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Die Daemonenseherin

Die Daemonenseherin

Titel: Die Daemonenseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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telefonierte.
    »Die Intensivstation?«, rief Logan. »Wo ist die?«
    Einen Moment lang sah sie ihn vorwurfsvoll über den Hörer hinweg an, als wolle sie ihn über seine Unhöflichkeit belehren. Beim Anblick seines Gesichtes schien sie es sich anders zu überlegen und deutete in einen Gang zu ihrer Linken. »Folgen Sie den Schildern.«
    Logan rannte los.
    Seine Schritte hallten über den hellen Linoleumboden, der ebenso neu war wie das gesamte Gebäude. Die weißen Wände, die großflächigen Fensterfronten und eine Menge verbauten Stahls ließen den Bau kalt und steril wirken. Dieselbe Kälte, die er in seinen Eingeweiden verspürte. Er war noch immer wütend und fest entschlossen, Alessa an die Gemeinschaft zu übergeben. Erst jedoch musste er herausfinden, was ihr zugestoßen war.
    Er folgte den Wegweisern durch eine doppelflüglige Tür, hinter der ein breiter Gang auf eine Fensterfront zuführte, wo er in einem offenen Wartebereich endete. Die Wände wurden von Regalen gesäumt, in denen sich Kittel und Gesichtsmasken stapelten, die die Besucher der Intensivstation tragen mussten, um die Patienten vor Keimen zu schützen. Im Wartebereich wich das sterile Weiß, das sich überall wie ein Virus ausgebreitet hatte, einem freundlicheren Ambiente mit blassblauen Wänden und einem dazu passenden blaugrauen Teppich. Vor den Wänden und um einen Tisch herum standen klobige Stühle mit einem Rahmen aus hellem Holz und einer Polsterung im selben Blaugrau wie der Bodenbelag. In einer Ecke stand ein Ledersofa.
    Bis auf eine Frau, die vor dem Fenster saß und Kaffee aus einem Plastikbecher trank, war niemand zu sehen. Logan blickte sich nach einem Schwesternzimmer um, als die Schleuse zur Intensivstation aufging und eine Gestalt im Kittel herauskam. Er erkannte Alessa, noch bevor sie die Gesichtsmaske herunterzog. Sie blieb vor der Tür stehen und fuhr sich über die Augen, da entdeckte sie Logan.
    Mit einem gemurmelten »Gott sei Dank«, das er mehr von ihren Lippen ablas, als dass er es tatsächlich hörte, kam sie auf ihn zu. Ihre Bewegungen wirkten ungelenk, als hätte sie Schmerzen, und auf ihrer Stirn prangte ein großes Pflaster, trotzdem wurde sie mit jedem Schritt schneller, bis sie beinahe rannte. Dann hatte sie ihn erreicht und warf sich ihm an die Brust.
    Wie erstarrt stand Logan da und wusste nicht, was er tun oder wie er reagieren sollte. Er konnte ihre Angst und ihre Verzweiflung spüren, ebenso ihr Zittern. Nach einem langen Augenblick des Zögerns schloss er die Arme um sie.
    Erst jetzt, da er sie so nah bei sich spürte, wurde ihm bewusst, wie groß seine Sorge um sie gewesen war. Die ganze Zeit über hatte er gedacht, er würde sie auf der Station finden, schwer verletzt, womöglich im Sterben liegend. Die Angst um ihr Leben hatte seine Wut gedämpft. Da er nun wusste, dass sie unversehrt war, hätte sein Zorn zurückkommen sollen, doch stattdessen verspürte er nur Erleichterung.
    Sie wirke so hilflos und zerbrechlich in seinen Armen und er zog sie noch enger an sich. In diesem Moment erkannte er, dass er verloren war. Vielleicht hatte er nie eine wirkliche Chance gehabt gegen sie und die Gefühle, die sie in ihm hervorrief. In diesem Moment war es Logan vollkommen gleichgültig, was sie war – und wenn ihr Name tausendmal in Devons beschissener Akte stand, sie lag hier unversehrt in seinen Armen, alles andere war plötzlich nicht mehr wichtig. Er würde einen Weg finden, ihr zu helfen und sie von dem Dämon zu befreien, koste es, was es wolle.
    »Du zitterst.« Logan löste seine Umarmung und griff stattdessen nach ihrer Hand, doch sie entzog sich seinem Griff und trat einen Schritt zurück.
    Tränen schimmerten in ihren Augen. »Es tut mir leid, dass ich dich da mit reinziehe, aber ich wusste nicht … Es gibt sonst niemanden, den ich anrufen könnte.«
    »Mach dir um mich keine Sorgen.« Er hob die Hand und strich vorsichtig am Rande des Pflasters entlang, das auf ihrer Schläfe klebte. Behutsam schob er Alessa in den Wartebereich und brachte sie dazu, sich neben ihn auf das Ledersofa zu setzen »Was ist passiert?«
    »Wir waren in meiner Wohnung, als plötzlich der Maskierte auftauchte.«
    Atemlos hörte Logan zu, wie sie von ihrem Kampf gegen den Maskierten berichtete und davon, dass er zwei ihrer Freunde niedergeschossen hatte und schließlich geflohen war. »Kent hat eine Kugel in den Arm bekommen und Parker …« Sie atmete tief durch und unterdrückte ein Schluchzen. »Er wurde gerade operiert.

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