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Die Delegation

Die Delegation

Titel: Die Delegation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Erler
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und tot. Tywell hatte viel darüber gelesen.
    Die UFOs müssen mit Infrarot-Sensoren ausgerüstet sein, denn sie tauchen meist über Industriegebieten auf. Und niemals über dem offenen Meer.
    Zum Abschied machte er Fotos von uns und versprach, uns Abzüge zu schicken.
    »Fünfzig Dollar, ist das eigentlich viel Geld für Sie?«
    »Viel Geld wofür – und wieso?« – Tywell verstand nicht so recht.
    »Sie haben damals fünfzig Dollar bekommen, für die Fotos mit den UFOs.«
    »O ja, stimmt, vom SUDBURY STAR. Und dann noch ein paar hundert für die Nachdrucke von anderen Zeitungen. Ja, das hatte sich gelohnt.«
    Seither liegt die Kamera immer schußbereit auf dem Fensterbrett. Aber so ein Zufall, meint Tywell, den gibt es nur einmal im Leben.

 
32
 
    Der Wasserbehälter war nicht zu übersehen, dieses silberne, UFO-ähnliche Gebilde auf Stelzen hoch über der Stadt. Dicht unterhalb lag das, Haus mit der überdachten Terrasse. Aber Verena Cumber wohnte nicht mehr hier, schon seit einem halben Jahr nicht mehr. Sie war nun Lehrerin in Sault-Sainte-Marie, einer Minenstadt drei Stunden westlich von Sudbury.
    Dort wurde nicht gestreikt. Die Stahlwerke spuckten ihren Dreck in den herbstlichen Himmel. Algoma-Steel, ein Weltbegriff.
    Sault-Sainte-Marie liegt an der engen Wasserstraße zwischen dem Lake Superior und dem Lake Huron, dem North-Channel. Hier werden Hochseeschiffe durchgeschleust. Kanada endet in der Mitte dieses verölten, schmutzigen Gewässers, das südliche Ufer gehört bereits den USA. Im nördlichen, kanadischen Teil gibt es vierundzwanzig Schulen! »Ja, Miß Cumber unterrichtet hier.« – Der Direktor war sehr jung und sehr sportlich.
    Es war die neunte oder zehnte Schule, die wir besuchten.
    »Wir hätten sie gerne gesprochen, ist das möglich?«
    »Natürlich ist das möglich. In welcher Angelegenheit?«
    »Eine Privatsache. Nichts Besonderes!«
    »Nichts Besonderes und privat? Und deshalb schickt das Fernsehen Leute aus Europa? Das glaube ich Ihnen nicht ganz. Geben Sie mir Ihre Adresse, ich werde mit ihr sprechen und schicke Ihnen eine Nachricht ins Hotel.«
    »Wir haben nur ein paar Fragen. Das läßt sich in einer Pause erledigen oder nach dem Unterricht.«
    »Ja, ich verstehe, ich gebe Ihnen Bescheid. Sie müssen sich nur einige Tage gedulden. Miß Cumber ist auf einer Exkursion mit ihrer Klasse, zu den Kakabeka Falls, glaube ich. Morgen oder übermorgen wird sie zurück sein.« Schon am nächsten Tag lag ein Brief in meinem Fach:
     
    »Ich weiß, es ist unhöflich, daß ich nicht mit Ihnen sprechen will – aber ich kann nicht. Ich bin abgereist. Die Schule hat mich beurlaubt, bis Sie und Ihre Leute die Stadt verlassen haben. Seit ich damals von Ihnen oder Ihrem Kollegen zu diesem Arzt in Washington gebracht wurde, seit ich dort erfahren habe, was mit mir geschehen ist, bin ich in psychotherapeutischer Behandlung.
    Ich bin aus Sudbury weggezogen, habe Freunde verlassen, die Schule gewechselt. Lassen Sie mich in Ruhe. Ich will die Geschichte vergessen. Ich will versuchen, sie zu vergessen. Verzeihen Sie mir. Verena Cumber.«
    Die Geschichte damals …
    Es muß der 7. oder 8. Oktober gewesen sein. Roczinski saß in Washington.
    Er hatte Verena Cumber zu sich gebeten. Sie hatte Urlaub genommen, hatte sich für ein Experiment zur Verfügung gestellt. Damals entstanden die Rollen drei und vier:
     
    Ankunftshalle im National Airport Washington. Roczinski steht mit seinem Mikrofon neben der Rolltreppe. »Das Kanadische Defense-Research-Board hat die Lehrerin Verena Cumber drei Tage lang ohne Erfolg verhört. Jetzt ist sie hierher nach Washington gekommen, um sich von dem Psychiater Dr. Goldstone behandeln oder, sagen wir besser, ›aushorchen‹ zu lassen.
    Denn bevor die Militärs diese ›Leute‹ töten, sollten wir doch erst einmal hören, ob und was sie uns zu sagen haben …« Er blickt die Treppe hoch, winkt. Die Kamera schwenkt nach oben. Dort erscheint Miß Cumber und winkt zurück. Sie schwebt auf der Rolltreppe langsam herunter. Begrüßung. Roczinski nimmt ihr die Tasche ab. »Hallo Miß Cumber, how are you?«
    »Thanks, fine …«
    In Dr. Goldstones Praxis. Begrüßung. Miß Cumber nimmt Platz. Goldstone betrachtet sich die Fotos aus Miß Cumbers Apparat. Die fahlen Wesen auf dem Kamm des Hügels, neben dem Wagen. Langsam trinkt er seinen Kaffee. Dann blickt er auf, zur Kamera, und gibt ein unmißverständliches Zeichen: Bitte, schalten Sie ab! Szenenwechsel.
    Dr. Goldstone, Miß Cumber

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