Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Aber was diese Ciri angeht, Jarre, musst du immer den Mund halten. In einen geschlossenen Mund, merk dir meine Worte, fliegt keine Scheißfliege. Jetzt komm, ich bringe dich zur Kommission.«
    »Werdet Ihr dort ein gutes Wort für mich einlegen?« Jarre schaute den Zwerg hoffnungsvoll an. »Was? Herr Cranmer?«
    »Ach, was bist du dumm, Schreiberling. Das ist die Armee! Wenn ich mich für dich verwenden würde, wäre das, als ob ich dir mit Goldzwirn ›Waschlappen‹ auf den Rücken stickte! Du würdest in der Einheit deines Lebens nicht mehr froh, Junge.«
    »Und zu Euch   …«, druckste Jarre. »In Eure Einheit   …«
    »Überhaupt kein Gedanke.«
    »Weil bei Euch«, sagte der Bursche bitter, »nur für Zwerge Platz ist, nicht wahr? Nicht für mich, ist es so?«
    »So ist es.«
    Nicht für dich, dachte Dennis Cranmer. Nicht für dich, Jarre. Denn ich habe bei Nenneke immer noch Schulden einzulösen. Darum möchte ich, dass du aus diesem Krieg heil zurückkehrst. Und den Mahakamer Freiwilligen Haufen, der aus Zwergen besteht, aus Individuen einer fremden und niederen Rasse, werden sie immer mit den gefährlichsten Aufträgen in die schlimmste Bredouille schicken. Dorthin, woher man nicht zurückkehrt. Dorthin, wo sie Menschen nicht hinschicken würden.
    »Und was, meinst du, ist so etwas Besonderes, dass du unbedingt hinmöchtest?«
    Jarre wandte sich um. Er hörte Gesang, der wie Brandungswellen anstieg, wie das Donnern eines rasch näher kommendenGewitters anschwoll. Lauten Gesang, herrisch, stark, hart wie Stahl. Er hatte solchen Gesang schon gehört.
    Die Straße vom Schlosse her kam in Dreierreihen im Schritt eine Abteilung der Condottieri geritten. An der Spitze ritt auf einem Schimmelhengst, unter der mit Menschenschädeln geschmückten Stange, der Anführer, ein graumelierter Mann mit Adlernase und Haaren, die zu einem auf den Harnisch fallenden Pferdeschwanz gebunden waren.
    »Adam ›Adieu‹ Pangratt«, murmelte Dennis Cranmer.
    Der Gesang der Condottieri hallte, dröhnte, brauste. Begleitet vom Kontrapunkt des Hufschlags auf dem Pflaster erfüllte er die kleine Straße, bis hinauf zu den Giebeln der Häuser, stieg über sie empor, hoch in den blauen Himmel über der Stadt.
    Kein Weib, keine Liebste wird je um uns weinen,
    Bedeckt uns die blutige Erde in Bälde.
    Allein für Dukaten, die golden uns scheinen,
    Ziehn wir zu Felde!
    »Ihr fragt, was für eine Abteilung   …«, sagte Jarre, der den Blick nicht von den Kavalleristen wenden konnte. »Ja zum Beispiel eine wie diese! In so einer würde ich gern   …«
    »Jeder hat sein eigenes Lied«, unterbrach ihn leise der Zwerg. »Und jeden deckt die blutige Erde auf seine Weise. So, wie es ihm zuteil wird. Und entweder man weint um ihn oder nicht. Im Krieg, Schreiber, singt und marschiert man nur gleichmäßig, steht gleichmäßig in Reih und Glied. Aber dann, im Kampf, erhält jeder das, was nur ihm bestimmt ist. Ob in der Freikompagnie von ›Adieu‹ Pangratt, bei der Infanterie oder beim Tross   … Ob in glänzender Rüstung und mit schönem Federbusch, ob in Bastschuhen und einem verlausten Schafspelz   … Ob auf einem flinken Renner oder hinter dem Setzschild   … Jedem etwas anderes. Wie es ihm zuteil wird! Na, da ist ja auch die Kommission, siehst du das Schild über dem Eingang? Dort musst du hin,wenn du denn unbedingt Soldat werden willst. Geh, Jarre. Mach’s gut. Wir sehen uns, wenn alles vorüber ist.«
    Der Zwerg schaute dem Burschen nach, bis der hinter der Tür der Herberge verschwand, in der sich die Rekrutierungskommission eingerichtet hatte.
    »Oder wir sehen uns nicht«, fügte er leise hinzu. »Niemand weiß, was wem bestimmt ist. Was wem zuteil wird.«
     
    »Kannst du reiten? Mit Bogen oder Armbrust schießen?«
    »Nein, Herr Kommissar. Aber ich kann schreiben und kalligraphieren, auch Ältere Runen   … Ich kenne die Ältere Rede   …«
    »Kannst du fechten? Mit der Lanze umgehen?«
    »…   und habe die
Geschichte der Kriege
gelesen. Die Werke von Marschall Pelligram   … Und Roderick de Novembre   …«
    »Kannst du vielleicht wenigstens kochen?«
    »Nein, kann ich nicht   … Aber ganz gut rechnen   …«
    Der Kommissar verzog das Gesicht und winkte ab. »Ein belesener Klugscheißer! Der wievielte ist das heute schon? Schreib ihm ein Papier für die A-Be -I aus. Du wirst in der A-Be -I dienen, junger Mann. Ab mit dieser Quittung an den südlichen Stadtrand und dann vor das Mariborer Tor, an den

Weitere Kostenlose Bücher