Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Nachricht abhörte. Sie mussten etwas haben um die DNA überprüfen zu können. Wenn er sich weigerte, war dieser Weg bis zu einer richterlichen Verfügung versperrt. Und sie brauchten etwas und zwar sofort! Ihr Eindringen war illegal – aber war nicht Gefahr im Verzug? Wie war das in Frankreich? Egal – sie wusste, sie konnte nicht mehr zurück, wollte nicht. Wie oft hatte Kalle sie schon bei Ermittlungen von solchen Abenteuern zurückzuhalten versucht, fast immer hatte er schließlich nachgegeben und fast immer waren sie gerade durch solche Aktionen erfolgreich gewesen. Nun mach schon, Lene.
Ein großes Wohnzimmer, Sofasitzecke mit kleinem Tisch, Fernseher, Einbauk üche, Essplatz. Komfortabel. Dann links das Badezimmer. Leise öffnete sie die Tür, Eine Haarbürste mit blonden und braunen Haaren. Sie löste sie heraus und steckte sie in die kleine Tüte. DNA-Probe gesichert. Eigentlich jetzt Zeit für den Rückzug. Aber – das curryfarbene Sweatshirt - vielleicht konnte sie das noch finden. Wenigstens sehen, ob es da war. Vor ihr lag das Schlafzimmer, richtig mit einem Doppelbett ausgestattet, nicht wie bei ihr nur eine umgeklappte Sitzecke. Alles hübsch aufgeräumt und – sie lächelte bei dem Wort – adrett. Aber so war der Eindruck. Nicoles Handschrift. Ein nettes Ehepaar in einem netten Wohnwagen.
Rund um das Bett Einbauschränke in hellem Holz. Sie öffnete die Türen, eine nach der anderen. Nicoles Sachen, Nicoles Röcke und Kleider, dann endlich – Franks Schrank. Ein Stapel Sweatshirts, ein curryfarbenes dazwischen –
Das Licht veränderte sich, wurde plötzlich dunkler. Sie riss den Kopf hoch im Sp üren von Gefahr. Frank stand im Eingang. Ein Blick auf Lene, auf den Schrank und sie sah an seinem Gesichtsausdruck, dass er verstanden hatte. Wo war nur Nicole?
» Willst du dir etwas zum Anziehen leihen oder wie soll ich diesen Einbruch verstehen?«, zischte er leise.
Ihr wurde kalt. Sie saß in der Falle, ohne Waffe, kö rperlich unterlegen in diesem engen Raum, in dem sie nicht einmal ihre Selbstverteidigungsgriffe anwenden konnte. Aber dazu kam es auch nicht mehr. Frank machte einen großen Schritt auf sie zu und dann sah sie nur noch die grenzenlose Wut in seine Augen und fühlte seine Hände um ihren Hals. Sie hatte keine Chance. Versuchte diese klammernden Hände wegzuziehen, bekam keine Luft. Dann sah sie rosa Schatten und die Dunkelheit schien auf sie zuzurollen.
» Was ist denn hier los?«
Der Griff lockerte sich, Lene japste nach Luft. Ein lautes Bellen, das schon einige Sekunden da gewesen war, aber ihr erst jetzt b ewusst wurde. Henri in der Tür. Der alte Mann stürzte sich nach vorn auf Frank, Thierry bellte und bellte. Frank blieb in der Bewegung erstarrt, als ob er seine Hände gleich wieder um Lenes Hals schließen wollte. Dann Polizeisirenen. Luc in der Tür. Es war vorbei.
Frank ließ sich auf das Bett fallen, verbarg sein Gesicht in seinen Händen, die ihm jedoch gleich weggezogen wurden und mit brutaler Gewalt schlossen sich die Handschellen auf seinem Rücken.
» Führen Sie ihn ab, er soll im Verhörraum auf uns warten«, herrschte Luc.
Lene hatte ihn bisher nie aufgeregt gesehen, jetzt war er außer sich. Erst als Frank abgeführt war, drehte er sich zu Lene. Ihr liefen inzwischen Tr änen der Erleichterung über das Gesicht. Es war ihr peinlich, aber gleichzeitig war da ein Teil von ihr, der einfach losließ. Luc gab ihr ein Taschentuch und zog sie an sich. Hielt sie wie ein Freund, der einen tröstet, für einen da ist, wenn es einem schlecht geht.
» Es ist vorbei«, versuchte er sie zu trösten. Sie wusste, dass ihm eigentlich viel eher nach einer Strafpredigt als nach Trost zu Mute war. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, bei der ganzen Aktion?
G enau diese Frage stellte auch Luc nachdem er ein Glas Wasser besorgt hatte und Lene es ausgetrunken hatte. Sie merkte, dass sie rot wurde wie ein Schulmädchen. »Ich dachte, es wäre eine unendlich kluge Idee mir DNA-Material zu sichern. Es tut mir leid, aber die Tür war offen und …«
» - und du hast nur nachgesehen, ob jemand zu Hause war. Weil die Tür nicht abgeschlossen war und niemand antwortete auf dein Rufen, hast du nachgesehen. Schließlich waren zwei Morde passiert, einer davon direkt nebenan. Da war es deine Pflicht …«
Jetzt grinste er mit all seinen Lachfalten und sie begriff, dass er ihr mit dieser Version ihre Professionalität zurückgab. Und sie vor einer Hausfriedensbruchanklage
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