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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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fassungslos, »ich habe das wirkliche russische Leben kennen gelernt ...
Et je prêcherai l'Evangile ...
«
    »O Sie schamloser, undankbarer Mensch!« schrie sie auf einmal und schlug die Hände zusammen. »Nicht genug, daß Sie mich so blamiert haben, mußten Sie auch gleich solche Beziehungen anknüpfen ... O Sie alter, schamloser Wüstling!«
    »Chère ...«
    Die Stimme versagte ihm; er konnte kein Wort herausbringen, sondern sah sie nur erschrocken mit weitgeöffneten Augen an.
    »Was ist die für eine?«
    »C'est un ange ... C'était plus qu'un ange pour moi;
sie hat die ganze Nacht ... Oh, schreien Sie nicht; erschrecken Sie sie nicht,
chère, chère ...«
Er bekam einen Ohnmachtsanfall.
    Warwara Petrowna sprang mit Gepolter vom Stuhle in die Höhe und schrie erschrocken: »Wasser, Wasser!« Er kam zwar bald wieder zu sich; aber sie zitterte immer noch vor Angst und blickte blaß in sein entstelltes Gesicht: erst jetzt begann sie den Ernst seiner Krankheit zu ahnen.
    »Darja,« flüsterte sie dieser schnell zu, »laß sofort einen Arzt holen,
Dr.
Salzfisch; Jegorowitsch soll gleich hinfahren; er soll hier Pferde mieten und zur Rückfahrt von der Stadt einen anderen Wagen nehmen. Sag ihm, er müsse zur Nacht wieder hier sein.«
    Dascha eilte davon, um den Auftrag auszuführen. Stepan Trofimowitsch hatte immer denselben erschrockenen Blick aus den weitgeöffneten Augen; seine blaßgewordenen Lippen zitterten.
    »Gedulden Sie sich nur ein Weilchen, Stepan Trofimowitsch; gedulden Sie sich nur, Täubchen!« redete sie ihm zu wie einem kleinen Kinde. »Na, so gedulden Sie sich doch, gedulden Sie sich; Darja kommt ja gleich wieder und ... Ach Gott, Wirtin, Wirtin, komm du wenigstens her, Mütterchen!«
    In ihrer Ungeduld lief sie zur Wirtin hin.
    »Sofort, augenblicklich soll diese Frauensperson wieder zurückgerufen werden. Holt sie wieder her, holt sie wieder her!«
    Zum Glück hatte sich Sofja Matwejewna noch nicht vom Hause entfernt, sondern war eben erst mit ihrem Sack und ihrem Bündel aus dem Tor getreten. Man holte sie zurück. Sie war so erschrocken, daß ihr sogar die Hände und die Beine zitterten. Warwara Petrowna packte sie am Arm, wie der Habicht ein Hühnchen, und zog sie ungestüm zu Stepan Trofimowitsch hin.
    »Na, da haben Sie sie! Aufgefressen habe ich sie nicht. Sie dachten wohl, ich würde sie auffressen?«
    Stepan Trofimowitsch ergriff Warwara Petrownas Hand, führte sie an seine Augen und brach in Tränen aus. Er schluchzte schmerzlich und krampfhaft.
    »Na, beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich, mein Täubchen, na, Väterchen! Ach, mein Gott, so be-ru-hi-gen Sie sich doch!« schrie sie aufgebracht. »Oh Sie sind mein Peiniger, mein Peiniger, lebenslänglich mein Peiniger!«
    »Liebes Kind,« stammelte endlich Stepan Trofimowitsch, sich zu Sofja Matwejewna wendend, »gehen Sie ein Weilchen dorthin; ich möchte hier ein paar Worte reden ...«
    Sofja Matwejewna beeilte sich sofort hinauszugehen.
    »Chérie ... chérie ...«
sagte er, schwer atmend.
    »Warten Sie noch mit dem Sprechen, Stepan Trofimowitsch; warten Sie noch ein bißchen, bis Sie sich erholt haben! Da ist Wasser. So warten Sie doch!«
    Sie setzte sich wieder auf den Stuhl. Stepan Trofimowitsch hielt sie fest an der Hand. Lange Zeit erlaubte sie ihm nicht zu reden. Er zog ihre Hand an seine Lippen und küßte sie. Sie preßte die Zähne aufeinander und blickte irgendwohin in eine Ecke.
    »Je vous aimais!«
stieß er endlich hervor. Nie hatte sie von ihm ein solches Wort und in dieser Weise ausgesprochen gehört.
    »Hm!« brummte sie zur Antwort.
    »Je vous aimais toute ma vie ... vingt ans!«
    Sie schwieg immer noch, zwei, drei Minuten lang.
    »Aber als Sie sich für Dascha angeputzt und mit Parfüm besprengt hatten ...« sagte sie auf einmal, in schrecklichem Tone flüsternd. Stepan Trofimowitsch wurde ganz starr.
    »Auch ein neues Halstuch hatten Sie sich umgebunden ...«
    Wieder ein Stillschweigen, das zwei Minuten dauerte.
    »Denken Sie wohl noch an die Zigarre?«
    »Meine Freundin,« murmelte er undeutlich in seinem Schrecken.
    »An die Zigarre, abends, am Fenster ... der Mond schien ... nach dem Gespräche in der Laube ... in Skworeschniki? Erinnern Sie sich, erinnern Sie sich?« Sie sprang von ihrem Platze auf, faßte sein Kopfkissen an den beiden oberen Ecken und schüttelte es mitsamt seinem Kopfe. »Denken Sie wohl daran, Sie hohler, hohler, schändlicher, kleinmütiger, lebenslänglich hohler Mensch?« zischte sie in ihrem

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