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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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jedoch nach wenigen Monaten gestorben. Das kam bei SHEVA-Zwillingen häufig vor; normalerweise überlebte nur ein Teil des Paares.
    Celia kompensierte einen Hang zur Depression durch aufgesetzte Munterkeit, die Stella zuweilen nervte. Celia verfolgte tausend Projekte und war wahrscheinlich diejenige, die am eifrigsten Deme zusammenbrachte – soziale Gruppierungen von SHEVA-Kindern. Ständig schmiedete sie Pläne für das zukünftige Leben der Kinder als junge Erwachsene.
    Sie hielt ihren Arm schützend umfasst – um ihr Handgelenk trug sie einen Verband – und zog eine Grimasse, als Stella den Ball hob und sie durch Blicke und ein Aufflammen der Wangentupfen fragte, was los sei.
    »Die haben mir Blut abgezapft«, erklärte Celia und ließ sich mit gekreuzten Beinen am Rande des Spielfeldes nieder.
    »Bestimmt einen Liter.«
    »Warum?«
    »Wie soll ich das wissen? Kkh… Ich hatte letzte Nacht einen Albtraum.« Celias Zunge verfing sich, sodass sie den für sie typischen Knacklaut produzierte, der ihren Unterton überlagerte. Celia war nicht sehr gut darin, mit verdoppelter Stimme zu sprechen. Irgendjemand – wer, sagte sie nicht –
    hatte versucht, ihre Zunge zu verstümmeln, als sie acht gewesen war. Das hatte sie Stella einmal am späten Abend offenbart, als Stella sie zusammengekauert in einem Winkel der Unterkünfte gefunden hatte. Sie hatte geweint und nach elektrischer Spannung und Zwiebeln gerochen. Die leichte Furche, die fast alle SHEVA-Kinder hatten, war auf Celias Zunge nur noch als weißliche Narbe zu erkennen. Manchmal nuschelte sie stark oder produzierte ein laut knackendes Geräusch.
    Stella kauerte sich neben Celia und klopfte mit der Hand leicht auf den Ball, den sie mit ihren Beinen umfing. Niemand wusste, warum die Berater so oft und so viel Blut abnahmen; aber normalerweise wurde man in die Klinik einbestellt, wenn man sich widerspenstig oder auffällig verhalten hatte – so viel hatte Stella sich inzwischen zusammengereimt. »Wie lange haben die dich dabehalten?«
    »Über Nacht, bis zum Morgen.«

    »Gibt’s irgendwas Neues in der Klinik?« So nannten sie das Verwaltungsgebäude, das an die Wohnheime der Berater und Lehrer angrenzte. Diese Bauten lagen allesamt jenseits eines mit Stacheldraht gespickten Zauns, der die Unterkünfte der Mädchen und Jungen umschloss.
    Celia schüttelte den Kopf. »Zum Frühstück haben sie mir Haferflocken und Eier serviert. Und ein großes Glas Orangensaft.«
    »Haben die eine Biopsie vorgenommen?«
    Celia biss sich auf die Lippen und machte große Augen.
    »Nein. Bei wem haben die denn… kkh… eine Biopsie gemacht?«
    »Beth Freemont sagt, einer der Jungen hätte es ihr erzählt.
    Die haben das direkt von seinem… na, du weißt schon…
    entnommen.« Sie deutete nach unten und klopfte auf den Basketball.
    »Iiiiii«, machte Celia durch die Zähne.
    »Was hast du denn geträumt?«
    »Weiß ich nicht mehr. Nur noch, dass ich mit einem Schrei aufgewacht bin.«
    Stella leckte sich über die Handflächen und schmeckte dabei den Bodenbelag des Spielfelds, das alte Gummi des Basketballs, ein wenig Staub und Dreck heraus, der von anderen Schuhen und anderen Spielern stammte. Danach streckte sie ihre Hände aus, damit Celia sie umfassen konnte.
    Celias Handflächen waren feucht. Celia drückte zu, rieb ihre Hände gegen Stellas, seufzte und ließ sie gleich darauf los.
    »Danke«, sagte sie mit gesenktem Blick. Ihre Wangen nahmen einen gesprenkelten Kupferton an, der sich eine Weile hielt.
    Den Spucketrick hatte Stella wenige Wochen nach ihrer Ankunft von einem Mädchen gelernt.
    Die Tür zur Turnhalle öffnete sich, Miss Kinney kam mit zehn Mädchen herein. LaShawna Hamilton und Torry Butler kannte Stella aus ihrem Wohnheim, die meisten anderen nur dem Namen nach, noch nie hatte sie sich mit ihnen zu einem Dem zusammengefunden. Und selbstverständlich kannte sie Miss Kinney, die Sportlehrerin der Schule. Miss Kinney, die sich ein Netz mit Bällen über die Schulter geschlungen hatte, führte die zehn Mädchen aufs Spielfeld.
    »Wie wärs mit ein bisschen Training?«, fragte sie Celia und Stella.
    »Celia tut ihr Arm weh«, erwiderte Stella.
    »Kannst du dribbeln und Körbe werfen?«, erkundigte sich Miss Kinney bei Celia. Die Sportlehrerin war etwa ein Meter fünfundsiebzig groß, etwas kleiner als Stella, dünn und stark.
    Sie hatte eine lange, wohl gebildete Nase und große grüne Augen, die an eine Katze erinnerten.
    Celia stand auf. Wenn ein Berater oder

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