Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Hufe des Pferdes, in seinem Bauch steckte, bis an die Holzbeschläge der Griffe hineingerammt, die Baumschere von Großvater Holofernes. Der Lulatsch Klaproth holte mit dem Streitkolben nach dem Alten aus, fiel aber aus dem Sattel und quiekte unmenschlich, von der Eisenspitze des Pflanzholzes, das Impi Vanderbeck geworfen hatte, ins Auge getroffen. Okultich wendete das Pferd und wollte fliehen, doch Oma Petunia sprang ihn an und hieb ihm die Zinken des Grubbers in den Schenkel. Okultich brüllte auf, stürzte, sein Fuß blieb im Steigbügel hängen, das erschrockene Pferd schleifte ihn durch Zäune, durchspitze Bohnenstangen. Der Räuber brüllte und heulte, und ihm nach stürzten wie zwei Wölfinnen Oma Petunia mit dem Grubber und Impi mit einem krummen Okuliermesser. Großvater Holofernes schnäuzte sich geräuschvoll.
    Der ganze Vorgang – von Hechts Ruf bis zum Schnäuzen des Großvaters Holofernes – dauerte ungefähr ebenso lange, wie man braucht, um den Satz auszusprechen: »Halblinge sind unheimlich schnell und werfen unfehlbar alle möglichen Gegenstände.«
    Rocco setzte sich auf die Treppe der Hütte. Neben ihn hockte sich seine Frau, Incarvilia Hildebrandt aus dem Hause Biberveldt. Ihre Töchter, Aloë und Yasmin, gingen Sam Hofmeier helfen, die Verwundeten zu erledigen und die Toten zu fleddern.
    Impi kehrte zurück, die Ärmel ihres grünen Kleidchens waren bis zu den Ellenbogen voll Blut. Auch Oma Petunia kam zurück, sie ging langsam, keuchte, stöhnte, stützte sich auf den blutbefleckten Grubber und hielt sich das Kreuz. Ach, unsere Oma wird alt, alt wird sie, dachte Hildebrandt.
    »Wo sollen wir die Räuber vergraben, Herr Hildebrandt?«, fragte Sam Hofmeier.
    Rocco Hildebrandt legte seiner Frau einen Arm um die Schultern, schaute zum Himmel. »Im Birkenwäldchen«, sagte er. »Neben den vorigen.«

 
    Das sensationelle Abenteuer Mr.   Malcom Guthries aus Braemore hat schon auf den Seiten vieler Zeitungen Furore gemacht, sogar die Londoner »Daily Mail« hat ihm einige Zeilen in der Rubrik »Bizarre« gewidmet. Da jedoch bei weitem nicht alle unsere Leser die südlich des Tweed erscheinende Presse lesen, und wenn, dann ernsthaftere Zeitungen als die »Daily Mail«, wollen wir daran erinnern, wie es war. Am 10.   März dieses Jahres begab sich Mr.   Guthrie mit der Angel an den Loch Glascarnoch. Dort will Mr.   Guthrie einem aus dem Nebel und dem Nichts (sic!) auftauchenden jungen Mädchen mit einer hässlichen Narbe im Gesicht (sic!) begegnet sein, das auf einer schwarzen Stute ritt (sic!) und sich in Begleitung eines weißen Einhorns (sic!) befand. Das Mädchen sprach den verblüfften Mr.   Guthrie in einer Sprache an, die Mr.   Guthrie als, wir zitieren, »wohl Französisch oder irgendein anderer Dialekt vom Kontinent« zu bezeichnen beliebte. Da Mr.   Guthrie des Französischen wie auch irgendeines anderen Dialekts vom Kontinent nicht mächtig ist, kam es zu keiner Konversation. Das Mädchen und das sie begleitende Geschöpf verschwanden, um Mr.   Guthrie abermals zu zitieren, »wie ein goldener Traum«.
    Unser Kommentar: Mr.   Guthries Traum war zweifellos von ebenso goldener Farbe wie der Single Malt Whisky, den Mr.   Guthrie unseren Erkundigungen zufolge oft und in Mengen zu trinken pflegt, die es erklären, dass man weiße Einhörner, weiße Mäuse und Seeungeheuer sieht. Die Frage aber, die wir stellen möchten, lautet: Was gedachte Mr.   Guthrie am Loch Glascarnoch vier Tage vor dem Ende der Schonzeit mit einer Angel zu tun?
     
    »Inverness Weekly«, Ausgabe vom 18.   März 1906

Das siebte Kapitel
    Zugleich mit dem losbrechenden Wind verdunkelte sich der Himmel von Westen her, die in Wellen heranziehenden Wolken löschten eins nach dem anderen die Sternbilder aus. Es verlosch der Drache, die Winterjungfrau verlosch, die Sieben Ziegen, der Krug. Dann verlosch das Auge, das am stärksten und am längsten geleuchtet hatte.
    Den Horizont entlang flammte das Himmelsgewölbe im kurzen Licht eines Blitzes auf. Der Donner rollte mit dumpfem Poltern. Der Wind wurde abrupt stärker, trieb ihr Staub und trockenes Laub in die Augen.
    Das Einhorn wieherte, sandte ein mentales Signal. Ciri verstand sofort, was es sagen wollte.
    Wir dürfen keine Zeit verlieren. Unsere einzige Hoffnung liegt in schneller Flucht. An den richtigen Ort, in die richtige Zeit. Beeilen wir uns, Sternäugige.
    Ich bin die Herrin der Welten. Bin vom Älteren Blute.
    Ich bin vom Blut der Lara Dorren, der Tochter

Weitere Kostenlose Bücher