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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Vatersnamen?«
    »Sofja Matwejewna.«
    »Nun, so wisse denn, Sofja Matwejewna, daß dies das kläglichste, hohlste Menschlein ist ... O Gott, o Gott du hältst mich wohl für eine nichtswürdige Person?«
    Die andere riß erstaunt die Augen auf.
    »Für eine nichtswürdige Person, für eine Tyrannin, die ihm das Leben verdorben hat?«
    »Wie könnte ich so etwas denken, da Sie doch selbst weinen!«
    Warwara Petrowna hatte wirklich die Augen voll Tränen.
    »Nun, setz dich, setz dich, fürchte dich nicht! Sieh mir noch einmal in die Augen, gerade in die Augen; warum bist du so rot geworden? Dascha, komm einmal her und sieh sie an: was meinst du, hat sie ein reines Herz? ...«
    Und zu Sofja Matwejewnas Erstaunen, vielleicht sogar zu ihrem noch größeren Schreck, klopfte sie ihr plötzlich auf die Backe.
    »Schade nur, daß du eine Närrin bist. Närrischer, als man es nach deinem Lebensalter erwarten sollte. Nun gut, liebes Kind; ich werde für dich sorgen. Ich sehe, daß das alles dummes Zeug ist. Wohne einstweilen hier in der Nähe; es soll eine Wohnung für dich gemietet werden, und auch Beköstigung sowie alles andere wirst du von mir erhalten ... mittlerweile werde ich mich näher nach dir erkundigen.«
    Sofja Matwejewna stotterte erschrocken, sie müsse ihre Reise baldigst fortsetzen.
    »Du brauchst nirgend hinzureisen. Deine Bücher kaufe ich dir alle ab; bleib du nur hier! Schweig, ohne Widerrede! Wenn ich nicht gekommen wäre, hättest du ihn ja doch nicht verlassen?«
    »Nein, um keinen Preis hätte ich ihn verlassen,« erwiderte Sofja Matwejewna leise in festem Tone und wischte sich die Tränen ab.
    Doktor Salzfisch kam erst spät in der Nacht. Er war ein sehr achtbarer alter Herr und ein recht erfahrener Praktiker, der kürzlich bei uns wegen einer Verletzung seines Ehrgefühls mit seiner vorgesetzten Behörde in Streit geraten war und infolgedessen seine amtliche Stellung verloren hatte. Gleich von dieser Zeit an hatte Warwara Petrowna ihn aus aller Kraft zu protegieren begonnen. Er untersuchte den Kranken sorgfältig, stellte die nötigen Fragen und eröffnete der ungeduldig harrenden Warwara Petrowna, der Zustand des Patienten sei infolge einer eingetretenen Komplikation der Krankheit sehr bedenklich, und man müsse sich sogar auf das Schlimmste gefaßt machen. Warwara Petrowna, die sich in zwanzig Jahren völlig in den Gedanken hineingelebt hatte, in nichts, was von Stepan Trofimowitsch persönlich ausgehe, könne etwas Ernstes und Entscheidendes enthalten sein, war tief erschüttert; sie wurde sogar blaß.
    »Ist wirklich keine Hoffnung mehr?«
    »Man kann nicht sagen, daß absolut keine Hoffnung mehr wäre, aber ...«
    Sie legte sich die ganze Nacht nicht schlafen und konnte kaum den Morgen erwarten. Sobald der Kranke die Augen aufschlug und zu sich kam (er war zu jener Zeit noch bei Bewußtsein, wiewohl er von Stunde zu Stunde schwächer wurde), trat sie mit sehr entschlossener Miene zu ihm:
    »Stepan Trofimowitsch, man muß auf alles vorher bedacht sein. Ich habe nach dem Geistlichen geschickt. Sie haben eine Pflicht zu erfüllen ...«
    Da sie seine Überzeugungen kannte, so fürchtete sie sehr eine Weigerung. Er sah sie erstaunt an.
    »Unsinn, Unsinn!« rief sie, da sie meinte, er weigere sich bereits. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit für leichtfertige Streiche. Sie haben genug Torheiten getrieben.«
    »Aber ... bin ich etwa schon so krank?«
    Er willigte nachdenklich ein. Und überhaupt erfuhr ich später von Warwara Petrowna mit großem Erstaunen, daß er sich vor dem Tode gar nicht gefürchtet habe. Vielleicht glaubte er einfach nicht an die Nähe desselben und hielt seine Krankheit immer noch für unbedeutend.
    Er beichtete und kommunizierte sehr bereitwillig. Alle, auch Sofja Matwejewna und sogar die Diener, kamen, um ihm zum Empfange des heiligen Abendmahles Glück zu wünschen. Alle ohne Ausnahme weinten still beim Anblicke seines abgemagerten, welken Gesichtes und seiner blassen, zuckenden Lippen.
    »
Oui, mes amis,
und ich wundere mich nur, daß Sie sich soviel Mühe und Sorge machen. Morgen werde ich wahrscheinlich aufstehen, und wir ... werden wegfahren ...
Toute cette cérémonie ...
vor der ich natürlich alle gebührende Achtung habe ... war ...«
    »Ich bitte Sie, Väterchen, jedenfalls bei dem Kranken zu bleiben,« sagte Warwara Petrowna zu dem Geistlichen, der bereits seinen Ornat abgelegt hatte, um fortzugehen. »Sobald Tee gebracht wird, bitte ich Sie, jedenfalls ein

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