Die Dämonenfalle
Antworten: »Ich kann mich nicht erinnern.«
»Ich glaube, wir hatten uns im Pathfinder verabredet«, sagt Imelda unsicher. »Ich weiß noch, wie ich dort hinging, aber danach, keine Ahnung …«
Das greift Erik auf, erleichtert, dass sich wenigstens einer von ihnen noch an irgendetwas vom Vorabend erinnert. »Bestimmt haben wir gepanschtes Aerosol erwischt«, behauptet er sogleich.
»Ja, wahrscheinlich«, stimmt Imelda zu, obwohl ein Restzweifel an ihr nagt. Doch diese Erklärung zu akzeptieren, istallemal bequemer, als über Alternativen nachzudenken, die weitaus unerfreulicher wären. »Wollen wir uns heute Abend wiedersehen?«, fragt sie.
»Sicher, aber lieber bei mir zu Hause. Vielleicht sollten wir’s heute mal ein bisschen ruhiger angehen. Und außerdem müssen wir über das Baby sprechen. Wir müssen’s unseren Eltern erzählen.«
»Dazu ist doch noch genug Zeit. Und ganz so ruhig muss es für meinen Geschmack auch wieder nicht sein, was meinst du?«
Erik grinst in schändlicher Vorfreude, und die letzte Nacht ist vergessen.
Neun Monate später hat sich der Charakter von Eriks Grinsen grundlegend geändert, als er der Geburt seiner Tochter beiwohnt. Das kleine Mädchen ist perfekt und wunderschön, und es kommt im Kuhmo General Hospital so problemlos zur Welt, wie es die Medizintechnik des modernen Commonwealth nur ermöglichen kann.
»Wir müssen uns einen Namen für sie überlegen«, sagt er verträumt.
Nachdenklich streicht er Imelda eine dicke braune Haarsträhne von der Schulter. »Wie wär’s mit Kerry?«, schlägt er zögernd vor. Es ist der Name, unter dem er den Angel kennengelernt hatte, und er fragt sich oft, was wohl aus ihr geworden ist.
»Nein«, sagt Imelda bestimmt. Mit dem Namen Kerry verbindet sie noch immer etwas, und sein plötzliches Verschwinden beschäftigt sie nach wie vor.
»Gut, wir haben ja keine Eile. Ich gehe dann mal raus und sag’s den anderen.«
Die Familienangehörigen der jungen Leute warten draußen. Imeldas Eltern sind höflich; froh, dass die Geburt ohne Komplikationen verlaufen ist, und natürlich auch glücklich darüber, dass sie ein weiteres Enkelkind bekommen haben. Dennoch sind sie von einer gewissen Zurückhaltung, was sich in derausgesprochen förmlichen Art und Weise zeigt, in der sie Erik begegnen. Seine eigenen Eltern hingegen sind weniger verkrampft und drücken ihren Sohn freudestrahlend an sich. Erik geht rüber zu Sabine und gibt ihr einen Kuss.
»Glückwunsch«, sagt sie.
Erik berührt sacht ihr dickes braunes Haar. »Das ändert nichts«, sagt er ernsthaft. Sabine lächelt zurück, dankbar für die Bestätigung, gerade in diesem Moment. Sie ist Imeldas jüngere Schwester – vierzig Minuten jünger, um genau zu sein –, und möchte das Verhältnis zu ihrer Zwillingsschwester um nichts in der Welt durch Eifersucht belastet sehen.
Wie Erik seiner Geliebten Kerry einst gestanden hatte, war es von Anfang an sein Traum gewesen, mit beiden Schwestern ins Bett zu gehen. Sex mit identisch aussehenden Zwillingen zu haben, ist ein verbreiteter Wunsch unter hormongesteuerten Teenagern; und Kerry hatte Erik diesen besonderen Wunsch natürlich nur zu gern erfüllt. Selbst heute noch hat Eric Schwierigkeiten, Imelda und Sabine voneinander zu unterscheiden, und seine erotischen Erinnerungen an die wundervollen langen Nächte im fünfzehnten Stock des Arkologie-Apartments sind diesbezüglich komplett austauschbar.
Jetzt erwacht Inigo und verlangt lautstark nach seinem Nachmittagsfläschchen. Sofort kümmert sich Sabine um ihren kleinen Sohn, der zwei Wochen zuvor ebenfalls in diesem Krankenhaus zur Welt gekommen ist. Und auch sie wollte keinesfalls, dass man dem Kind den Namen Kerry gab.
Die Dämonenfalle
Was geschah
Nova Zealand war aus demselben Grund zum Schauplatz für den Massenmord geworden, aus dem die Clique von jungen Dynastie-Mitgliedern es zum vergnüglichen Ferienziel auserkoren hatte. Diese Welt hatte sich nur knapp als H-kongruent und damit für eine menschliche Besiedelung geeignet erwiesen; doch die schlechten geophysischen Bedingungen hatten Nova Zealand zu einer erstaunlichen Landschaft verholfen, die förmlich darum bettelte, von Extremsportenthusiasten erkundet zu werden. Die Bevölkerungszahl war überschaubar, und es gab kaum Industrie; man lebte vom Tourismus. Und doch war für den Notfall das intersolare Commonwealth mit all seinen fantastischen medizinischen und technischen Möglichkeiten nur eine Zugreise
Weitere Kostenlose Bücher