Die Daemonenseherin
also, wenn man bedenkt, dass sie Seher sind.«
»Ich schätze, man kann die beiden wohl als Zeugen bezeichnen«, meinte Logan trocken. »Und als Lebensretter.« Er deutete auf die Stühle. »Setzt euch, ich möchte euch einen Gast vorstellen.«
Sobald die Jungs ihre Plätze eingenommen hatten, winkte Logan Alessa neben sich. »Das ist Alessa Flynn, die Zeugin, von der ich euch erzählt habe«, begann er. »Sie hat den Mord am Professor mit angesehen und wurde vor ein paar Tagen selbst Opfer eines weiteren Anschlags des Maskierten.«
Er sah das Stirnrunzeln, das Alessas Anblick und ihr Name auf den Gesichtern seiner Männer hervorriefen, und wusste genau, dass sie sie wiedererkannten. Es dauerte nur wenige Herzschläge, ehe Jones sich räusperte.
»Boss«, setzte er an. »Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen? Wegen unserem Fall. Ich habe da –«
»Das wird nicht nötig sein. Ich weiß, wer sie ist.«
Schweigen folgte seinen Worten. Obwohl die Männer noch immer scheinbar normal dasaßen, entging Logan die Wachsamkeit nicht, mit der sie Alessa bedachten. Und nicht nur einer hatte die Hand näher an die Waffe gerückt.
Logan gab vor, es nicht zu bemerken. Er legte Alessa eine Hand auf die unverletzte Schulter und führte sie zu einem Stuhl. Selbst durch ihre Jacke hindurch konnte er ihre Anspannung spüren, als hätte sich ihr Körper unter den Blicken der Männer in Stein verwandelt.
Er wartete, bis sie sich gesetzt hatte, ehe er sich im Stuhl neben ihr niederließ und in die Runde sah. »Während der letzten Tage ist einiges geschehen, worüber ich mit euch sprechen möchte. Ihr alle wisst von dem Mord an Professor Sparks.« Zum ersten Mal berichtete er ihnen davon, was Alessa in der Wohnung des Professors gesehen hatte und wie sie bald darauf selbst von dem Maskierten angegriffen worden war. Er erzählte von ihrer verschwundenen Freundin und wie er durch Averys Anruf herausgefunden hatte, dass sie auf seiner Liste stand. »Ich war schon auf dem Weg, nach ihr zu suchen, um sie an die Gemeinschaft auszuliefern«, sagte er mit Blick auf sie, »als sie mich anrief – aus dem Krankenhaus.« In knappen Worten schilderte er den erneuten Angriff auf Alessa, bei dem auch Parker und Kent verletzt worden waren. Schließlich fasste er noch zusammen, was er über die beiden ausgestiegenen Seher wusste.
»Alessa hat einen Weg gefunden, den Dämon unter Kontrolle zu halten, sodass er keine Gefahr ist – zumindest nicht, solange sie nicht auf ihre Kräfte zurückgreift.« Er sah zu Alessa. »Vielleicht kannst du uns kurz beschreiben, wie du es machst.«
Sie lächelte unsicher. »Ich habe gelernt eine Art Mauer aufzubauen, hinter der ich meine Kräfte und den Dämon abschotte«, erklärte sie ein wenig stockend. »Solange ich meine Fähigkeiten nicht einsetze, bekommt der Dämon keine Nahrung und kann auch nicht wachsen.«
»Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst, Boss«, gab Reese zu. »Warum ist sie hier? Warum hast du sie noch nicht an die Gemeinschaft übergeben?«
»Ich habe nicht vor sie auszuliefern, weder jetzt noch irgendwann«, sagte er fest. »Ich werde sie von diesem Dämon befreien. Vielleicht allein, vielleicht in Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft – sofern sie mir für ihre Sicherheit und Unversehrtheit garantieren können. Aber eines werde ich nicht zulassen: dass ihr etwas zustößt.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir zulassen können, dass sie weiterhin frei herumläuft.« Jones saß aufrecht in seinem Stuhl. Seine anfängliche Gelassenheit war jetzt nur noch Fassade. Seine Haltung war angespannt, er war bereit zu handeln, falls es nötig sein sollte. »Wir haben alle gesehen, was auf dem Leith Walk passiert ist. Verdammt, es ist gerade mal eine Woche her, dass diese Dämonenbiester drei Seher zerrissen haben – und ich persönlich habe diese Bilder noch sehr deutlich vor Augen. Ich möchte das nicht noch einmal sehen müssen.«
Logan spürte, wie ein Ruck durch Alessa ging. »Drei von uns sind tot?«, flüsterte sie, schlagartig bleich geworden. »Wer war es? Wie ist es passiert?«
»Sichtlich haben sie vergessen, wie man diese Mauer baut«, sagte Fletcher kalt.
»Logan, wer war es?«, verlangte sie zu wissen.
Logan hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass sie die Toten kannte, vielleicht sogar mit ihnen befreundet gewesen war, deshalb hatte er ihr nichts davon erzählt. Es dauerte einen Moment, bis er sich an die Namen aus der Akte erinnerte. »Hartford, Milton und
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