Die Darwin-Kinder
kleinen Parkplatzes aufheizte, und musterte die Wiese und die Kiefern, die hier und da dahinter wuchsen.
»Ich bin an jeder Information interessiert«, erklärte Mitch und trat – inzwischen darauf bedacht, den Mann nicht zu verscheuchen – auf die Veranda hinaus. »Es geht um meine Tochter. Meine Frau und ich suchen schon seit drei Jahren nach ihr.«
»Das ist ja ein Ding.« Der junge Mann scharrte mit den Füßen. »Ich hab selbst eine kleine Tochter. Ich meine, sie lebt bei ihrer Mutter und wir sind nicht verheiratet…« Er wirkte plötzlich auf der Hut. »Ich will damit nicht sagen, dass sie ein Virus-Kind ist, nein, ganz und gar nicht.«
»Ist schon in Ordnung«, erwiderte Mitch. »Ich hab keine Vorurteile.«
Der Mann musterte Mitch mit seltsamem Blick. »Erkennen Sie mich denn nicht? Ich meine, klar, es ist lange her, aber ich hatte das Gefühl, mich an Sie zu erinnern. Und jetzt, wo ich Sie vor mir sehe, ist alles so deutlich, als wär’s erst gestern gewesen. Schon komisch, wie das Leben Menschen manchmal wieder zusammenführt, nicht?«
Mitch zuckte leicht mit Kopf und Schultern, um anzudeuten, dass er noch immer nicht durchblickte.
»Na ja, vielleicht sind Sie’s ja auch gar nicht… Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, weil ich wenige Monate später das Foto Ihrer Frau in der Zeitung gesehen hab. Sie ist eine berühmte Wissenschaftlerin, stimmt’s?«
»Stimmt. – Hören Sie, es tut mir Leid…«
»Sie haben vor langer Zeit mal drei Anhalter mitgenommen, zwei Mädchen und einen Jungen. Der Junge war ich.« Er deutete sich mit dem mageren Finger auf die Brust. »Eines der Mädchen hatte gerade ein Baby verloren. Die Mädchen hießen Delia und Jayce.«
Vor Verblüffung und plötzlicher Erkenntnis verlor Mitchs Gesicht jeden Ausdruck. Er war zwar überrascht, erinnerte sich jedoch an fast alle Einzelheiten, vielleicht deswegen, weil es sich ebenfalls in einem kleinen Motel abgespielt hatte.
»Morgan?«, fragte er und beugte sich vor, als zögen Gewichte an seinen Armen.
Der junge Mann zeigte plötzlich das breiteste Grinsen, das Mitch seit Monaten gesehen hatte. »Gott sei Dank«, Morgan standen tatsächlich Tränen in den Augen. »Entschuldigung.«
Er scharrte mit den Füßen, trat in die Sonne hinaus und wischte sich mit den Handrücken über die Augen. »Ist nur, weil nach all den Jahren… Tut mir Leid, ich verhalte mich idiotisch, aber ich bin Ihnen und Ihrer Frau wirklich dankbar.«
Mitch streckte die Hand aus, um Morgan davor zu bewahren, von der Veranda zu stürzen, und zog ihn sanft in den Schatten zurück. Und dann fielen die zwei Männer, die im Laufe der Jahre so vieles durchgemacht hatten, einander spontan um den Hals. Mitch lachte unwillkürlich. »Verdammt noch mal, Morgan, wie ist es Ihnen ergangen?«
Morgan gefiel zwar die Umarmung, aber Mitchs Sprache mochte er nicht. »He«, sagte er, »ich bin jetzt ein Anhänger von Jesus Christus.«
»Entschuldigung. Wo ist meine Tochter? Was können Sie mir sagen? Ich meine, es hört sich so an, als wären Sie zufällig auf eine Gruppe von Menschen gestoßen, die nicht gefunden werden will.« Er merkte, wie sich ihm eine Reihe von Fragen aufdrängten, die sich nicht aufschieben, geschweige denn unterdrücken ließen. »SHEVA-Leute – haben Sie die vorhin nicht Sheviten genannt? Wie viele sind es? Eine ganze Kommune? Woher wussten Sie, dass ich nach meiner Tochter suche?«
»Wie ich schon sagte: vom Geschäftsführer des Motels, er ist der Onkel meiner Freundin. Ich liefere Elektrozubehör an die Autowerkstatt aus, die er an der North Main betreibt. Er hat’s mir erzählt und da hab ich mich gefragt, ob Sie das sind. Sie haben nämlich einen starken Eindruck auf mich gemacht.«
»Würden Sie mich dorthin bringen – nur für den Fall, dass man mir nicht traut?«
»Ich bin ziemlich sicher, dass man Ihnen trauen wird, aber…
es ist schwer zu finden. Ich bringe Sie gern hin, kann ja sein, dass Ihre Tochter wirklich dort ist. Ich kenne sie ja nicht, verstehen Sie? Aber wenn sie wirklich da draußen ist… würde ich Ihnen den Gefallen gern erweisen, ich schulde Ihnen nämlich etwas.«
»Alles klar. Würden Sie auch meine Frau mitnehmen? Sie ist die Berühmtere von uns beiden.«
»Ist sie hier?« Bei Morgan begann wieder das schüchterne Ich Oberhand zu gewinnen.
»Sie wird in zwei Stunden hier sein. Ich hole sie vom Flughafen in Las Vegas ab.«
»Kaye Lang?«
»Genau die.«
»Du meine Güte! Ich hab in meiner Freizeit
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