Die Daemonenseherin
sie das nächste Mal besuchen kam, schlief Alessa und wachte die ganze Zeit über nicht auf, die er an ihrem Bett saß. Logan war froh, dass der Seher ihren Wunsch nicht erfüllt und sich stattdessen an ihn gewandt hatte. Das rechnete er ihm hoch an.
Am vierten Tag ging es Alessa bereits besser. Sie schlief nicht mehr so viel und die Schmerzen schienen allmählich nachzulassen. Die Fäden hielten und an den Wundrändern deutete nichts auf eine beginnende Entzündung hin.
»Ich gebe eine Salbe auf den Verband, damit es besser heilt«, erklärte er beim Verbandswechsel und schraubte die Tube auf.
Alessa nickte. »Was ist mit dem Dämon? Ist er größer geworden?«
Während er die Salbe aus der Tube auf den frischen Verbandmull drückte, warf er einen Blick auf den Schatten, der allen Angriffen zum Trotz unverändert unter dem Schnitt lag. Die Haut wölbte sich leicht, doch soweit er es beurteilen konnte, war er nicht wieder gewachsen. »Sieht gut aus. Immer noch faustgroß. Ich glaube nicht, dass er sich von deinem Skalpellangriff erholt, solange du ihn nicht mit deinen Kräften auftankst.«
Sie schloss erleichtert die Augen und hielt still, bis er den Verband befestigt und ihren Pyjama wieder zurechtgezogen hatte. Erst dann sah sie auf. »Wie geht es jetzt weiter?«
»Darüber brauchst du dir deinen Kopf erst zu zerbrechen, wenn du wieder auf den Beinen bist.«
»Glaubst du wirklich, dass das funktioniert?«
»Dich dazu zu bringen, stillzuhalten?« Er seufzte. »Vermutlich nicht.«
»Du hast dir doch sicher schon Gedanken gemacht«, bohrte sie weiter.
»Als Erstes müssen wir meine Männer einweihen.« Andernfalls bestand die Gefahr, dass sie früher oder später auf Alessa stießen. Er wollte nicht warten, bis es so weit war, sondern schon vorher mit ihnen sprechen. Schon mehr als einmal hatte er den Blackberry in der Hand gehabt, um Avery anzurufen und ihm zu sagen, dass sie Alessa von ihrer Suchliste streichen sollten, hatte das Telefon aber stets wieder weggelegt. Es war besser, persönlich mit seinen Männern zu sprechen – und Alessa sollte dabei sein. Natürlich hätte er einfach befehlen können, dass sie Alessa in Ruhe ließen, er wollte jedoch, dass sie ihre Geschichte hörten. Auf diese Weise würden sie nicht nur blind einen Befehl ausführen, sondern auch begreifen, warum er das von ihnen verlangte.
»Wir fahren zu ihnen, sobald es dir besser geht.«
»Wir?« Er sah die Angst in ihren Augen aufflackern.
»Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, es ist das Beste, wenn sie dich kennenlernen«, legte er seine Gedanken offen. »Offiziell muss ich weiter meiner Arbeit nachgehen und kann deshalb vielleicht nicht rund um die Uhr bei dir sein – auch wenn ich das natürlich versuchen werde. Wenn ich wirklich wegmuss, will ich dich nicht ohne Schutz lassen. Dazu brauche ich das Team.«
»Und wenn du ihnen nicht sagst, auf wen sie aufpassen müssen, und ich sperre mich im Schlafzimmer ein, solange einer von ihnen da ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Die Jungs sind nicht dumm. Früher oder später würden sie Verdacht schöpfen – spätestens dann, wenn sie uns zusammen auf CCTV-Aufnahmen sehen. Es gibt einfach zu viele Zufälle, und ich will nicht, dass sie die Wahrheit auf diesem Weg herausfinden. Sie sollen es von mir persönlich hören.« Andernfalls würden sie ihr Vertrauen in ihn verlieren.
Alessa schien über seine Worte nachzudenken. »Du hast recht«, stimmte sie schließlich zu. »Ich denke, bis morgen bin ich wieder fit.«
»Übertreib es nicht«, mahnte er. »Wenn es ein paar Tage länger dauert, macht es auch nichts. Du bist hier in Sicherheit. Alles andere kann warten.«
*
Zwei Tage später ging es Alessa gut genug, dass sie darauf bestand, aufzustehen. »Bringen wir das Gespräch mit deinem Team hinter uns«, drängte sie und fügte leise hinzu: »Bevor mich der Mut verlässt. Und danach möchte ich Parker besuchen.«
Logan musterte sie eingehend, suchte nach Anzeichen für Schmerzen und Schwäche, doch abgesehen davon, dass ihre Bewegungen vorsichtiger als gewöhnlich waren und sie nach dem Frühstück ein paar Schmerztabletten einwarf, schien es ihr gut zu gehen. Gut genug für einen Ausflug ins Hauptquartier.
Nachdem Logan in der Zentrale angerufen hatte, um sicherzustellen, dass die Männer auch da sein würden – und dass Jackie nicht in der Nähe war –, machten sie sich auf den Weg.
Während der Fahrt sprach Alessa kaum ein Wort. Die
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