Die Dämonenfalle
Monat?«, schlug er mit dem typisch gallischen, etwas indifferenten Achselzucken vor.
Paula wunderte sich, dass er keine Baskenmütze trug und eine Zigarette rauchte, so sehr hatte der Mann den stereotypen Pariser Gleichmut zur Perfektion gebracht. »Ja, gut.« Sie wohnte nun schon eine Woche in dem Apartment, und selbst sie musste zugeben, dass es einigen Verbesserungsbedarf gab. Es war nichts Tolles: ein Bad, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit winziger Kochnische. Das Apartment befand sich in einem typischen Pariser Mietshaus; das Gebäude war jahrhundertealt, punktete dafür aber mit einem netten Vorplatz direkt vor der Tür. Die Ästhetik des Ganzen war ihr ziemlich egal, alles, was zählte, war die Nähe zum Büro.
»Welche Farbgebung?«, wollte er wissen.
»Äh …egal …weiß.«
»Weiß?« So bestürzt, wie er aussah, hatte sie offenbar unabsichtlich seine französischen Ahnen bis zurück ins royale Zeitalter beleidigt.
»Ja.« Ein Kommunikationsicon mit hoher Dringlichkeitsstufe poppte in ihrer virtuellen Sicht auf. Sie berührte es mit ihrer virtuellen Hand, der sie einen roten skelettartigen Umriss verpasst hatte. Ihre echten Finger ahmten den Vorgang zuckend nach, als die parallelen Nervenimpulse über die organischen Schaltkreistattoos an ihrem Handgelenk liefen.
»Ein Klasse-1-Fall ist hereingekommen«, sagte Christabel Agatha Halgarth. »Der Direktor will uns umgehend sehen.«
»Bin unterwegs«, erwiderte Paula.
»Nein, bleib da. Ich ordere mir gerade einen Wagen und hole dich dann ab. In drei Minuten bin ich bei dir.«
»Okay. Übermittle mir doch schon mal die Fallakte.« Paula entließ den Dekorateur. Vielleicht lag es an der sorgfältigen Komposition aus philippinischen und europäischen Genen, die ihr ein so liebreizendes Gesicht geschenkt hatten, dassder Mann meinte, er könne mit Drohungen und Einschüchterungsversuchen etwas erreichen, wie er es bei alleinstehenden Kundinnen für gewöhnlich tat. Doch der Blick, den sie ihm zuwarf, erstickte sein Gezeter umgehend. Er nickte, zog sich dann zurück und schätzte sich glücklich, dass sie das Ganze nicht auch noch kommentiert hatte.
Paula zog sich eine graue Anzugjacke über, schnappte sich ihre kleine Schultertasche und bewegte sich instinktiv voran, als die Daten aus dem Direktorat in ihre virtuelle Sicht rutschten. Sie las die knappe Schilderung des Flugzeugabsturzes, während sie über die ausgetretenen Stufen im Treppenhaus auf den Vorplatz vor dem Haus eilte.
Vor dem Haupteingang hielt eine dunkle Limousine des Direktorats. Die Flügeltür schwang auf, und Paula stieg ein. Auf der Rückbank saß Christabel, eine Brünette mit weit stärkerem asiatischen Einschlag als dies bei Paula mit ihrem künstlich fabrizierten Erbgut der Fall war. Sie war Paulas Stellvertreterin, und die beiden Frauen kannten sich seit den Tagen ihrer Ausbildung.
»Wow, du siehst toll aus«, entfuhr es Christabel. »Eindeutig minderjährig. Hatte ganz vergessen, wie hübsch du als junge Frau bist. Du solltest mit den Rejuvenationen nicht immer so lange warten.«
»Ich hab’ zu wenig Zeit«, erwiderte Paula fast automatisch. Sie hob die Hand, um sich eine rabenschwarze Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Nachdem die Rejuvenation sie altersmäßig zu einer Jugendlichen gemacht hatte, war ihr Haar wieder sehr dick nachgewachsen. Aber es passte zu ihr, genau wie der geschäftsmäßig wirkende, einfach geschnittene Hosenanzug und die schlichten schwarzen Schuhe, die sie immer bei der Arbeit trug und die dem, was sie war, einen adäquaten Ausdruck verliehen. Sie waren genauso ein Teil ihrer Identität wie die modifizierten Gene.
»Willkommen zurück«, sagte Christabel mit einem wissenden Lächeln. »Wie machen sich deine neuen Inserts?«
Paula hob eine Hand, streckte die Finger. Die OCTattoos waren auf ihrer Haut nicht zu sehen. Es war eine noch recht junge Technologie, deren Entwickler jedes Jahr neue Anwendungsgebiete erschlossen. Die Inserts, die sie vor ihrer Rejuvenation im Körper gehabt hatte, waren viel weniger komplex gewesen, jedoch durch die neue Behandlung zerstört worden. Insofern hatte sie die letzte Woche in einer Einrichtung des Direktorats zugebracht, wo man ihren Körper um die neueste Generation von Insert-Gadgets ergänzt hatte.
»Ein paar Fehlfunktionen gibt es noch. Samstag findet die abschließende Formatierungssitzung statt. Die Entwicklung ist seit meiner letzten Installation weit vorangeschritten.«
Christabel hielt ihre
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