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Die Dämonenfalle

Die Dämonenfalle

Titel: Die Dämonenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Steinstufen hinauf und blieb oben stehen, um meinen Blick über das Gelände schweifen zu lassen. Der Rasen des Grundstücks erstreckte sich bis hinunter zum See, den ein hoher Schilfgürtel säumte. Großen Wächtern gleich standen Trauerweiden am Ufer, deren kahle Äste vor dem weißen Himmel wie ein schwärzlich braunes Spitzengeflecht anmuteten. Wie stets glitt eine Gruppe von Schwänen über die dunkle Fläche des Sees. Nördlich des Gebäudes hatten die Gärtner eine neue Eichenallee angelegt, die vom See bis zum Tal hinaus verlief. Es war der erste neue Weg seit Jahrhunderten. Alles in allem existierten im Tal rund fünfzig solcher Wege, von Pfaden, die an starken, jahrhundertealten Palisaden entlangführten, bis hin zu breiten Chausseen, die sich zwischen Reihen von Bäumen unterschiedlichsten Alters erstreckten, deren dicke Stämme teilweise schon morsch waren und verfaulten. Einausgedehntes, keiner klaren geometrischen Struktur folgendes Netz aus mäandernden Verbindungen, die das Tal durchflochten wie die Straßen einer imaginären, labyrinthischen Stadt. Als ich noch klein war, rannten und ritten meine Cousins und ich den lieben, langen Sommer hindurch über die beschatteten Alleen; Helden und Bösewichte der Kinderfantasie entsprungener Spiele, die sich nichtsdestotrotz mit dem gleichen Heißhunger über riesige Picknickkörbe hergemacht hatten.
    Es war unausweichlich, dass mir ein leiser Seufzer entfuhr. Mehr als jeder andere Ort auf der Welt war dies mein Zuhause, und das nicht nur wegen einer glücklichen Kindheit. Wie alle Raleighs war ich in diesem Tal tief verwurzelt.
    Die forensische Abteilung war im Untergeschoss untergebracht, dort, wo sich einst der Weinkeller befunden hatte. Das Ziegelsteingewölbe war gereinigt und einheitlich weiß gestrichen worden, und jeder Bereich wurde von Leuchtstoffröhren unter der Decke erhellt. An langen Labortischen saßen Labortechniker in weißen Kitteln und führten still ihre Tests durch, für die es offenkundig einer Unmenge von Glasgefäßen und -vorrichtungen bedurfte.
    Rebecca Raleigh Stothard, die leitende Gerichtsmedizinerin der Familie, kam aus ihrem Büro, um mich zu begrüßen. Sie war in ihrem zweiten Jahrhundert, eine gut aussehende Frau, deren kastanienbraunes Haar kaum die ersten Ansätze von Grau erkennen ließ. Während meines Studiums hatte sie eine Vorlesungsreihe über Ermittlungsarbeit gehalten, und ich hatte nicht einen ihrer Vorträge verpasst, was nicht allein darauf zurückzuführen war, dass mich das Thema so sehr faszinierte.
    Sie drückte mir einen sittsamen Kuss auf die Wange und trat dann, mich an beiden Händen haltend, einen Schritt zurück und musterte mich. »Edward, Sie sind wie ein guter Wein«, sagte sie neckisch. »Je älter, je besser. Noch zehn Jahre, und ich gerate vielleicht in Versuchung.«
    »Vorsicht, es sind schon Männer an zu großer Vorfreude gestorben.«
    »Wie geht es Myriam?«
    »Gut.«
    In ihren Augen blitzte ein belustigtes Funkeln auf. »Da wird also einer schon wieder Vater. Respekt, Respekt. Zu meiner Zeit konnten wir Teufelskerle wie Sie lange suchen.«
    »Ich bitte Sie. Als ob Ihre Zeit der Vergangenheit angehört.«
    Ich hatte ganz vergessen, wie angenehm ihre Gesellschaft war. Sie war so viel entspannter als der gute alte Francis. Wenngleich es mit der lockeren Konversation im gleichen Moment, als wir in ihrem kleinen Büro Platz genommen hatten, vorbei war.
    »Wir haben heute Morgen die letzte Blutprobenlieferung von der Polizei in Oxford erhalten«, sagte sie. »Ich hab meine besten Leute mit der Untersuchung beauftragt.«
    »Vielen Dank.«
    »Gibt es schon irgendwelche Fortschritte?«
    »Die Polizei tut ihr Möglichstes, aber sie hat immer noch sehr wenige Anhaltspunkte. Deshalb hoffe ich, dass Ihre Leute mir irgendetwas in die Hand geben können, etwas, das die Polizei übersehen hat.«
    »Setzen Sie nicht allzu viele Hoffnungen auf uns. Die Oxforder Polizei ist gut. Bis jetzt konnten wir nur eine Sache feststellen, die nicht in ihrem Laborbericht stand.«
    »Und zwar?«
    »Carter Osborne Kenyon und Christine Jayne Lockett haben an jenem Abend ein wenig mehr als nur Wein und Schnaps konsumiert.«
    »Ach ja?«
    »In ihrem Blut fanden sich Spuren von Kokain. Wir haben den Test zweimal durchgeführt, ein Fehler ist also ausgeschlossen.«
    »Wie viel?«
    »Nicht genug für einen drogeninduzierten Amoklauf, falls Sie darauf hinauswollen. Es war wohl mehr so eine Art dekadenter Abschluss ihres Abends.

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