Die Daemonenseherin
und Jackie sagten, musste sie über Fähigkeiten verfügen, die jenseits seiner Vorstellungskraft lagen. Fähigkeiten, mit deren Einsatz sie ihre Freundin längst hätte aufspüren müssen.
»Warum, zum Teufel, setzt sie die nicht ein?« Oder hatte sie es versucht und war aus irgendeinem Grund gescheitert?
Sie schien tatsächlich weder gewusst zu haben, wo Susannah wohnte, noch, was ihr zugestoßen war. Darin, dass es nicht der Maskierte gewesen war, der Susannah verschleppt hatte, stimmte er mit Avery überein. Womöglich hatte die Gemeinschaft ihre Finger im Spiel.
Er trat auf die Schwelle zum Flur, wo seine Schwägerin noch immer auf dem Boden kniete und nach Spuren suchte. Sie wirkte erschöpft, trotzdem tasteten ihre Finger unaufhörlich über herumliegende Gegenstände, Dielen und Wände.
»Habt ihr in den letzten Tagen oder Wochen weitere Dämonenseher eingefangen?«
Jackie sah auf. »Devon baut darauf, dass du mit deinen Leuten mehr Glück hast.«
Wer hatte dann Susannah Hensleigh entführt? »Weiß außerhalb der Gemeinschaft noch jemand vom Projekt Samenkorn?
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Und das soll auch so bleiben.«
Susannah konnte das Opfer einer zufälligen Entführung geworden sein, was er jedoch ausschloss, denn soweit er von Morgan wusste, war bei der Polizei bisher keine Vermisstenanzeige aufgegeben worden. Abgesehen davon hatten Entführungsopfer Angehörige; Menschen, die bereit waren, Geld für die Freilassung ihrer Liebsten zu zahlen. Susannah war allein. Kein Entführer, der halbwegs bei Verstand war, würde sie als Opfer aussuchen.
Womöglich hatte doch jemand außerhalb der Gemeinschaft von den Versuchen Wind bekommen und erhoffte sich durch Studien an einer lebenden Dämonenseherin mehr über das Projekt und seine Wirkung herauszufinden.
Als Letztes blieb noch die Möglichkeit, dass die Experimente zwar offiziell für beendet erklärt und verboten worden waren, aber dennoch im Verborgenen fortgesetzt wurden.
Wenn ich herausfinde, dass du mich angelogen hast, Devon, dann reiß ich dir den Arsch auf!
Sein Handy klingelte.
»Was?«, bellte er in das Gerät, als er das Gespräch annahm.
»Logan?«
Es war Alessa. Ihre Stimme klang fremd und eigenartig gepresst. Nur mit Mühe unterdrückte er den Impuls, sie anzuschreien. Wenn er ihr jetzt Vorwürfe machte und sie wissen ließ, dass er ihr Geheimnis herausgefunden hatte, würde sie untertauchen und ihm – zumindest für den Augenblick – entwischen. Das wollte er nicht riskieren.
Einmal mehr zog er sich in die Küche zurück, um Jackie nicht jedes Wort des Gesprächs mithören zu lassen. Weder sie noch Devon brauchten zu erfahren, dass er Alessa auf den Leim gegangen war.
»Bist du dran?«
»Ja.« Dieses eine Wort kostete ihn all seine Beherrschung.
»Ich brauche deine Hilfe.«
Erst jetzt begriff er, was ihrer Stimme diesen eigenartigen Klang verlieh. Sie weinte. Ihre Tränen berührten einen Punkt in ihm, der seine Wut besänftigte. Er wusste, dass es falsch war, so zu empfinden. Natürlich tat sie ihm leid, doch sein Mitleid würde ihn nur in Schwierigkeiten bringen.
»Was ist passiert? Wo bist du?«
»Im Krankenhaus.« Sie war vollkommen aufgelöst, sodass es ihm schwerfiel, ihren folgenden Worten viel Sinn abzutrotzen. Alles, was er deutlich heraushören konnte, war, dass sie sich auf der Intensivstation der Royal Infirmary befand.
»Ich bin unterwegs.« Er unterbrach die Verbindung und kehrte mit großen Schritten in den Flur zurück. »Ich muss weg, Jackie. Einer meiner Jungs wird dich einsammeln und an den anderen Tatort bringen.«
Ohne eine Erklärung oder ein Wort des Abschieds stürmte er aus der Wohnung, die Treppen nach unten. Auf dem Weg zu seinem Wagen rief er Avery an und beauftragte ihn, dafür zu sorgen, dass jemand Jackie abholte.
15
L ogan jagte den Defender durch die Innenstadt, am Holyrood Park vorbei und stadtauswärts in Richtung Südosten. Auf der Old Dalkeith Road überholte er jedes Fahrzeug, das ihm in die Quere kam, und raste weiter.
Er wagte gar nicht, sich auszumalen, was Alessa zugestoßen sein mochte. Im Moment konnte er nur hoffen, dass es nichts mit dem Dämon zu tun hatte und dass es sie nicht das Leben kosten würde. Dass sie immerhin imstande gewesen war, ihn anzurufen, minderte seine Sorge nicht im Geringsten.
Auf dem Krankenhausparkplatz stellte er den Wagen ab und rannte auf die Glasfront des Haupteingangs zu. An einem Pult hinter der Tür saß eine Empfangsdame und
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