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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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großherrschaftlichen Marotten?«
    Sie schaute ihn durchdringend an. »Du glaubst anscheinend nicht an aufrichtige und reine Liebe?«
    »Was ich glaube«, parierte er, »steht nicht zur Debatte und tut nichts zur Sache. Es geht um Rittersporn und seine dummen   …«
    Er stockte, plötzlich unsicher geworden.
    »Mit der Liebe«, sagte Fringilla langsam, »ist es wie mit einer Nierenkolik. Solange du keinen Anfall hast, kannst du dir überhaupt nicht vorstellen, was das ist. Und wenn man es dir erzählt, glaubst du es nicht.«
    »Da ist etwas dran«, stimmte der Hexer zu. »Aber es gibt auch Unterschiede. Vor einer Nierenkolik kann einen Vernunft nicht bewahren. Und sie heilt sie auch nicht.«
    »Liebe spottet der Vernunft. Und das macht ihren Zauber und ihre Schönheit aus.«
    »Eher ihre Dummheit.«
    Sie stand auf, trat auf ihn zu und streifte die Handschuhe ab.Ihre Augen waren dunkel und tief unter dem Vorhang der Wimpern. Sie roch nach Ambra, Rosen, Bücherstaub, vergilbtem Papier, Mennige und Druckerschwärze, Gallapfeltinte und nach Strychnin, mit dem man versuchte, die Mäuse in der Bibliothek zu vergiften. Dieser Geruch hatte wenig mit einem Aphrodisiakum zu tun. Um so erstaunlicher, dass er wirkte.
    »Du glaubst nicht«, sagte sie mit veränderter Stimme, »an einen plötzlichen Impuls? An heftige Anziehung? An den Zusammenstoß zweier Boliden auf Kollisionskurs? An einen Kataklysmus?«
    Sie streckte die Hände aus, berührte seine Schultern. Er berührte die ihren. Die Gesichter näherten sich noch verzögert, wachsam und angespannt, auch die Lippen berührten sich vorsichtig und sacht, als fürchteten sie, ein sehr, sehr scheues kleines Wesen zu erschrecken.
    Und dann trafen die Boliden aufeinander, und es kam zum Kataklysmus.
    Sie fielen auf einen Stapel Folianten, die unter ihrem Gewicht nach allen Seiten wegrutschten. Geralt versenkte die Nase in Fringillas Dekolleté, umarmte sie kräftig und packte sie am Knie. Beim Versuch, ihr den Rock über die Taille hochzuziehen, hinderten ihn etliche Bücher, darunter
Das Leben der Propheten
und
De haemorrhoidibus
, ein interessanter, wenngleich kontroverser medizinischer Traktat. Der Hexer stieß die Bände beiseite, riss ungeduldig an dem Rock. Fringilla hob bereitwillig die Hüften.
    Etwas stach sie in die Seite. Sie drehte den Kopf.
Leitfaden der Hebammenkunst.
Rasch, um das Schicksal nicht zu versuchen, schaute sie zur anderen Seite.
Von denen heißen schweflichten Wassern.
Ihr wurde in der Tat immer heißer. Aus dem Augenwinkel sah sie das Frontispiz des offenen Buches, auf dem ihr Kopf ruhte.
Betrachtungen über den unvermeidlichen Tod.
Noch besser, dachte sie.
    Der Hexer mühte sich mit ihrem Schlüpfer ab. Sie hob dieHüften, diesmal aber nur leicht, so dass es nach einer zufälligen Bewegung aussah und nicht nach herausfordernder Hilfe. Sie kannte ihn nicht, wusste nicht, wie er auf Frauen reagierte. Ob er nicht zum Beispiel solchen, die wissen, was sie wollen, jene vorzog, die vorgeben, es nicht zu wissen. Und ob er nicht die Lust verlöre, wenn der Schlüpfer sich widerstrebend herunterziehen ließ.
    Der Hexer wirkte jedoch nicht so, als ob er die Lust verlöre. Man konnte sagen – ganz im Gegenteil. Als sie sah, dass es höchste Zeit war, machte Fringilla mit Begeisterung und Schwung die Beine breit, wobei sie einen Stapel von Büchern und Faszikeln umwarf, die sich wie eine Lawine über die beiden ergossen. Das in Leder gebundene
Hypothekenrecht
drückte ihr gegen eine Hinterbacke und der mit Messingbeschlägen geschmückte
Codex diplomaticus
gegen Geralts Handwurzel. Geralt erfasste und nutzte die Lage augenblicklich: Er verbrachte den dicken Band dorthin, wo er hingehörte. Fringilla quietschte, denn die Beschläge waren kalt. Aber nur im ersten Moment.
    Sie seufzte laut, ließ die Haare des Hexers los, breitete die Arme aus und und packte mit beiden Händen ein Buch, links die
Darstellende Geometrie
, rechts den
Abriss der Kriechtiere und Amphibien
. Geralt, der sie an den Hüften hielt, brachte mit einem unwillkürlichen Fußtritt den nächsten Bücherturm zum Einsturz, war jedoch zu beschäftigt, um sich um die auf ihn fallenden Folianten zu kümmern. Fringilla stöhnte krampfhaft und warf den Kopf auf den Seiten der
Betrachtungen über den unvermeidlichen Tod
hin und her.
    Die Bücher rutschten raschelnd zu Boden, in die Nase stach der scharfe Geruch alten Staubes.
    Fringilla schrie auf. Der Hexer hörte es nicht, denn sie hatte die Schenkel

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