Die Dame aus Potsdam
Wahrheitsfindung. Und darum gleich wieder zu Ihnen: Worüber haben Sie mit Hartenstein und Randolf in der Theaterklause nun wirklich gesprochen?«
Stefan Munskau sah seine Frau so an, als ob er um Nachsicht bitten müßte. »Ach… also es ging um eine Mitarbeit und Spende für den Distel-Club in Potsdam, dem auch einige Ehemalige des MfS angehören.«
»Und? – Wieviel?«
»Zehntausend.«
»Und damit haben Sie sich freigekauft«, stellte Lupus fest, ohne Widerspruch zu finden.
Ellen Munskau schüttelte verständnislos den Kopf.
»Ich wollte schnell davon abkommen und habe bar bezahlt. Dann bin ich gegangen. Randolf und Hartenstein sind noch geblieben, um ein paar geschäftliche Dinge zu besprechen. Worum es dabei ging, weiß ich wirklich nicht.«
Lupus richtete seinen Blick auf Ellen Munskau. »Und nun möchte ich von Ihnen etwas über Bernd Kalisch hören. Er wird als Junggeselle wohl einiges Interesse an Frauen haben – oder ist er andersherum?«
Ihr Lächeln wirkte verzerrt. »Nein, das ist er nicht; er ist in Bonn schon sehr begehrt. Ich weiß, daß er auch hin und wieder mit Silke Marino, einem Starlet aus Potsdam, zusammen war, die jetzt bei einer amerikanischen Werbefilmagentur arbeitet. Aber sonst – «
»Und wie sieht es mit dem Rest der Wahrheit aus?«
Ellen Munskau sagte sehr leise: »Seine große Liebe war wohl Beate Randolf. Aber das hatte ein Ende, als er hier bei der Ständigen Vertretung eingesetzt wurde.«
»Danach lief gar nichts mehr?«
»Meines Wissens nicht. Wir haben ihn ja eingeladen, damit er seine inzwischen verheiratete Freundin wiedersehen konnte.«
»Vielleicht ist Ihnen mittlerweile auch wieder eingefallen, daß Frau Randolf gestern so gegen elf Uhr bei Ihnen einen Besuch gemacht hat?«
Ellen Munskau war den Tränen nahe. »Nun ja, sie steht doch jetzt ganz allein da.«
»Dann wissen Sie wohl auch, daß die Dame am Sonntag nicht mit dem Bonn-Zirkel nach Potsdam zurückgefahren ist? Am Montag war sie angeblich in Köln, um Kunstschätze anzusehen.«
»Das wußten wir nicht – ganz bestimmt nicht. Davon hat sie uns erst gestern erzählt.«
»Was hatten Sie für einen Eindruck von dem Wiedersehen zwischen Beate Randolf und Bernd Kalisch? – Hatten die beiden sich noch was zu sagen nach den Jahren der Trennung?«
»Doch, doch«, bestätigte Ellen. »Das Gespräch lief sehr gut. Die mögen sich noch – so habe ich es jedenfalls empfunden.«
»Kalisch hat sie nach dem Essen zum Hotel gebracht«, ergänzte Stefan Munskau lächelnd. »In dem Sinne hat er sich jedenfalls mit Beate von uns verabschiedet.«
»Haben die beiden sich später noch einmal getroffen?«
Ellen Munskau hob die Schultern. »Bei uns nicht.«
Lupus schlug wieder einen vernehmungstaktischen Haken. »Wie stehen Sie zu Hartenstein?«
Stefan Munskau preßte einige Sekunden die Lippen zusammen und antwortete dann vorsichtig: »Man kann sich seine Geschäftspartner nicht immer aussuchen. Hartenstein hat schon wieder viel Einfluß erlangt. Wir legen aber keinen Wert darauf, uns zu seinen Freunden zu zählen.«
»Wegen der alten Geschichten?«
»Ja, verdammt, ich will mit den Seilschaften nichts mehr zu tun haben. Und von seinen wirklichen Geschäften möchte ich besser nichts wissen.«
Lupus federte aus seinem Sessel hoch. »Ich danke Ihnen, das war’s dann vorläufig. Wir werden das Gespräch zu gegebener Zeit fortsetzen müssen. Sie werden mir sicher zustimmen, daß es hier einige Damen und Herren gibt, die den Toten vom Bismarckturm gut gekannt haben.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Und die zur Tatzeit in Bonn waren. Auf Wiedersehen.«
Peters stand vor dem Ausgang des Präsidiums bereit, um Beate Randolf zu observieren. Er unterhielt sich mit einem Kollegen vom Objektschutz, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. In der Nähe der U-Strab-Haltestelle Landesbehördenhaus war ein ständiges Kommen und Gehen. Jetzt kam hinzu, daß die Mittagspause bevorstand und die ersten »Fremdesser« zur Kantine strebten, um sich, der besseren Verdauung wegen, einen ausgiebigen Aperitif zu gönnen. Vor der Konrad-Adenauer-Brücke war Stillstand; einige ungeduldige Autofahrer versuchten, sich mit gewagten Fahrmanövern in den Süd-Nord-Verkehr einzufädeln. Das waren ideale Voraussetzungen, einer Zielperson unbemerkt zu folgen.
Beate Randolf hatte sich inzwischen von Ahrens, der sie nach draußen begleitet hatte, verabschiedet und ging zielstrebig zur Haltestelle; sie löste am Schalterautomaten
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