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Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See

Titel: Die Dame vom See - Sapkowski, A: Dame vom See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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nichts«, erwiderte Fringilla nach einem Räuspern. »Nichts Neues seit der letzten Telekommunikation. Kein einziger Ortungsversuch.«
    »Das ist schlecht«, sagte Philippa. »Ich verhehle nicht, ich hatte gehofft, dass Ihr etwas herausfindet. Sagt uns bitte wenigstens   … Hat sich der Hexer schon beruhigt? Werdet Ihr ihn zumindest bis Mai in Toussaint festhalten können?«
    Fringilla Vigo schwieg einen Moment lang. Sie hatte keineswegsvor, der Loge mitzuteilen, dass der Hexer sie allein im Laufe der letzten Woche zweimal Yennefer genannt hatte, und das in einem Augenblick, wo sie mit Fug und Recht ihren eigenen Namen erwarten konnte. Doch die Loge hatte ihrerseits das Recht, die Wahrheit von ihr zu erwarten. Ehrlichkeit. Und eine zutreffende Schlussfolgerung.
    »Nein«, antwortete sie schließlich. »Bis zum Mai wohl nicht. Aber ich werde tun, was in meiner Macht steht, um ihn möglichst lange festzuhalten.«

 
    Korr
, ein Ungeheuer aus der artenreichen Familie der Strigiformes (s. d.), je nach Gegend auch genannt Kourican, Rutterkin, Rumpelstilz, Wirbler oder Mesmer. Eines kann man von ihm sagen – daß er ein Unhold sondergleichen ist. Solch ein teuflischer Unflat und Abscheuling ist er, solch ein Rabenaas, daß wir weder von seinem Aussehen noch von seinen Gebräuchen zu schreiben gedenken, denn wahrlich sagen wir euch: Jegliches Wort ist zu schade für den Hurensohn.
     
    Physiologus

Das vierte Kapitel
    Im Säulensaal des Schlosses Montecalvo stand ein Geruch, der eine Mischung vom Gestank alter Wandbehänge, blakender Kerzen und von zehn Arten Parfüm war. Von zehn eigens zusammengestellten Duftmixturen, die von den zehn Frauen verwendet wurden, welche an dem runden Eichentisch in Sesseln saßen, deren Armlehnen in Gestalt von Sphingen geschnitzt waren.
    Sich gegenüber sah Fringilla Vigo Triss Merigold in einem hellblauen, hochgeschlossenen Kleid. Neben Triss saß Keira Metz und hielt sich im Schatten. Ihre großen Ohrringe mit den facettenreichen Zitrinen blitzten immer wieder mit tausendfältigen Reflexen auf, zogen den Blick an.
    »Bitte fahrt fort, Fräulein Vigo«, drängte Philippa Eilhart. »Wir haben es eilig, den Schluss der Geschichte zu erfahren. Und dringende Schritte zu unternehmen.«
    Philippa trug – ausnahmsweise – keinerlei Bijouterie außer einer an dem zinnoberroten Kleid befestigten großen Kamee von Sardonyx. Fringilla hatte das Gerücht schon gehört; sie wusste bereits, wer ihr die Kamee geschenkt hatte und wessen Profil sie darstellte.
    Die neben Philippa sitzende Sheala de Tancarville war ganz in Schwarz gekleidet, das nur ein wenig von Brillanten funkelte. Margarita Laux-Antille trug auf bordeauxrotem Atlas dickesGold ohne Steine, Sabrina Glevissig hingegen zeigte im Kollier, in Ohr- und Fingerringen ihre geliebten, auf die Farbe der Augen und der Kleidung abgestimmten Onyxe.
    Am nächsten bei Fringilla saßen die beiden Elfen   – Francesca Findabair und Ida Emean aep Sivney. Die Aster aus den Tälern war wie üblich königlich, obwohl heute ausnahmsweise weder ihre Frisur noch das karminrote Kleid durch übermäßigen Pomp hervorstachen und in dem kleinen Diadem und im Kollier keine Rubine leuchteten, sondern bescheidene, aber geschmackvolle Granate. Ida Emean indes war in Musselin und Tüll gekleidet, in herbstlichen Tönen gehalten und so fein und leicht, dass sie sogar im kaum spürbaren Lufthauch, den die Zentralheizung erzeugte, sich regten und wogten wie Anemonen.
    Assire var Anahid erweckte, wie in letzter Zeit üblich, Bewunderung mit ihrer bescheidenen, aber distinguierten Eleganz. Im kleinen Dekolleté des engen dunkelgrünen Kleides trug die Nilfgaarder Zauberin an einer Goldkette und golden eingefasst einen einzigen Smaragd-Cabochon. Die gepflegten Fingernägel, in einem sehr dunklen Grün lackiert, verliehen der Komposition einen Hauch von wahrlich zauberischer Extravaganz.
    »Wir warten, Fräulein Vigo«, erinnerte sie Sheala de Tancarville. »Die Zeit drängt.«
    Fringilla räusperte sich. »Es wurde Dezember«, fuhr sie fort. »Es kam Yule, dann Neujahr. Der Hexer beruhigte sich so weit, dass der Name Ciris nicht in jedem Gespräch auftauchte. Die Jagdzüge gegen Ungeheuer, die er regelmäßig unternahm, schienen ihn restlos in Anspruch zu nehmen. Nun, vielleicht nicht ganz restlos.«
    Sie verstummte. Sie glaubte, in den blauen Augen von Triss Merigold Hass aufblitzen zu sehen. Aber vielleicht war es nur ein Widerschein der schwankenden Kerzenflammen.

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