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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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»kamen, wenn ich mich recht entsinne, im April in Cintra zusammen?«
    »Genau am zweiten April«, berichtigte der Pilger. »Es war, wie ich mich entsinne, Neumond.«
     
    Die Wände entlang, unterhalb der dunklen Balken befestigt, die die Umgänge stützten, hingen Reihen von Schilden, bunt bemalt mit heraldischen Figuren, mit den Wappen des cintrischen Adels. Auf den ersten Blick sah man den Unterschied zwischen den schon etwas verblassten Symbolen der alten Geschlechter und den in neuerer Zeit, unter der Regierung von Dagorad und Calanthe verliehenen Adelswappen. Die neuen hatten lebhafteund noch nicht abgeplatzte Farben, man sah auch keine Wurmlöcher.
    Die kräftigsten Farben hatten indes die erst vor ganz kurzer Zeit hinzugefügten Schilde mit den Wappen des Nilfgaarder Adels. Der sich bei der Eroberung der Stadt und der fünfjährigen kaiserlichen Verwaltung ausgezeichnet hatte.
    Wenn wir Cintra erst einmal erhalten, dachte König Foltest, muss man darauf achten, dass die Cintrier nicht im heiligen Eifer der Erneuerung diese Schilde vernichten. Politik ist eins, die Ausgestaltung des Saales etwas anderes. Änderungen der staatlichen Ordnung können keinen Vandalismus rechtfertigen.
    Hier also hat alles begonnen, dachte Dijkstra, während er sich in dem großen Saal umschaute. Das berühmte Verlobungsmahl, in dessen Verlauf der Stählerne Igel erschien und die Hand der Prinzessin Pavetta forderte   … Und zu dem Königin Calanthe den Hexer anheuerte   …
    Wie sonderbar sich doch die Menschenschicksale verflechten, dachte der Spion und wunderte sich selbst über die Trivialität seiner Gedanken.
    Vor fünf Jahren, dachte Königin Meve, vor fünf Jahren spritzte das Hirn Calanthes, der Löwin aus dem Geschlecht der Cerbins, auf das Pflaster des Burghofs, desselben, den man aus dem Fenster sieht. Calanthe, deren stolzes Porträt wir im Korridor gesehen haben, war die vorletzte von königlichem Blut. Nachdem ihre Tochter Pavetta ertrunken ist, bleibt nur die Enkelin. Cirilla. Es sei denn, die Nachricht ist wahr, dass auch Cirilla nicht mehr lebt.
    »Bitte.« Cyrus Engelkind Hemmelfart, der Hierarch von Nowigrad, winkte mit der zitternden Hand. Um seines Alters, seines Amtes und der allgemeinen Wertschätzung willen war er
per acclamationem
als Vorsitzender der Beratungen akzeptiert worden. »Ich bitte, die Plätze einzunehmen.«
    Sie setzten sich, nachdem sie die mit Mahagonitäfelchen gekennzeichneten Sessel am runden Tisch gefunden hatten. Meve,Königin von Rivien und Lyrien. Foltest, König von Temerien, und sein Vasall, König Venzlav von Brugge. Demawend, König von Aedirn. Henselt, König von Kaedwen. König Ethain von Cidaris. Der junge König Kistrin von Verden. Fürst Nitert, das Haupt des redanischen Regentschaftsrates. Und Graf Dijkstra.
    Man wird versuchen müssen, diesen Spion loszuwerden, ihn vom Verhandlungstisch zu entfernen, dachte der Hierarch. König Henselt und König Foltest, ja sogar der junge Kistrin haben sich schon bissige Bemerkungen erlaubt, fehlt nur noch eine Demarche seitens der Vertreter Nilfgaards. Dieser Sigismund Dijkstra ist ein Mann von unangemessenem Rang, dazu noch eine Person mit hässlicher Vergangenheit und üblem Ruf, eine
persona turpis
. Man darf nicht zulassen, dass die Anwesenheit einer
persona turpis
die Atmosphäre der Verhandlungen vergiftet.
    Der Leiter der Nilfgaarder Delegation, Baron Shilard Fitz-Oesterlen, dem am runden Tisch der Platz exakt gegenüber Dijkstra zugefallen war, begrüßte den Spion mit einer höflichen diplomatischen Verbeugung.
    Als er sah, dass schon alle saßen, setzte sich der Hierarch von Nowigrad ebenfalls. Nicht ohne Hilfe der Pagen, die ihn bei den zitternden Händen fassten und stützten. Der Hierarch saß in dem Sessel, der vor Jahren für Königin Calanthe angefertigt worden war. Dieser Sessel hatte eine imponierend hohe und schön verzierte Rückenlehne, wodurch er unter den anderen Sesseln hervorstach.
    Runder Tisch hin, runder Tisch her, aber man muss sehen, wer am wichtigsten ist.
     
    Hier ist das also, dachte Triss Merigold, während sie sich im Zimmer umschaute, die Wandteppiche, Gemälde und die zahlreichen Jagdtrophäen betrachtete, das Geweih eines der Zauberin völlig unbekannten Tieres. Hier fand nach der berühmtenDemolierung des Thronsaales das folgenreiche Privatgespräch zwischen Calanthe, dem Hexer, Pavetta und dem Verwunschenen Igel statt. Als Calanthe sich mit dieser sonderbaren Heirat einverstanden erklärte.

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