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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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lachen gehört. Es war ein Lachen, in dem nicht nur Belustigung über ihn, sondern über das ganze lächerliche Leben mitschwang. Er konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal auf diese Weise gelacht hatte.
    »Du klingst glücklich«, bemerkte er.
    »Ich bin keineswegs glücklich«, widersprach Kaye empört.
    »Das Leben ist ein einziger Mist, aber wenigstens ist unsere Tochter…« Ihr Gesicht verzerrte sich. Sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte: »Sie wird leben, Mitch, das ist doch ein wahrer Segen, oder nicht? Ist das, was ich empfinde…. einfach Dankbarkeit und Erleichterung?«
    »Und wem bist du dankbar? Etwa einem Gott, der kleinen Kindern grässliche Krankheiten beschert?«
    Kaye breitete die Arme aus und deutete auf das Schlafzimmer, die Überdecke aus Spitzen, die Wände mit den Holzpaneelen, die unter Glas gepressten Trockenblumen in ihren Goldrahmen, den hübschen Wasserkrug auf dem weißen Korbtablett am Nachttisch. Mitch musterte ihre verschwollenen Augen und das rote Gesicht mit echter Sorge.
    »Wir sind doch wirklich besser dran als viele andere«, sagte sie. »Wir können uns glücklich schätzen, dass unsere Tochter noch am Leben ist.«
    »Aber das ist nicht Gottes Werk«, bemerkte Mitch mit wachsender Bitterkeit. »Das ist unser Werk. Gott hätte sie sterben lassen, so wie er gegenwärtig Tausende solcher Kinder wie Stella sterben lässt.«
    »Aber was ist es dann, was ich empfinde?«, fragte Kaye und streckte die Hände nach Mitch aus, die er ergriff. Draußen war eine Amsel zu hören und sein Blick wanderte zum Fenster.
    »Das ist die Nachwirkung des Schocks wegen Stellas Krankheit, du fällst jetzt ins andere Extrem«, sagte er und merkte, wie seine Wut sich wieder legte. »Wir können uns ja nicht ständig nur beschissen fühlen, sonst würden wir einfach resignieren und uns die Kugel geben.« Er zog Kaye, die immer noch auf dem Bett lag, auf die Knie und dehnte sie, während er sie umarmte, bis ihre Wirbelsäule knackte.
    »Au!«
    »Das tat doch gar nicht weh. Jetzt fühlst du dich bestimmt schon besser.«
    »Stimmt.« Kaye schlang ihm die Arme um den Hals.
    In diesem Augenblick schob sich Stella ins Zimmer. »Ich hab das Ding da noch an meinem Handgelenk«, erklärte sie und zerrte an dem Pflaster. »Das tut weh auf der Haut.«
    Sie starrte ihre Eltern an, die immer noch nackt waren und sich umarmten. Es hatte keinen Zweck, Stella etwas vorzumachen. Sie konnte jeden Geruch im Zimmer wahrnehmen. Schon als Kleinkind schien sie instinktiv zu begreifen, was es mit dem Sex auf sich hatte. Trotzdem ließ Mitch Kaye los, schwenkte herum und griff nach dem Bademantel.

    Kaye wickelte sich in die Tagesdecke und ging zu ihrer Tochter hinüber, die sich von ihr umarmen ließ. Gleich darauf trugen Kaye und Mitch sie zurück in ihr Bett.

    51
    Ohio

    »Unsere letzte Verbindung zur Außenwelt«, bemerkte Augustine und streckte das Satellitentelefon hoch. »Gott segne den Geheimdienst, auch wenn man sich diesen Segen zweimal überlegen sollte. Schließlich haben die sich in ihren Wagen verrammelt und sich nicht als Helfer angeboten.« Er stieg die Treppe zu Trasks Büro hoch. An seinem Bein waren Streifen von Erbrochenem angetrocknet, das nicht von ihm selbst stammte.
    Dicken schleppte sich hinter Augustine die Treppe hinauf.
    »Der Server der Schule ist besonders gesichert. Ich habe zwar Juries Kennwort für die Laborrechner knacken können, aber den Zugangscode fürs allgemeine Netz kenne ich nicht.«
    »Ich weiß. Mit welchem Virus haben wir’s überhaupt zu tun?«
    »Mit einer neuen Variante von Coxsackie. Die Kinder haben eine Infektion, die Hände, Füße und Mund angreift.«
    Augustine öffnete die Tür zum Büro. »So wie Maul- und Klauenseuche beim Vieh?«
    Dicken schüttelte den Kopf. »Sie sind müde, wie ich merke.
    Nicht Maul- und Klauenseuche, sondern HFMI, Infektion von Hand, Fuß und Mund. Eine Virusinfektion, die zu den ganz normalen Kinderkrankheiten zählt.«
    »Rekombiniert?« Augustine nahm hinter dem Schreibtisch Platz und legte das Telefon vor sich. Als er eine Nummer eingab, war nur ein Rauschen und Summen zu hören. Er fluchte und wählte eine andere.
    »Ja«, sagte Dicken.

    »Mit alten endogenen Viren?«
    »Genau.«
    »Scheiße. Wie ist das möglich?«
    »So was hab ich auch noch nie erlebt.«
    »Warum sollen wir uns dann überhaupt die Mühe machen und noch irgendwo anrufen?« Verärgert brach Augustine mitten im Wählen ab. Seine Fingernägel starrten vor

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