Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
überflog den Bericht. Wie bei jeder Anforderung eines Dämonenfängers enthielt das Formular den Namen und die Adresse desjenigen, der Anzeige erstattet hatte, sowie die vermutete Dämonenaktivität.
»Ein Mr Ford sagt, dieser Junge hänge immer mit seiner Tochter Carol herum und bringe sie dazu, Dinge zu tun, die sie nicht tun sollte. Er glaubt, der Junge sei ein Dämon, denn jedes Mal, wenn er versucht, ihn zu verjagen, endet es damit, dass er dem Burschen zustimmt, was immer der auch sagt.«
»Klingt nach einem Trance-Dämon«, sagte Harper.
»Vielleicht ist es auch nur ein Spinner«, sagte Riley.
Der alte Fänger warf ihr über die Rückenlehne einen seltsamen Blick zu. »Du kennst dich aus, was?«
Und ob.
Riley hatte Allan kennengelernt, direkt nachdem Beck sie hatte abblitzen lassen. Sie war verletzlich gewesen, und Allan hatte das ausgenutzt. Es war egal gewesen, dass ihr Vater ihren neuen Freund vom ersten Moment an abgelehnt hatte. In ihrer Vorstellung war Allan das Einzige in ihrem Leben gewesen, das zählte, und sie hätte alles dafür getan, damit er weiterhin Interesse an ihr zeigte. Und sie hatte alles dafür getan. Mit Kleinigkeiten fing es an – lügen, im Laden herumschleichen und Zigaretten klauen, obwohl keiner von ihnen rauchte. Es ging an dem Tag zu Ende, als sie kurz davor gewesen war, einen Zweitausend-Dollar-Laptop unter ihre Jacke zu schieben. Allan hatte ihr weisgemacht, das sei der Beweis ihrer Liebe zu ihm.
In dem Moment, in dem ihre Hand den Computer berührte, war eine Schockwelle durch ihren ganzen Körper gelaufen. Die Zukunft entfaltete sich vor ihr wie in einem schlechten Film: Er würde nicht auf der Polizeistation sitzen und von den Cops angeschrien werden; ihm würde man nicht die Fingerabdrücke abnehmen; er würde nicht in eine Zelle geworfen oder einem Richter vorgeführt werden. Er müsste nicht die entsetzliche Enttäuschung ihres Vaters ertragen.
Zutiefst erschrocken war sie ohne den Computer aus dem Laden gerannt. Als Riley an dem Sicherheitsmann vorbeikam, nickte er ihr zu. Er hatte gewusst, was sie vorgehabt hatte.
»Kluge Entscheidung«, sagte er.
Allan hatte es nicht so gesehen. Als sie ihm beichtete, dass sie nicht tun konnte, was er verlangte, stauchte er sie mitten auf dem Parkplatz in aller Öffentlichkeit zusammen und nannte sie eine dumme Schlampe. Dann hatte er sie geschlagen.
Riley berührte ihre Wange und dachte daran, wie der Schlag gebrannt hatte. Sie erinnerte sich an den Geschmack von Blut in ihrem Mund, an sein zorniges Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, während er sie mit Schimpfnamen überhäufte.
Sie hatte den Mut gefunden, ihn fluchend auf dem Parkplatz stehen zu lassen. Sie musste dreimal mit dem Bus umsteigen, um nach Hause zu kommen. Als ihr Vater sie sah und die anschwellende Prellung entdeckte, wurde sein Gesicht dunkelrot vor Wut. Sie brach in seinen Armen zusammen und erzählte ihm alles. Als sie schließlich aufhörte zu weinen, stellte er ihr nur eine einzige Frage.
»Glaubst du, dass du es verdient hast, geschlagen zu werden?«
»Nein!«, hatte sie gesagt. »Dazu hatte er kein Recht!«
Der Gesichtsausdruck ihres Vaters hatte seine Erleichterung verraten.
»Denk immer daran, Spatz.
Niemand
hat das Recht, dich zu verletzen.«
Dann hatte er sie umarmt und war mit ihr Pizzaessen gegangen, um ihr glückliches Entkommen aus den Fängen des übelsten Jungen unter der Sonne zu feiern. Ein paar Monate später hatte sie erfahren, dass Allan seiner neuen Freundin während eines Streits den Arm gebrochen hatte.
Ich hatte noch mal Glück gehabt.
»Hey!«, rief Harper laut und schnippte mit den Fingern. Riley zuckte heftig zusammen. »Pass gefälligst auf! Wenn du meinst, du weißt schon alles darüber, dann täuschst du dich.«
»Tut mir leid«, sagte Riley. »Was haben Sie gerade gesagt?«
»Ich sagte, dass Dämonen vierten Grades hinterhältige Schlampen sind. Sie flöten dir wer weiß was ins Ohr, und wenn du wieder aufwachst, trägt deine Seele ein Brandzeichen ›mit freundlicher Genehmigung von Luzifer‹. Manchmal machen sie es schnell, manchmal langsam. Sie wollen deine Seele, und es ist ihnen egal, ob sie dich vorher oder nachher durchvögeln.«
Simon zuckte bei der Obszönität zusammen.
Harper ließ sich nicht ablenken. »Sobald sie deine Seele haben, haben sie zwei Alternativen. Entweder, sie fahren die Ernte auf der Stelle ein, dann bist du sofort nicht mehr als totes Fleisch. Oder sie verkaufen dich
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