Die Dämonen
wütenden Flüstertone, indem sie sich Gewalt antat, um nicht zu schreien. Endlich ließ sie ihn wieder fahren, sank auf den Stuhl zurück und verbarg das Gesicht in den Händen. »Genug davon!« sagte sie abbrechend und richtete sich auf. »Zwanzig Jahre sind dahingegangen; die bringt man nicht wieder zurück. Auch ich bin eine Törin gewesen.«
»Je vous aimais,«
sagte er noch einmal und faltete die Hände.
»Aber wozu sagen Sie mir immer
aimais
und
aimais!
Hören Sie auf damit!« rief sie und sprang wieder auf. »Und wenn Sie nicht jetzt gleich schlafen, so werde ich ... Sie haben Ruhe nötig; schlafen Sie, schlafen Sie sofort; machen Sie die Augen zu! Ach, mein Gott, er möchte vielleicht etwas zum Frühstück essen! Was möchten Sie essen? Was kann er wohl essen? Ach, mein Gott, wo ist die? Wo ist sie?«
Sie wollte schon alles in Bewegung setzen. Aber Stepan Trofimowitsch flüsterte mit schwacher Stimme, er wolle wirklich schlafen,
une heure,
und dann
un bouillon, un thé ... »Enfin je suis si heureux!
« Er legte sich hin und schien tatsächlich einzuschlafen (wahrscheinlich stellte er sich nur so). Warwara Petrowna wartete eine kleine Weile und verließ dann auf den Zehen den abgebuchteten Raum.
Sie setzte sich in das Zimmer der Wirtsleute, jagte die Wirtsleute selbst hinaus und befahl Dascha, »jene Frauensperson« zu ihr zu bringen. Nun begann ein strenges Verhör.
»Erzähle jetzt, mein Kind, alles ganz genau; setz dich neben mich, so! Nun?«
»Ich traf Stepan Trofimowitsch ...«
»Halt, schweig! Ich will dir noch vorher sagen: wenn du mir etwas vorlügst oder verschweigst, so sollst du dein ganzes Leben lang vor mir keine ruhige Stunde haben. Nun?«
»Ich traf Stepan Trofimowitsch ... als ich nach Chatowo gekommen war ...« begann Sofja Matwejewna, die nur mühsam atmete ...
»Halt, schweig, warte mal! Warum so hastig? Erstens: was bist du selbst für ein Vogel?«
Die Bücherverkäuferin erzählte ihr, so gut es gehen wollte, übrigens in möglichster Kürze, einiges über sich selbst, wobei sie mit Sewastopol anfing. Warwara Petrowna hörte schweigend zu, indem sie gerade aufgerichtet auf ihrem Stuhle saß und mit strengem, unverwandtem Blicke der Erzählerin gerade in die Augen sah.
»Warum bist du denn so ängstlich? Warum siehst du auf die Erde? Ich habe es gern, wenn man mich gerade ansieht und sich nicht scheut, mit mir zu streiten. Fahre fort!«
Sie erzählte von der Begegnung, von den Büchern, und wie Stepan Trofimowitsch die Bauerfrau mit Branntwein regaliert habe.
»So ist's recht, so ist's recht! Laß auch die kleinsten Einzelheiten nicht aus!« sagte Warwara Petrowna ermunternd. Zuletzt erzählte sie, wie sie weggefahren waren, und wie Stepan Trofimowitsch in einem fort geredet habe; »er war schon ganz krank«, und wie er ihr hier seine ganze Lebensgeschichte vom allerersten Anfange an mehrere Stunden lang erzählt habe.
»Erzähle von seinem Leben!«
Sofja Matwejewna stockte auf einmal und wurde ganz verlegen.
»Davon verstehe ich nichts zu erzählen,« erwiderte sie beinahe weinend, »und ich habe auch beinah nichts davon begriffen.«
»Du lügst! Es ist unmöglich, daß du nichts begriffen hast.«
»Von einer brünetten, vornehmen Dame erzählte er lange,« berichtete Sofja Matwejewna tief errötend; übrigens bemerkte sie, daß Warwara Petrowna blondes Haar hatte und jener Brünette absolut unähnlich war.
»Von einer Brünette? Was erzählte er denn? Nun, sprich!«
»Diese vornehme Dame sei in ihn sehr verliebt gewesen, das ganze Leben lang, zwanzig Jahre hindurch; aber sie habe immer nicht gewagt sich zu entdecken und habe sich vor ihm geschämt, weil sie schon sehr korpulent gewesen sei.«
»Der Dummkopf!« sagte Warwara Petrowna nachdenklich, aber kurz und entschieden.
Sofja Matwejewna weinte nun schon vollständig.
»Ich verstehe das nicht ordentlich zu erzählen, weil ich selbst in großer Angst um ihn war und nicht begreifen konnte, was er sagte, da er ein so kluger Mann ist ...«
»Ob er klug ist, darüber hat ein so dummes Frauenzimmer wie du kein Urteil. Hat er dir seine Hand angeboten?«
Die Erzählerin fing an zu zittern.
»Hat er sich in dich verliebt? Sprich! Hat er dir seine Hand angeboten?« schrie Warwara Petrowna.
»Beinah kam es so heraus,« erwiderte jene weinend. »Aber ich hielt das alles nicht für Ernst, wegen seiner Krankheit,« fügte sie hinzu und schlug mit festem Blicke die Augen in die Höhe.
»Wie heißt du, mit Vor- und
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