Die Daemonin des Todes
Urlaubspläne besprachen. Eine von ihnen blickte zu Buffy auf, die zum wiederholten Male ihr Anliegen vorbrachte. Angel stand an ihrer Seite.
»Zimmer 401«, sagte eine Schwester namens Leyla und wies den Gang hinunter. »Sie hat Glück; sie ist im Moment die Einzige, die dort liegt. Aber die Besuchszeit ist längst vorbei.«
Buffy wollte schon losbrüllen, aber Angel legte eine Hand auf ihren Arm und sah die Schwester an.
»Bitte, nur ein paar Minuten«, erklärte er. »Es ist ihre Mutter. Wir haben gerade erfahren, dass sie hier eingeliefert wurde…«
Die Schwester zögerte nur einen kurzen Moment, bevor sie zustimmend nickte.
Buffy sah Angel an, und zusammen eilten sie auf Zehenspitzen den Gang hinunter.
Hastig stieß sie die Tür auf. Ihre Mutter lag mit geschlossenen Augen im Bett und hatte ein Krankenhausnachthemd an. Eine Konstruktion aus drei Lampen umgab den oberen Teil ihres Kopfes wie irgendein Gehirnchirurgieapparat aus einem Sciencefictionfilm.
»Wo ist ihr Krankenblatt?«, wisperte Buffy.
Joyce öffnete die Augen und lächelte schläfrig.
»Buffy.«
»Mom.« Buffy machte eine halbe Drehung. Angel hatte das Zimmer verlassen und wartete draußen auf dem Gang. Sie sah seinen Schatten im Schein der Deckenbeleuchtung. »Mom, was ist passiert?«
»Mir wurde plötzlich so schlecht. Dr. Martinez war…« Sie machte eine müde Handbewegung. »Es gibt eine Spezialistin. Dr. Cole… Cole…« Ihre Augenlider flatterten. »Ich kann mich nicht erinnern.«
»Schon gut, Mom.« Buffy nahm ihre Hand und beugte sich zu ihr hinab. Liebevoll strich sie eine Haarsträhne aus Joyces Stirn. »Kann ich irgendetwas für dich tun? Hast du Schmerzen?«
»Jetzt nicht mehr.«
Wann hast du Schmerzen gehabt?, wollte Buffy alarmiert fragen, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
»Schlaf ruhig, Mom. Ich komme dich morgen früh besuchen.« Buffy lächelte sie an und küsste sie auf die Stirn.
»Okay, Schätzchen.« Sie war bereits wieder halb eingeschlafen. Ihre Worte klangen undeutlich. »Hast du die Bösen erwischt?«
»Ich hatte einen total langweiligen Abend«, sagte Buffy beruhigend.
»Es sind noch Schweinekoteletts da«, murmelte Joyce. »Eine neue Großpackung Eis…«
»Mom, mir geht’s gut. Ich bin nicht hungrig.«
»Zu dünn.« Die Hand ihrer Mutter tastete matt nach Buffys Gesicht. »Liebe dich.«
Die Hand sank langsam aufs Bett. Buffy drückte sie kurz, löste sich dann vom Bett und eilte auf den Gang.
»Wo ist der Arzt?«, fragte sie mit lauter Stimme. »Ich will wissen, warum…«
»Buffy«, unterbrach Angel sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck. »Das ist Dr. Leah Coleman.«
Dr. Leah Coleman war uralt. Es gab kein anderes Wort dafür. Ihr Gesicht war sehr blass und extrem runzlig, und ihre Lippen waren von Dutzenden Fältchen umgeben. Ihr Haar war schlohweiß und kurz geschnitten, und an ihren verhutzelten Ohrläppchen, die in ihren besseren Tagen offenbar praller gewesen waren, hingen Perlenohrringe.
»Ich bin eine Spezialistin aus New York«, erklärte sie grußlos. »Mein Kollege Dr. Martinez hat mich gebeten, den Fall Ihrer Mutter zu untersuchen.«
»Ihren… Fall?« Entsetzt und trostsuchend sah Buffy Angel an.
Aber obwohl Angel körperlich an ihrer Seite weilte, war er mit den Gedanken eindeutig woanders.
Manhattan 1944
Er saß in einer Gasse, die mit Plakaten vollgeklebt war, auf denen die Bevölkerung aufgefordert wurde, Kriegsanleihen zu kaufen und sich an die Verdunkelungsvorschriften zu halten. Wahrscheinlich war ihm die Ironie nicht bewusst, aber er hockte unter einem Plakat mit der Aufschrift »IST DIESE REISE WIRKLICH NOTWENDIG?«
Er starrte vor Dreck und stank, und obwohl es in New York City weit mehr Ratten gab als Teutonen, die für Hitler kämpften, stand er praktisch kurz vorm Verhungern. Er konnte es kaum über sich bringen, sie auszusaugen, denn er wollte sterben.
Angel, ehemals Angelus, der mit dem Engelsgesicht, befand sich noch immer im Würgegriff der lähmenden Schuld, die ihn überwältigt hatte, als die rachsüchtige Kalderash-Zigeneunersippe seine Seele zurückgeholt hatte. Jetzt musste er mit der Schuld an all den Untaten leben, die er begangen hatte, während ein Dämon seinen Körper bewohnt und seine Seele in Äther geruht hatte.
Er konnte damit nicht leben. Er konnte die qualvolle Reue keine Sekunde länger ertragen. Die Scham hatte ihn fast um den Verstand gebracht, und es gab keine Möglichkeit für ihn, Erleichterung zu finden.
In der
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