parkes. Ich bin später expreß hingegangen, um ihn mir anzusehen; was für einen unheimlichen Eindruck muß er erst an jenem rauhen Herbstabend gemacht haben! Hier begann der alte fiskalische Wald; die riesigen alten Fichten hoben sich als undeutliche dunkle Flecke in der Finsternis ab. Die Finsternis war so groß, daß man einander kaum auf zwei Schritt erkennen konnte; aber
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