Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See
Und Pavetta schon schwanger war. Ciri wurde knapp acht Monate später geboren … Ciri, die Thronerbin … Das Löwenjunge aus dem Blute der Löwin … Ciri, mein kleines Schwesterchen. Das sich jetzt irgendwo weit weg im Süden befindet. Zum Glück ist sie nicht mehr allein. Sie ist mit Geralt und Yennefer zusammen. Sie ist in Sicherheit.
Es sei denn, sie haben mich wieder belogen.
»Setzt euch, meine Damen«, drängte Philippa Eilhart, die seit einiger Zeit Triss aufmerksam musterte. »Gleich beginnen die Herrscher der Welt der Reihe nach Eröffnungsreden zu halten, ich möchte kein Wort verpassen.«
Die Zauberinnen beendeten den Tratsch am Rande und nahmen rasch ihre Plätze ein. Sheala de Tancarville mit einer Silberfuchsboa, die ihrer strengen männlichen Kleidung einen weiblichen Akzent gab. Assire var Anahid in einem Kleid aus violetter Seide, das bescheidene Einfachheit ungewöhnlich reizvoll mit elegantem Chic verband. Francesca Findabair, wie üblich königlich. Ida Emean aep Sivney, wie üblich geheimnisvoll. Margarita Laux-Antille, würdevoll und ernst. Sabrina Glevissig in Türkisrot. Keira Metz in Grün und Jonquillegelb. Und Fringilla Vigo. Niedergedrückt. Traurig. Und wahrlich totenblass, von einer kranken, geradezu gespenstischen Blässe.
Triss Merigold saß neben Keira, gegenüber von Fringilla. Über dem Kopf der Nilfgaarder Zauberin hing ein Bild, das einen Reiter darstellte, der in halsbrecherischem Galopp eine Straße zwischen einem Spalier von Erlen entlangjagte. Die Erlen streckten monströse Astarme nach dem Reiter aus, lachten höhnisch mit den ungeheuerlichen Schlünden der Höhlungen. Triss zuckte unwillkürlich zusammen.
Der in der Mitte des Tisches aufgestellte dreidimensionaleTelekommunikator war in Betrieb. Philippa Eilhart stellte mit einem Spruch Bild und Ton schärfer ein.
»Wie die Damen sehen und hören«, sagte sie nicht ohne Häme, »sind im Thronsaal von Cintra, genau unter uns, eine Etage tiefer, die Herrscher der Welt versammelt, um über die Geschicke der Welt zu entscheiden. Und wir hier, eine Etage über ihnen, werden darüber wachen, dass die Jungs keine allzu großen Dummheiten machen.«
Zu dem vom Elskerdeg herandringenden Heulen gesellte sich ein anderes. Boreas hatte keine Zweifel. Das waren keine Wölfe.
»Ich wiederum«, sagte er, um das eingeschlafene Gespräch wieder in Gang zu bringen, »habe mir von diesen cintrischen Verhandlungen nicht viel erwartet. Ha, niemand, den ich gekannt habe, rechnete damit, dass diese Verhandlungen irgendetwas Gutes bringen würden.«
»Wichtig war«, widersprach der Pilger ruhig, »allein schon die Tatsache, dass Verhandlungen begonnen hatten. Der einfache Mann – und ich, wenn die Herren erlauben, bin genau so einer – weiß, dass Krieg führende Könige und Kaiser einander so spinnefeind sind, dass sie, wenn sie die Macht dazu hätten, einander totschlagen würden. Sie haben aufgehört, sich totzuschlagen, sich stattdessen an den runden Tisch gesetzt? Das heißt, sie haben die Macht nicht mehr. Sie sind, einfach gesagt, machtlos. Und aus dieser Machtlosigkeit folgt, dass keine Bewaffneten das Anwesen des einfachen Mannes überfallen, nicht morden, nicht verletzen, keine Gebäude niederbrennen, keine Kinder abstechen, keine Frauen vergewaltigen, niemanden in die Sklaverei wegtreiben. Nein. Stattdessen sind sie in Cintra zusammengekommen und verhandeln. Freuen wir uns!«
Der Elf schob mit einem Stock einen Funken versprühenden Holzklotz zurecht, schaute den Pilger scheel an. »Sogar ein einfacher Mann«, sagte er, ohne den Sarkasmus zu verbergen, »so gar wenn er sich freut, ja, sogar wenn er euphorisch ist, mussverstehen, dass Politik auch Krieg ist, der nur etwas anders geführt wird. Er muss auch begreifen, dass verhandeln handeln heißt. Der sich selbst antreibende Mechanismus ist derselbe. Die ausgehandelten Vorteile werden mit Zugeständnissen bezahlt. Hier gewinnt, dort verliert man. Mit anderen Worten, damit die einen gekauft werden können, müssen andere verkauft werden.«
»In der Tat«, sagte der Pilger nach einer Weile, »das ist so einfach und offensichtlich, dass es jeder versteht. Sogar ein ganz einfacher Mann.«
»Nein, nein und nochmals nein!«, schrie König Henselt auf und schlug mit beiden Fäusten auf die Tischplatte, dass ein Pokal umfiel und die Tintenfässer hüpften. »Keinerlei Diskussion zu diesem Thema! Kein Handel in dieser Frage! Ende, Finis, deireadh!«
»Henselt«,
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