Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)
schon gut, bleib ruhig. Dreihundert. Also abgemacht. Aber du bist ein Gauner. In dieser Stadt kann man wirklich niemandem trauen.»
Münzen klimperten. Grubb rollte sich auf die Seite. Die Stimmen schienen leiser zu werden, dennoch war er sich ziemlich sicher, dass sie seinen Eltern gehörten.
«Wo wart ihr?», fragte er sie. «Ich bin so froh, dass ihr wieder da seid. Warum habt ihr mich wieder allein gelassen?»
«Wach auf», sagte sein Vater.
«Aber es ist noch dunkel. Ich bin so müde …»
«Wach auf, Bastard, hab ich gesagt.»
Eiskaltes Wasser traf ihn im Gesicht. Grubb fuhr in die Höhe, pitschnass und hellwach.
«Das hat also gewirkt, ja?»
Da fiel ihm alles wieder ein.
Das Päckchen.
Die Katze.
Die Dächer.
Der Sturz.
Er saß auf einem behelfsmäßigen Bett aus Stroh, das man auf einem Steinboden aufgeschüttet hatte, und trug immer noch das feine Hemd und die Jacke des Wichtels. Der gelbe Schein einer Laterne ergoss sich auf einen Kobold, der über ihm kauerte – und extrem gereizt aussah. Jetzt, wo Grubb wach war, erstaunte es ihn nicht weiter, festzustellen, dass der Kobold doch nicht sein Vater war.
Aus den Augenwinkeln sah er im Dunkeln riesige Eichenfässer, die sich an den Rändern des Raums türmten. Ein Keller, irgendwo. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Stunden? Tage?
«Und der hier», sagte der Kobold und stellte den leeren Wassereimer ab, «schlägt dem Fass den Boden aus. Einen mickrigen Schnapsbudengehilfen anzuschleppen. Einen Bastard. Was zum Seeteufel soll ich mit ihm anfangen?»
Der andere zuckte die Achseln. Er stand im Schatten, doch vom Türeingang fiel ein schmaler Lichtstreifen seitlich in sein Gesicht – blasse, sommersprossige Haut, rote Haare, ein funkelndes Auge, gelb wie das einer Katze …
«Ich konnte ihn ja schlecht auf der Straße liegen lassen. Er hat gesehen, wie ich es genommen habe.»
«Warum hast du ihn dann nicht um die Ecke gebracht? Du bist einfach zu weich, das ist dein Problem.»
Der Gestaltwechsler ignorierte das und betrachtete seine Fingernägel.
Mit einem langen Seufzer stand der Kobold auf.
«Also gut, du kannst verschwinden. Dein Geld hast du ja. Wir sind fertig.»
«Sehr wohl. War mir ein Vergnügen, mit dir Geschäfte zu machen, Jeb.»
Die Tür öffnete und schloss sich mit einem Knall.
Der Kobold namens Jeb kratzte sich am Kopf und betrachtete Grubb. Seine Kleidung sah teuer aus, war aber so wild zusammengewürfelt, dass sie nicht zusammenpasste. Er trug eine kanarienvogelgelbe Jacke mit einer dunkelblauen Weste, schwere goldene Ohrringe und eine Gürtelschnalle, an der die Juwelen nur so blitzten. Grubb sah schwarzen Samt aus seinem Gürtel ragen. Das Päckchen, das die Katze in der Nacht zuvor gestohlen hatte. Oder war es zwei Nächte zuvor gewesen?
«Hast du gut geschlafen, ja?», erkundigte sich Jeb.
«Ja, danke», sagte Grubb.
Er streckte vorsichtig das Bein aus und stellte fest, dass er keinerlei Schmerz verspürte.
«Mein Bein …»
«Dafür kannst du dich bei der rothaarigen Laus bedanken», sagte der Kobold säuerlich. «Und jetzt steh auf. Du kommst mit mir.»
«Wo bin ich?»
«Das wirst du schon noch merken. Hoch mit dir!»
Grubb stand langsam auf. Seine Beine waren ganz steif. Er war sich nicht sicher, ob er Jeb wirklich begleiten wollte, doch es sah nicht so aus, als hätte er die Wahl.
«Sind Sie ein Freund von Phineus Clagg?», fragte er.
«Was? Nein. Freunde sind was für Trottel. Ich bin Geschäftsmann.»
«Und … was wollen Sie mit dem Päckchen machen?»
Der Kobold grinste und fuhr sich mit der Zunge über die spitzen Zähne.
«Es verkaufen natürlich.»
«Aber es ist –»
«Das reicht.» Er schubste Grubb zur Tür. «Du bist ein kleiner Störenfried, was? Erst stellst du mitten in der Nacht einem Gestaltwechsler nach, dann liegst du den ganzen Tag herum und schnarchst und stöhnst, und jetzt fragst du mir ein Loch in den Bauch. Für wen hältst du dich, einen Dämonenwächter oder so etwas?»
Grubb konnte sich nicht zurückhalten.
«Er hatte kein Recht, es zu nehmen. Und Sie auch nicht.»
Das trug ihm einen Schlag auf den Hinterkopf ein.
«Au!»
«Halt die Klappe, Bastard. Kapiert?»
Grubb nickte. Widerspruch schien nicht viel Zweck zu haben.
Jeb stieß ihn durch die Tür und eine steinerne Treppe hinauf. Grubb spürte, wie sein Herz klopfte. Der Gestaltwechsler mochte sich um ihn gekümmert haben, aber er war alles andere als überzeugt, dass Jeb das Gleiche tun würde. Jemand, der
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