Die Dame aus Potsdam
kommst doch nicht, um ein unschuldiges Mädchen zu erschrecken?«
»Bleib liegen in deiner Lustmolle, und erzähl mir alles, was du von Immobilien-Munskau weißt. Aber fang nicht an zu phantasieren, wenn dein Kopf leer ist und das Archiv nichts hergibt. Ich hab’s eilig.«
Mauser angelte nach einer Flasche Mineralwasser und trank gierig ein paar Schlucke. »Oha, das war eine hochprozentige Nacht, und Monique hat Feuer im Hintern. – Hängt deine Frage mit dem Mord beim alten Bismarck zusammen? Ich hab’ mich schon gewundert, daß kein Schwanz auf meinen großartigen Artikel reagiert hat.«
»Du hättest noch dicker auftragen müssen. Also, was weißt du?«
»Es geht doch um den Laden in der Adenauerallee?«
»Ja.«
»Die Munskaus sind nicht unbekannt, und ihre Geschäfte laufen bestens; die haben ein paar ganz dicke Fische an Land gezogen. Der Mann, Stefan heißt er, hat vor der Wende bei der Ständigen Vertretung gearbeitet. Die Frau stammt aus Bonn und wurde erst brav, nachdem sie geheiratet hat. Das war damals eine kleine Sensation – große Liebe über alle politischen Schranken hinweg. Ich habe rührende Bilder im Archiv. Aber wenn du mich fragst – dahinter steckten ganz sicher konspirative Absichten, sonst hätten diese Mielke-Kasper niemals zugelassen, daß ein Botschaftsangehöriger der DDR ein Mädchen aus Bonn heiratet. Aber dann fiel die Mauer; wir haben einen neuen Staatsfeiertag, und die beiden machen tolle Geschäfte. Erst kürzlich haben sie aus der Konkursmasse der Firma LATUS ein teures Objekt vermittelt. Hartenstein – Kfz-Zubehör – hat sich die Millionenchose gesichert.«
»Da werd’ ich mich mal beraten lassen.«
»Blamier dich nicht, Schutzmann! – Wenn du nicht aufpaßt, haben dir die beiden Cleverlinge eure Erbvilla unter dem Hintern weg verkauft. Tu gar nicht erst so, als hättest du geschäftliche Interessen. Die haben gewiß ein paar schwarze – oder besser rote – Flecken auf der Seele. Beim Wort Polizei werden sie bestimmt noch begeisterter sein als meine geflüchtete Gespielin.«
»Okay, und nun die Bilder!«
»Nun mal langsam! Fotos sind teuer, Pressefotos noch teurer. Ich muß damit schließlich mein Geld verdienen.«
»Los – hoch den Arsch! Ich habe wenig Zeit.«
Mauser murmelte was von »unverschämt«, warf dann aber die Decke mit dem blau-weißkarierten Bezug zurück und stand auf.
Lupus hielt sich demonstrativ die Hand vors Gesicht und stöhnte: »Es gibt keinen schrecklicheren Anblick als einen schrumpeligen Mann am Morgen danach.«
Mauser fand schnell, was er suchte: zwei Schwarzweißfotos, die er bei seinem Interview anläßlich der deutsch-deutschen Liebeshochzeit aufgenommen hatte.
Lupus nahm sie ihm aus der Hand. »Die Bilder schenkst du mir. Deutschlands Polizei dankt. Auf Wiedersehen!«
»Wenn was dabei herauskommt, erhalte ich’s exklusiv. Versprochen?« rief Mauser ihm nach.
Lupus knurrte. »Schreib demnächst bessere Geschichten, damit auch die Polizei davon profitiert.«
Der Stau auf der Oxfordstraße erforderte mehr Zeit als das Gespräch mit Presse-Mauser. Aber es gab keinen anderen Weg zur Adenauerallee als durch das Nadelöhr am Bertha-von-Suttner-Platz. Die Innenstadt war Fußgängerzone. Vor dem Haus Immobilien-Munskau hoppelte Lupus über die Bordsteinkante und ließ UNI 81/12 im Halteverbot stehen. Er hatte nach den Hinweisen Mausers auf die dubiosen Mitarbeiter und Geschäftsfreunde der Firma nicht vor, allzuviel Wohlwollen an den Tag zu legen. Leuten mit Geld und vermeintlich guten Beziehungen mußte man nach seiner Erfahrung gleich kräftig auf die Füße treten, dann würden sie auch vernünftige Antworten auf wichtige Fragen geben.
Das Büro war im Stil moderner Sachlichkeit eingerichtet. An einer Wand mit Klemmleiste steckten Dutzende von Fotos der verschiedenen Objekte, die hier im Angebot waren; von kleinen Einfamilienhäusern über Villen auf dem Venusberg bis hin zu gewerblichen Bauten, die Millionenwerte verkörperten, war alles vorhanden. Der Sog nach Berlin tat seine Wirkung.
Eine junge Sekretärin, die hinter dem Bildschirm eines Computers hervorblickte, fragte distanziert höflich, womit sie dienen könne.
»Ich möchte den oder die Geschäftsinhaber sprechen – mein Name ist Müller.«
»Und in welcher Angelegenheit bitte?«
»Geschäftlich und persönlich – meine Zeit ist bemessen.«
Die Sekretärin mußte auf einen verdeckten Knopf gedrückt haben, denn sofort öffnete sich die
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