Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
Miss Blackthorne?«, fragt der Nekro heiser. Es klang, als hätte er sich eine Grippe eingefangen.
»War schon mal besser«, sagte sie. Dann hob sie die Hand, ehe er ihr sein übliches Angebot machen konnte. »Falls jemand fragt, Sie haben Ihren Job gemacht und ich habe Ihnen wie jeden Abend eine Abfuhr erteilt. Auf diese Weise verschwenden wir nicht unsere Zeit. Außerdem bin ich viel zu müde dafür.«
Mortimer lächelte. »Sie sind nicht so wie die anderen. Die verfluchen mich normalerweise. Ich weiß das zu schätzen.« Er machte eine kurze Pause, dann fragte er: »Gefällt es Ihnen wirklich, Dämonen zu jagen?«
»Vor einer Woche hätte ich gesagt ja, weil ich zusammen mit meinem Dad losziehen konnte. Aber jetzt? Ich bin mir nicht so sicher. Ich habe einen neuen Meister, und der ist ein richtiges Arschloch.«
»Ich weiß, wie das läuft. Unser System ist so ähnlich wie bei den Dämonenfängern. Neue Beschwörer müssen sich erst nach oben arbeiten. Als ich anfing, wurde mir die Aufgabe übertragen, die Neubelebten zu betreuen. Man muss sie gut pflegen, denn nach einer Weile wird es ziemlich schlimm.« Er hielt sich die Nase zu, um zu verdeutlichen, was er meinte.
»Kann man ihnen kein Duftbäumchen umhängen und gut ist?«, witzelte sie. Vor lauter Müdigkeit war sie ganz aufgekratzt.
Mortimer lachte leise. »Nein, aber wenn man sie sorgfältig behandelt, sehen sie besser aus und riechen besser als gleich nach dem Exhumieren. Es ist eine Kunst, verstehen Sie.«
Sie stand auf und streckte sich. Ausnahmsweise beschwerte sich ihr Schenkel nicht über die Bewegung.
»Wie lange arbeiten Sie schon als Nekro?«
»Wir ziehen es vor, Totenbeschwörer genannt zu werden.«
»Aber nur weil Sie es sind, Beschwörer. Der Rest bleibt für mich Nekros.«
Er schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. »Ich reanimiere seit fünf Jahren Tote. Man kann davon leben. Davor habe ich in einer Leichenhalle gearbeitet.«
»Die Toten waren also schon immer Ihr Ding?«
»Mehr oder weniger.« Er blickte den Pfad entlang. Als er sich wieder umdrehte, hatte er die Stirn gerunzelt. »Zeit zu gehen. Es war nett, mit Ihnen zu reden. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, und passen Sie auf sich auf!«
»Sie auch, Mortimer.«
»Mort. So nennen mich meine Freunde.« Er tippte sich an den Filzhut und wandte sich zum Gehen. Als er sich zum Eingang wandte, sah sie eine andere Gestalt näherkommen. Zu ihrer Überraschung verschwand Mortimer zwischen den Gräbern, anstatt an dem Neuankömmling vorbeizugehen.
»Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht«, rief Beck laut und hielt eine prall gefüllte Papiertüte in die Höhe, als er auf sie zukam.
Vielleicht bist du ja doch gar kein so schlechter Kerl.
Am Rand des Kreises blieb er stehen. »Ach, verdammt, meine Schnürsenkel sind aufgegangen«, sagte er und hielt ihr die Tüte hin. Riley wollte schon über den Kreis danach greifen, doch dann hielt sie inne. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sie blickte hinunter auf seine Stiefel. Beck machte immer einen Doppelknoten. Sie erinnerte sich, dass er einmal erklärt hatte, er wolle nicht über die Schnürsenkel stolpern und von irgendeinem schwachsinnigen Dämon gefressen werden.
Sie trat zurück und musterte ihn mit kritischerem Blick.
Keine Reisetasche.
Beck schleppte sie immer mit sich herum. Sogar bei der Beerdigung ihres Dads hatte er sie dabei gehabt. Und Mortimer war diesem Typ ausgewichen.
»Netter Versuch.« Wenn sie über die Kerzen gegriffen hätte, um die Tüte entgegenzunehmen, hätte sie den Schutzkreis zerstört, und ihr Dad wäre das Eigentum eines anderen geworden.
Es überraschte sie nicht, als »Beck« in einem Wirbel aus Blättern verschwand und der gruselige Nekro an seiner statt auftauchte. Keiner der anderen probierte es mit so ausgeklügelten Zaubertricks.
»Du bist klüger als die meisten«, bemerkte er. »Ich genieße die Herausforderung fast.«
»Ja, ja«, sagte sie und machte eine Bla-bla-bla-Geste. »Vergiss es!«
»Das sagst du jetzt!«, erwiderte er. Mit einem Zischen flammte der Kreis in der Nacht auf, als hätte er ihn berührt, dann erstarben die Flammen wieder. Der Totenbeschwörer war verschwunden, ein Wirbel aus Blättern schoss den Pfad entlang wie ein bösartiger Tornado.
Riley stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie musste Mortimer nach diesem Kerl fragen, denn es sah aus, als würde Mr Black Magic Nekro nicht eher Ruhe geben, bis er ihr einen Heidenschrecken eingejagt hatte.
*
Mit dem Morgen
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