Die Dämonenfalle
sich in die Luft und klappte das Fahrwerk ein. Durch einen klaren, azurblauen Himmel flog die Reisegruppe Richtung Norden, während sich das blauweiße Sonnenlicht auf ihrem grünen Rumpf brach. Unter ihnen ging das Buschland in langen unregelmäßigen Furchen und schroffen Schluchten ins Meer über.
Fünf Minuten nach dem Start war die Maschine auf eine Höhe von fünftausend Fuß aufgestiegen, und der Pilot stelltefest, dass die Flugüberwachungsinstrumente die Propeller auf Reisegeschwindigkeit drosselten. Das war auch der Moment, in dem einer der Dynastie-Sprösslinge beschloss, seine Mitgliedschaft im Mile High Club zu erneuern. Es lag nicht in seiner Natur, sich dafür diskret in die Waschräume zurückzuziehen. Und so scharten sich die anderen der Gruppe um die Loungeliege ihres Kumpels, um seiner gehorsamen Freundin johlend beim Ausziehen zuzusehen. Die irritierten Stewardessen in der Kombüse riskierten ab und an einen neugierigen Blick und versuchten, nicht zu kichern.
Derweil fiel der Blick des Piloten auf die Warnanzeige in Form eines roten Sterns. Der Bordcomputer gab Alarm – etwas näherte sich ihnen. Der Flugkapitän brauchte einige Schocksekunden, bis er die Daten, die der Radar ihm übermittelte, ausgewertet hatte. Ein kaum ein Meter langes Objekt steuerte direkt auf sie zu – mit Mach 5. Ungläubigkeit paralysierte ihn für eine weitere Sekunde, als er begriff, dass er ein Raketengeschoss auf dem Schirm hatte. Er schaffte es gerade noch, »Mayday!« in einen offenen Kanal zu brüllen, da hämmerte er auch schon wie ein Verrückter auf die manuellen Steuerungspads ein. Für jemanden, der über zwei Jahrzehnte lang kein Flugzeug mehr von Hand gesteuert hatte, bewältigte er das Ausweichmanöver bemerkenswert gut. Er drosselte die Energiezufuhr und leitete den Sinkflug ein. Dadurch wurde die Kollision um gute drei Sekunden verzögert – ein Moment, in dem jeder an Bord bemerkte, dass etwas entsetzlich schiefgelaufen war.
Das Geschoss traf den Rumpf genau an der Tragflächenwurzel. Nicht einmal die modernsten Materialien hätten einem solchen Einschlag widerstanden. Der Flügel wurde abgerissen, der Rumpf trudelte kurz in der Luft, dann brach die Maschine auseinander und schleuderte Trümmer und Körper von sich, während sie vom Himmel stürzte.
Noch bevor die ersten Bruchstücke auf dem Boden aufschlugen, traf ein Bekennerschreiben in der Unisphäre ein, wobei der Versuch unternommen wurde, die Adressspeicher einer jedenPerson zu infiltrieren, die einen Zugangscode besaß – was auf etwa fünfundneunzig Prozent der Menschheit zutraf. Das Übertragungsformat war so neu, dass die Mehrheit der kommerziellen Schutzmaßnahmen umgangen wurde, obwohl das Netzknotenprogramm der Unisphäre sich zuletzt auf den Eindringling einstellen und seine Verbreitung blockieren konnte. Doch bis dahin hatte die Nachricht schon ein paar Milliarden Menschen erreicht, die sich darüber ärgerten, dass die kleine Datei es in ihren Speicher geschafft hatte. Die meisten waren unisphärenerfahren genug, um ihre e-Butler-Software zu veranlassen, das lästige Ding zu löschen.
Diejenigen, welche die Datei dennoch öffneten, lasen folgenden Text:
Die Armee zur Befreiung Merioneths vermeldet die Auslöschung weiterer Dynastie-Parasiten. Unser Team auf Nova Zealand hat heute einen erfolgreichen Schlag gegen unsere Unterdrücker geführt. Unser Kampf wird weitergehen, bis unser Planet von den wirtschaftlichen Fesseln befreit ist, die ihm die Dynastie-Oberhäupter angelegt haben.
Wir fordern alle Dynastie-Mitglieder auf, ihren Einfluss geltend zu machen und ihre Führungen dazu zu bewegen, mit unserer Regierung zu verhandeln. Kommen Sie unserer Forderung nach Freiheit und Würde nicht nach, wird dies zu weiteren Eliminierungen ihrer wertlosen Spezies führen. Wir werden es nicht länger hinnehmen, dass unsere Steuern dazu verwendet werden, euren dekadenten Lebensstil zu finanzieren.
Der e-Butler von Senior Investigator Paula Myo löschte das Bekennerschreiben, bevor es ihr Unisphären-Interface erreichte. Sie besaß die lernfähige Programmversion mit Echtzeit-Update-Funktion zur RI des Direktorats für Schwerverbrechen, insofern wusste ihr e-Butler, womit er es zu tun hatte.
Paula war zu diesem Zeitpunkt gerade ihrem Dekorateur gegenüber um Freundlichkeit bemüht. Der Mann lief im Wohnzimmerihres neuen Apartments umher und schüttelte dabei den Kopf, als ob es galt, die Sixtinische Kapelle zu restaurieren.
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