Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Fotografen, da sieht man nichts. Und das andere ist gegen die Sonne fotografiert. Trotzdem. Vielleicht sehen wir ja etwas.«
Endlich kam Bewegung in die Ermittlungen. Er legte den Gang ein und fuhr jetzt sehr schnell.
Auf der P olizeistation wartete Maline Baudou schon auf sie. Dann waren da die Bilder, etwas unscharf, aber riesengroß. Brigitte war deutlich zu erkennen. Aber der Mann stand so ungünstig, dass man nicht einmal sah, welche Kopfform oder welches Haar er hatte. Trotzdem klingelte irgendetwas bei Lene. Sie ging nach vorn bis vor die Leinwand. Das Ohr. Irgendwo hatte sie so ein Ohr schon einmal gesehen. Es war ihr in seiner Kleinheit und seinen Schnörkeln aufgefallen, weil dieses Ohr irgendwie nicht zum Besitzer passte. Wer war das? Ein großer Mann. Es hätte Sebastian sein können oder Jean-Pierre oder Philippe. Oder jeder andere. Deutsche? Rolf oder Frank? Wer noch?
» Haben wir kein Datum erkennen können auf der Aufnahme?«
Maline schüttelte den Kopf.
»Nein, habe ich auch schon gefragt. Wir können es nur so einordnen in der Reihenfolge, dass es nach dem Ausflug nach Montségur war. Also nach der Trennung von dem unbekannten Lover. Falls das Foto nicht in eine Lücke gerutscht war, die man durch gelöschte Aufnahmen erzeugt.«
Luc und Lene sahen sich ratlos an. So nah dran und jetzt wieder Hindernisse. Irgendetwas konnte Lene zuordnen. Nur was? Es fiel ihr nicht ein.
» Fährst du mich nach Hause? Mir dreht sich der Kopf. Ich muss jetzt erst einmal nachdenken und brauche dafür Ruhe.«
Luc nickte erschöpft. Auch er konnte den Dämpfer auf ihre Hoffnungen jetzt schwer wegstecken, sackte in einen energetischen Keller.
Als er sie abgesetzt hatte war er gleich weitergefahren, nachdem er noch einmal versucht hatte aufmunternd zu lächeln.
Lene fühlte plötzlich Hunger, wie so oft nach großer Anspannung. Sie holte sich erst einmal den Rest des Baguettes vom Frühstück – wie lang war das schon her? - und ein Stück Käse. Dann trank sie eine halbe Flasche Wasser. Langsam ging es ihr besser. Die nackten Beine auf einen zweiten Stuhl ausgestreckt, lehnte sie sich entspannt zurück und schloss die Augen.
Da klingelte ihr Handy. Es war Conny Eberhard. Lene erklärte, wer sie war.
» Natürlich will ich helfen, ich weiß nur nicht wie. Aber wenn ich kann – fragen Sie!«
» Hat Brigitte einmal über ihre Affäre im Frühsommer mit dem verheirateten Mann mit Ihnen gesprochen?«
Lene spürte, wie jetzt vor Anspannung ihre Hand den Hörer umkrampfte. Feuchte Hände.
»Ja. Wir hatten nie Geheimnisse voreinander.«
Eine kurze Pause, Lene hörte ein Schlucken auf der anderen Seite. Dann eine Stimme, die merklich leiser, trauriger war als vorher.
»Doch, sie hat über ihn gesprochen. Auch später noch, nachdem sie sich von ihm getrennt hatte. Er war ja so penetrant, wollte einfach nicht kapieren. Dabei war er doch verheiratet. Brigitte hat oft …«
Jetzt hielt es Lene doch nicht länger aus. »Wissen Sie, wie er heißt? Wir finden nicht heraus, wer es ist.«
» Doch, er heißt wie mein Cousin. Frank – das konnte ich mir ja leicht merken. Dabei wohnte er noch nebenan, sie konnte ihm nicht völlig ausweichen.«
Frank Mitterer. Natürlich. An ihm war en ihr diese Ohren aufgefallen! Er hatte Lene damals doch am Strand getröstet , nach Sebastians vermeintlichem Verrat. Dass sie das nicht sofort bemerkt hatte! Sie bedankte sich bei Conny und legte auf. Frank Mitterer, der gut aussehende, große, kräftige Mann. War sie blind gewesen?
Ihre Hände zitterten, als sie Lucs Nummer wählte. Die Mailbox. Verdammt! Sie hinterließ die Nachricht und bat ihn möglichst schnell zu kommen.
Dann sprang sie auf. Stopfte Handschuhe in die Tasche für alle Fälle und nahm ihr Rad.
In Brigittes Allee fuhr sie betont langsam, ferienmäßig. Henri war nicht da. Brigittes Caravan lag immer noch still in der Nachmittagssonne. Das Absperrband war inzwischen schon an zwei Stellen durchgerissen, die Enden lagen auf dem Rasen.
Sie ließ ihr Fahrrad dort. Alles war ruhig . Offenbar nutzten die Urlauber rundherum den heißen Tag für den Strand. Auch bei Frank und Nicole war alles still. Sie betrat vorsichtig das Vorzelt, rief nach Frank, nach Nicole. Keine Antwort. Sie versuchte die Tür des Caravan zu öffnen. Holte tief Luft, als sie merkte, wie die Tür nachgab. Sie hatten vergessen abzuschließen – oder waren sie in der Nähe? Was sollte sie tun? Sie wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis Luc ihre
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