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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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diese Erfahrung mit Gott einfiel, war ich wieder wie erschlagen. Weil mir klar war, dass dieses Ding, ER oder ES, mich niemals strafen würde, egal, was ich getan oder wie schlimm ich mich verhalten hatte. Es geht dabei nicht nur um Vergebung, sondern darum, dass ER kein Urteil über einen fällt. Pure Liebe. ER kann nicht real sein. Was ER gesagt und getan hat, ergibt überhaupt keinen Sinn.«
    »Mir kam er real vor«, sagte Kaye.
    »Haben Sie je gehört, was Thomas von Aquin passiert ist?«
    Kaye schüttelte den Kopf.
    »Er war der am meisten bewunderte Theologe. Ein äußerst begnadeter Denker, über alle Maßen logisch – und heute recht schwierig zu lesen. Aber zweifellos gescheit und noch jung, als er sich einen Namen machte. Ein Student von Albertus Magnus. Verteidigte Aristoteles in seiner Kirche. Schrieb große, lange Traktate. Wurde von der ganzen Christenheit bewundert und wird bis heute als Denker verehrt. Am Morgen des 6. Dezember 1273 las er in Neapel die Messe. Da war er schon älter, etwa in meinem Alter. Mitten in der Predigt hat er einfach zu reden aufgehört und ins Leere gestarrt. Oder auf alles gestarrt. Ich stelle mir vor, dass er wie ein Fisch geglotzt hat.« Cross’ Miene wirkte spöttisch und distanziert.
    »Er hörte mit dem Schreiben und Diktieren auf, trug nichts mehr zur Summa, seinem Lebenswerk, bei. Und als man eine Erklärung von ihm verlangte, sagte er: Ich kann nichts mehr tun; mir sind solche Dinge offenbart worden, dass alles, was ich geschrieben habe, mir wie leeres Stroh vorkommt. Jetzt erwarte ich mein Ende. Wenige Monate später starb er.« Cross rümpfte die Nase. »Kein Wunder, dass es Thomas von Aquin, dem armen Mistkerl, die Sprache verschlagen hat. Auch ich erkenne eine höhere Instanz, sobald ich sie vor der Nase habe.
    Im Vergleich zu dem, was mich berührt hat, bin ich wenig mehr als ein Wurm, der sich in einer Pfütze windet. Ich würde keinen Versuch wagen, Gott vorzuschreiben, wie er sich zu verhalten hat.« Sie lächelte. »Ja, meine Liebe, auch ich kann demütig sein.« Sie streichelte Kayes Hand. »So viel dazu. –
    Sie sind gefeuert. Für den Augenblick haben Sie in meiner Firma alles geleistet, das Sie leisten mussten.«
    »Und was ist mit Jackson?«
    »Er ist beschränkt, aber immer noch nützlich und hat immer noch wichtige Arbeit zu erledigen. Ich werde dafür sorgen, dass Lars ein Auge auf ihn hat.«
    »Jackson hat keine Ahnung.«
    »Falls Sie damit meinen, dass sein Horizont begrenzt ist, dann ist das genau das, was ich derzeit brauche. Er wird sich damit beschäftigen, alle kleinen t mit Querbalken zu versehen und lauter Pünktchen über die kleinen i zu malen, um zu beweisen, dass er Recht hat. Schön für ihn.«
    »Aber er wird alles vermasseln.«
    »Und das überaus gründlich.« Cross blieb eisern. »Thomas von Aquin war mit Roberts Problem vertraut. Er nannte es die ignorantia affectata, die kultivierte Ignoranz.«
    »Gott sollte ihn berühren«, sagte Kaye bitter und wurde gleich darauf vor Verlegenheit rot. Als wäre das irgendeine Bestrafung!
    Cross dachte einen Augenblick ernsthaft darüber nach. »Ich wundere mich, dass Gott mich berührt hat«, sagte sie. »Aber ich wäre schockiert, wenn ER irgendetwas mit Robert zu tun haben wollte.«

    35
    New Mexico

    Innerhalb des silbernen Riesenzeltes befanden sich acht einzelne große Wohnmobile, die auf Podeste aufgebockt waren. Im Abstand von etwa zehn Metern umgab sie ein dichter Kreis von hohen Wandschirmen aus transparentem Kunststoff, die oben mit Stacheldraht versehen waren. Der Fußboden bestand aus eingedelltem, zusammengeflicktem grauem Plastik. Die Wohnmobile wirkten in keiner Weise gemütlich oder freundlich.
    Dicken versuchte sich im Zwielicht, das im ganzen Zelt herrschte, zu orientieren. Sie waren an der westlichen Seite hereingekommen. Also musste Norden dort sein, wo ein kleiner Transporter des Krisenstabs stand, vermutlich derselbe, der Helen Fremont aus Arizona hierher gebracht hatte. Südlich der Wohnmobile und Wandschirme war ein kleines Labyrinth aus Tischen und Laborbänken aufgebaut, ausgestattet mit den Standardutensilien für die medizinische Versorgung und Labordiagnostik.
    Einige Jupiterlampen, auf hohe Stahlpfosten montiert, ergänzten das schwache Sonnenlicht, das ins Zelt sickerte.
    Außer ihnen war kein Mensch hier, soweit Dicken sah.
    »Wir haben noch kein Personal hier«, sagte Flynn. »Sie ist erst heute Morgen krank geworden.«
    »Gibt es eine Telefonverbindung zum

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