Die Dame aus Potsdam
gegenüberliegende Tür. Die Frau mit dem halblangen, kastanienbraunen Haar musterte diskret den Besucher, bevor sie sagte: »Wenn Sie mit mir persönlich sprechen wollen – ich habe ein paar Minuten Zeit.«
Lupus dankte, trat ein und zog die Tür hinter sich zu. »Sie sind Frau Ellen Munskau, Inhaberin des Geschäfts?«
»ja, bitte, was kann ich…«
Er zog seinen Dienstausweis. »Kriminalhauptmeister Müller, Polizeipräsidium Bonn, I. Mordkommission. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Das war keine Eröffnung, die Ellen Munskau ein gutes Geschäft erwarten ließ. Sie wurde blaß unter ihrem Make-up. »Aber… Wieso…? Darf mein Mann dazukommen?«
Lupus nickte. »Wenn er sofort verfügbar ist, gern.«
Ellen Munskau schaltete die Gegensprechanlage ein und sagte nur: »Könntest du bitte zu mir kommen? Es gibt etwas zu besprechen.«
Der blonde Mann, der gleich darauf ins Zimmer trat, war für Lupus ein Riese, der allerdings bei dem Wort Mordkommission schon nicht mehr ganz so großartig wirkte.
Lupus ließ alle Höflichkeitsfloskeln beiseite. »Ich ermittle in der Mordsache am Bismarckturm…«
Stefan Munskau zuckte zusammen. »Was haben wir denn mit dem Tod von Valentin Randolf zu tun?«
»Wie ich höre, wissen Sie sogar, wer der Tote ist.« Lupus sah ihn kalt an.
»Ja, natürlich! Die örtlichen Zeitungen haben…«
Lupus schnitt ihm mit einer Handbewegung die weitere Antwort ab, »Sie haben also den Toten gekannt und sich nicht gemeldet, als sein Bild am Dienstag in der Presse erschienen ist und die Bevölkerung um Hilfe bei der Identifizierung gebeten wurde. Können Sie mir dafür eine plausible Erklärung geben?«
»Das Bild war so…«
»Das Foto konnte gar nicht besser sein. Aber damit Sie sich weitere Ausflüchte ersparen: Frau Randolf hat den Toten inzwischen als ihren Ehemann Valentin identifiziert. Wir kennen auch schon die Vergangenheit des Mannes, und ich nehme an, Sie als ehemaliger Angehöriger der Ständigen Vertretung Ost in Bonn kennen sie genausogut.«
Stefan Munskau versuchte Zeit zu gewinnen und antwortete langsam: »Nun, er war beim MfS, und ich habe aus persönlichen Gründen geschwiegen, um die Vergangenheit nicht aufzurühren.«
Lupus schüttelte den Kopf. »Das war nicht sehr klug von Ihnen. – Frau Munskau, an Sie die Frage: Haben Sie den Toten auch gekannt?«
»Wieso sollte ich?«
Lupus hatte das Spiel endgültig satt. »Wer mit Genehmigung des Staatssicherheitsdienstes geheiratet hat, muß doch wohl einige Leute kennen, mit denen der von drüben stammende Ehemann zu tun gehabt hat. Ich möchte Sie dringend bitten, entweder meine Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten oder zu erklären, daß Sie nicht aussagen wollen – das dann aber in Form eines Protokolls im Präsidium.«
»Entschuldigen Sie bitte; wir haben nichts zu verschweigen. Ich weiß von meinem Mann nur, daß der Tote eine hohe Funktion im Ministerium für Staatssicherheit gehabt hat. – Und damit wollten wir einfach nichts mehr zu tun haben.« Leiser fügte sie hinzu: »Was ja auch verständlich ist.«
»Haben Sie Valentin Randolf getroffen – in Bonn oder an einem anderen Ort?«
Stefan Munskau antwortete jetzt ohne Zögern. »Ja, einige Male. Oberst a. D. Randolf hatte, ein gutgehendes Transportunternehmen. Noch kürzlich hat er einen Abstecher nach Bonn gemacht.«
»Davon weiß ich ja nichts«, wunderte sich Ellen Munskau.
»Ach, nichts von Belang. Er hat sich mit Hartenstein und mir in der Theaterklause getroffen.«
Lupus wechselte abrupt das Thema. »Sie hatten am Samstag abend Gäste zum Essen. Damit Sie nicht wieder in die Verlegenheit kommen, sich an Namen erinnern zu müssen, helfe ich Ihnen auf die Sprünge. Dabei waren: Frau Randolf, Ingenieur Kalisch und Kaufmann Hartenstein mit Begleiterin. Stimmt das?«
»Ja, aber…«
»Gab es einen besonderen Grund für das Treffen?«
Ellen Munskau schien über diese Frage erleichtert zu sein. »Das war geschäftlich. Frau Randolf war mit dem Bonn-Zirkel aus Potsdam hier zu Besuch, und weil sie uns ein interessantes Objekt in Babelsberg vermittelt hat, haben wir sie zum Essen eingeladen. Da wir mit Herrn Hartenstein einen großen Abschluß getätigt hatten, bot sich die Einladung für ihn…«
»Ich weiß, er hat die Anlagen der Firma LATUS übernommen«, unterbrach Lupus.
Stefan Munskau strich sich nachdenklich über sein volles Haar. »Sie scheinen viel über uns zu wissen.«
»Richtig«, bestätigte Lupus. »Das erleichtert die
Weitere Kostenlose Bücher