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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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niedergeschrieben werden. Endlich wird darin noch erwähnt werden, daß Fedka bei ihm im Filippowschen Hause Unterkunft gehabt hat. Auf diese Weise wird das alles jeden Verdacht von Ihnen völlig fernhalten, da es all diese Schafsköpfe ganz wirr im Kopfe machen wird. Morgen, meine Herren, werden wir uns nicht sehen; ich unternehme für ganz kurze Zeit eine Reise in den Kreis. Aber übermorgen werden Sie von mir Mitteilungen erhalten. Ich würde Ihnen raten, speziell morgen zu Hause zu bleiben. Jetzt wollen wir uns alle paarweis auf verschiedenen Wegen entfernen. Sie, Tolkatschenko, bitte ich, sich Ljamschins anzunehmen und ihn nach Hause zu bringen. Sie können auf ihn einwirken und ihm namentlich auseinandersetzen, wie sehr er in erster Linie sich selbst durch seinen Kleinmut schadet. An Ihrem Verwandten Schigalew, Herr Wirginski, will ich ebensowenig zweifeln wie an Ihnen selbst: er wird nicht denunzieren. Sein Verhalten bleibt sehr bedauerlich; aber er hat doch noch nicht erklärt, daß er aus unserer Gemeinschaft ausscheide, und daher ist es noch zu früh, ihn zu begraben. Nun schnell, meine Herren; wenn unsere Gegner auch Schafsköpfe sind, so kann Vorsicht doch nicht schaden ...«
    Wirginski ging mit Erkel zusammen fort. Bevor Erkel Ljamschin an Tolkatschenko übergab, führte er ihn noch zu Peter Stepanowitsch hin und teilte diesem mit, Ljamschin sei zur Besinnung gekommen, bereue, bitte um Verzeihung und könne sich nicht einmal erinnern, was eigentlich mit ihm vorgegangen sei. Peter Stepanowitsch ging allein und schlug einen Umweg auf der andern Seite der Teiche am Park entlang ein. Dieser Weg war der längste. Zu seiner Verwunderung holte ihn auf halbem Wege Liputin ein.
    »Peter Stepanowitsch, Ljamschin wird denunzieren!«
    »Nicht doch; er wird zur Besinnung kommen und sich sagen, daß er als erster würde nach Sibirien gehen müssen, wenn er denunzierte! Jetzt wird niemand denunzieren. Auch Sie werden es nicht tun.«
    »Und Sie?«
    »Ohne Zweifel werde ich Sie alle beiseite schaffen, sobald Sie Miene machen, Verrat zu begehen, und Sie wissen das. Aber Sie werden keinen Verrat begehen. Sind Sie mir darum zwei Werst nachgelaufen?«
    »Peter Stepanowitsch, Peter Stepanowitsch, wir werden uns vielleicht nie wiedersehen!«
    »Wie kommen Sie auf einen solchen Gedanken?«
    »Sagen Sie mir nur eines!«
    »Nun, was? Übrigens wünsche ich, daß Sie sich davonscheren.«
    »Nur eine einzige Antwort, aber eine wahre: sind wir das einzige Fünferkomitee auf der Welt, oder ist es richtig, daß noch mehrere hundert Fünferkomitees existieren? Ich frage vom höchsten Gesichtspunkte aus, Peter Stepanowitsch.«
    »Das sehe ich an Ihrer hochgradigen Aufregung. Aber wissen Sie auch wohl, Liputin, daß Sie gefährlicher sind als Ljamschin?«
    »Ich weiß, ich weiß; aber – die Antwort, Ihre Antwort!«
    »Sie sind ein dummer Mensch! Gerade jetzt, möchte ich meinen, kann Ihnen das ganz gleichgültig sein, ob es ein Fünferkomitee gibt oder tausend.«
    »Also nur eines! Das hatte ich doch gewußt!« rief Liputin. »Ich habe es diese ganze Zeit her gewußt, daß es nur eines gibt, bis auf diesen Augenblick ...«
    Und ohne eine andere Antwort abzuwarten, drehte er sich um und verschwand schnell in der Dunkelheit.
    Peter Stepanowitsch dachte ein wenig nach.
    »Nein, es wird keiner denunzieren,« sagte er in entschiedenem Tone vor sich hin. »Aber die Gruppe muß zusammenbleiben und gehorchen, oder ich will sie ... Ach, ist das aber eine jämmerliche Gesellschaft!«
     
II.
     
    Er ging zuerst nach seiner Wohnung und packte sorgsam und ohne Hast seinen Koffer. Um sechs Uhr morgens ging ein Sonderzug. Dieser frühe Sonderzug ging nur einmal in der Woche und war erst kürzlich eingerichtet worden, zunächst nur probeweise. Obgleich Peter Stepanowitsch den »Unsrigen« angekündigt hatte, daß er auf kurze Zeit eine Reise innerhalb des Kreises machen wolle, so waren doch, wie sich in der Folge herausstellte, seine Absichten ganz andere. Als er mit dem Koffer fertig war, erledigte er seine Abrechnung mit der Wirtin, die er schon vorher benachrichtigt hatte, und fuhr mit einer Droschke zu Erkel, der nahe beim Bahnhofe wohnte. Und dann erst, kurz vor ein Uhr nachts, begab er sich zu Kirillow, zu dem er sich wieder auf Fedkas geheimem Wege Zugang verschaffte.
    Peter Stepanowitschs Stimmung war schauderhaft. Außer anderen für ihn sehr wichtigen Unannehmlichkeiten (er hatte immer noch nichts über Stawrogin in Erfahrung bringen

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