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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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und einprägsam wie der ganze Mitch, war der Geruch ihres Zuhauses in Virginia, der Geruch von allem, was sie zu vergessen versucht und für immer verloren geglaubt hatte.
    »Ich konnte dich nicht besuchen kommen. Die haben mich nicht gelassen. Gehörte zu den Bewährungsauflagen.«
    Sie nickte und stieß mit ihrem Kinn sanft gegen seine Schulter.
    »Ich habe aber deiner Mutter Nachrichten für dich mitgegeben.«
    »Sie hat’s mir ausgerichtet.«
    »Ich hatte gar keine Waffe, Stella, die haben gelogen.« Einen Augenblick lang sah Mitch nicht älter aus als Stella, wirkte nicht anders als irgendein Kind, dem man übel mitgespielt hat.
    »Ich weiß. Kaye hat’s mir erzählt.«
    Mitch schob seine Tochter auf Armlänge von sich fort. »Du hast dich toll gemacht«, sagte er und zog die buschigen Augenbrauen zusammen. Sein Gesicht war sonnenverbrannt.
    Stella konnte riechen, wie seine Haut unter der Sonne gelitten hatte, im Freien gegerbt worden war. Sein elementarer Geruch wurde von dem nach Leder und Staub überlagert. In seinem wie auch in Kayes Duft konnte sie ein wenig ihres Eigengeruchs ausmachen, so als seien die Kennziffern der elterlichen Gene Teil ihres eigenen ,Nummernschildes’, so als besäßen sie alle drei denselben Generalschlüssel, der jedem von ihnen Zugang zu den Gefühlen des anderen verschaffte.
    »Und die erwarten wirklich, dass wir uns… hier hinsetzen?«, fragte Mitch und deutete auf den Tisch.
    Stella, die innerlich noch immer wie blockiert war, verschränkte die Arme. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
    Mitch lächelte. »Bleiben wir einfach ein Weilchen stehen.«
    »In Ordnung.«
    »Und versuchen dabei, uns wieder aneinander zu gewöhnen.«
    »In Ordnung.«
    »Behandeln die dich gut?«
    »Vermutlich denken sie das.«
    »Und was denkst du?«
    Sie zuckte mit den Achseln, umschlang mit den langen Fingern die Handgelenke, formte mit Händen und Armen einen kleinen Käfig. »Die haben Angst vor uns.«
    Mitch spannte die Kiefermuskeln und nickte. »Das ist ja nichts Neues.«
    Als Stella versuchte, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, wirkten ihre Augen wie hypnotisch. Ihre Pupillen weiteten sich und zogen sich wieder zusammen, wie Sprudelbläschen in Champagner funkelten kurz goldene Tupfen auf. »Die wollen uns nicht so sein lassen, wie wir wirklich sind.«
    »Was meinst du damit?«
    »Sie verlegen uns immer wieder in andere Wohnheime. Sie benutzen Geruchsdetektoren. Wenn wir Düfte produzieren, werden wir bestraft. Wenn wir uns zu Schnüffelgruppen zusammenschließen oder Fieberdüfte produzieren, trennen sie uns voneinander und sperren uns ein.«
    »Davon habe ich gelesen.«

    »Die glauben, wir wollen sie durch die Düfte manipulieren.
    Vielleicht haben sie auch Angst, dass wir versuchen abzuhauen. Sie tragen Pfropfen in der Nase. Manchmal, wenn sie eine medizinische Kontrolle durchführen, sorgen sie dafür, dass es in den Wohnheimen penetrant nach Erdbeer- oder Pfirsicharoma stinkt. Früher mochte ich Erdbeeren, inzwischen finde ich sie grässlich. Am schlimmsten ist dieses Kiefernduft-Spray.« Sie hielt sich die Hand vor die Nase und tat so, als müsse sie würgen.
    »Ich hab auch gehört, dass der Unterricht langweilig ist.«
    »Die haben Angst, wir könnten tatsächlich was lernen.« Als Stella kicherte, gab es Mitch einen Stich ins Herz. Es klang anders als früher, völlig anders. Dieses Lachen klang argwöhnischer und reifer… aber es schwang noch etwas anderes mit.
    In der Psychologie und in jeder Kultur spielte das Lachen eine Schlüsselrolle, wie er wusste. Seine Tochter war jetzt völlig anders als das kleine Mädchen, das er in Erinnerung hatte.
    »Ich hab viel von den anderen gelernt«, erklärte Stella, während sie wieder ernst wurde. Fasziniert von dem aufschlussreichen Mienenspiel, in dem sich Stellas Emotionen spiegelten, musterte Mitch die zarten Linien unter und neben ihren Augen und in den Mundwinkeln. Ihre Gesichtsmuskeln konnte sie jetzt viel besser kontrollieren als in ihrer frühen Kindheit. Inzwischen besaß sie die Fähigkeit, Stimmungen oder Gefühle auszudrücken, die Mitch nicht einmal ansatzweise deuten konnte.
    »Gehts dir auch wirklich gut?«, fragte Mitch sehr ernst.
    »Besser als die sich das wünschen. Es ist gar nicht so schlimm hier, wir deichseln das schon.« Sie blickte zur Decke, fasste sich ans Ohrläppchen und zwinkerte ihm zu.

    Selbstverständlich wurden sie überwacht, sie wollte keine Geheimnisse preisgeben.
    »Freut mich zu

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