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Die Darwin-Kinder

Die Darwin-Kinder

Titel: Die Darwin-Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Zusammensein mit den anderen Kindern zu wehren. Sie waren zwar nett, trotzdem wünschte sie sich verzweifelt zurück nach Virginia, in das Haus, aus dem sie früher einmal hatte weglaufen wollen. Jetzt kam es ihr wie der schönste Ort auf der ganzen Welt vor.
    Als aus Wochen Monate geworden waren, ohne dass jemand sie abholen kam, begann sie schließlich, auf die Mädchen zu hören, ihre Hände zu berühren und ihre Düfte einzuatmen.
    Nach und nach fügte sie sich ein und widersetzte sich nicht mehr.
    Im Sommer waren die Tage in der Schule lang und heiß, im Winter kalt. Der Himmel wirkte riesig und unberührt vom menschlichen Geschehen, ganz anders als der von Bäumen eingerahmte Himmel in Virginia. Selbst die Insekten sahen hier anders aus.
    Stella gewöhnte sich daran, in Klassenzimmern zu sitzen und die Besuche von Ärzten über sich ergehen zu lassen.
    Abgeschirmt durch ihre Jugend und die Zeit des Erwachsenwerdens, bemühte sie sich zu vergessen. Und selbst wenn sie schliefen, vermochten ihre Freundinnen sie zu trösten.

    Teil 2

    SHEVA
    + 15

    SHEVA-Eltern, die auf Grundlage der Notstandsverordnungen wegen subversiver Tätigkeiten zwei Jahre oder länger in Bundesgefängnissen festgehalten wurden, ohne dass Anklage gegen sie erhoben wurde, dürfen jetzt hoffen: Offenbar wollen Bezirksgerichte einzelner Bundesstaaten, der geheimen Direktive des Präsidenten zum Trotz, ihre Fälle jetzt wieder aufrollen, wie aus gut unterrichteten Kreisen im Umfeld des kalifornischen Justizministeriums verlautet.
    Das Recht von SHEVA-Eltern, ihre Kinder in den Spezialschulen des Krisenstabs zu besuchen, kann nach Prüfung des Einzelfalls gegebenenfalls wieder in Kraft gesetzt werden. Dies teilten Sprecher der Regierung bei einer Anhörung vor dem Abgeordnetenhaus mit. Weitere Einzelheiten wurden nicht bekannt gegeben. Die Gruppe
    ,Bürgerkontrolle über nationale Sicherheit und Gesundheit‘, eine mit der Partei der Grünen verbundene Vereinigung, die die Aktivitäten der Regierung kritisch verfolgt, hat Protestmaßnahmen gegen diesen Wandel in der Politik angekündigt.

    New York Times, Elektronischer Nachrichtendienst zur
    Nationalen Krise

    Sie zünden Bomben. Sie setzen sich selbst in Brand. Sie blockieren den Straßenverkehr. Ihre Kinder tragen Krankheiten in sich, die wir uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Teufel noch mal, auch die Eltern selbst können uns mit Krankheiten infizieren, die im schlimmsten Fall tödlich sind. Wenn man zwischen ihren Bürgerrechten und der Gesundheit unserer eigenen wunderbar normalen Kinder wählen muss, dann zur Hölle mit den Bürgerrechten. Ich sage: Scheiß auf die Amerikanische Vereinigung zum Schutz der Bürgerrechte. Das hab ich immer schon gesagt und werde es, falls nötig, auch bei jeder Gelegenheit wiederholen.

    Kongressabgeordneter Harold Barren,
    Wahlbezirk North Carolina,
    in einer parlamentarischen Debatte über die Bürgerrechte.

    Fünfzehn Jahre – dieser Druck bringt uns um, so kann es nicht weitergehen.
    Wenn wir die Habeas Corpus-Akte aufheben, ohne dass ein Aufschrei durch das Volk geht, wenn man unsere Nachbarn, Angehörigen und selbst unsere Kinder in Lastwagen unbekannter Herkunft verschleppt, während wir uns ängstlich und erleichtert darüber, dass es nicht uns getroffen hat, in unsere Mauselöcher verkriechen, dann ist der kritische Punkt erreicht. Dann ist das Ende einer ganzen Lebensweise, das Ende der amerikanischen Philosophie und Psychologie in greifbare, allzu greifbare Nähe gerückt. Es mag sogar sein, dass dieser kritische Punkt bereits überschritten ist.
    Eine Regierung, die ihre Legitimation aus nackter Angst bezieht, lockt die schlimmsten Elemente an, die sie von innen heraus zugrunde richten. Eine Regierung, die gegen ihr Volk und gegen jeden Einzelnen agiert, steht auf sehr wackligen Fundamenten und wird zwangsläufig zusammenbrechen. Sehr bald schon.

    Jeremy Willis, Die Neue Republik

    1
    Washington, D.C.

    Über der Hauptstadt hatten sich dicke, grünlich schimmernde Wolken zusammengezogen, es würde bald regnen. Die stickige Luft machte das Atmen schwer. Kaye hatte von Dulles aus einen Dienstwagen der Regierung genommen. Sie trug ein elegantes graues Kostüm mit blassgelber Rüschenbluse und bequeme Laufschuhe. Ihre hochhackigen Pumps hatte sie in der Schultertasche verstaut. Am Morgen hatte sie ihr Gesicht sorgfältig zurecht gemacht und sich später auf einer Toilette in Dulles nachgeschminkt. Ihr war klar, wie sie aussah:

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