Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
draußen, beschloss sie.
Als sie bei der langsam schwimmenden Nicole ankam, begrüßte sie di ese mit einem fröhlichen Lächeln, das Lene ins Herz schnitt. Sicher war es das letzte unbeschwerte Lächeln für lange Zeit. Ein festgehaltener Augenblick. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Nicole mit ihrer oft ein wenig naiven Anteilnahme an anderen etwas von den Morden wusste.
» Hallo Nicole. Ich hab dich gesucht. Frank hat sich übel den Fuß verknackst und mich gebeten dich zu holen.« Das hatte sie sich gerade zurechtgelegt. Das Lächeln erlosch.
» Was? Wie das denn?“
Schon drehte sie Richtung Strand und schwamm jetzt merklich schne ller. Als sie aus dem Wasser kamen, holte Nicole nur schnell ein Handtuch und ihre Tasche. Lene hatte inzwischen ein Shirt von Sophie über ihren nassen Bikini gezogen und bat ihre Kinder die Sachen von Nicole und Frank mitzubringen, da sich Frank doch den Fuß verdreht hatte. Sie und Luc verstanden sofort. Nicole war so erschrocken über Franks vermeintliche Verletzung, dass sie keine weiteren Fragen stellte und die beklommene Atmosphäre der Anspannung bei den anderen nicht bemerkte. Bloß erst hier raus, dachte Lene.
Als sie kurz vor der Abbiegung in Nicoles Alle w aren, gab Luc Lene mit den Augen ein Zeichen und sie blieb stehen. Nicole sah sie verwirrt an.
» Kommst du nicht mit?«
» Nein, Nicole, das ist es nicht. Denn bei euch ist die Polizei. Und ich muss dir vorher noch etwas sagen.«
Es war grausam. Nicole brach regelrecht der Schweiß aus, sie bekam keine Luft mehr. Der Schock, den die Nachricht von Franks Überfall auf Lene und seine Ve rhaftung auf sie auslöste, war greifbar.
» Aber wieso denn das alles? Wieso ist er über dich hergefallen? Das gibt doch gar keinen Sinn! Er mag dich doch. Wollte er dich .. .?«
Sie brach ab. Wollte sie vergewaltigen oder töten sagen? Sie war blass geworden, in ihren Augen das reine Entsetzen. Fassungslosigkeit. Vorsic htig tasteten ihre Hände an Lenes Hals entlang, als wollte sie die Male wegstreicheln.
» Nicole, wir haben den zwingenden Verdacht, dass Frank sowohl Brigitte als auch Marie ermordet hat.«
Die Hände erstarrten in der Bewegung.
»Nein. Das kann nicht sein«, murmelte sie und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Die Augen riesig.
» Nicole, du musst mit uns aufs Revier fahren und dort eine Aussage machen. Wir brauchen erst mal deine Antworten auf unsere Fragen. Hab so lange Geduld.«
Lene hatte zwischendurch immer für Luc übe rsetzt.
» Kann ich mir etwas zum Anziehen herausholen? Ich kann doch nicht so gehen!« fragte Nicole und es klang wie abwesend, mechanisch. Lene sah sie an, schätzte ihre Figur.
» Ich gebe dir etwas von mir. Du kannst jetzt nicht in den Wohnwagen bis die Spurensicherung durch ist. Wir finden schon etwas Passendes. Aber gut wäre es, wenn du deinen Ausweis hättest.«
Den hatte Nicole in ihrer Strandtasche. Bei Lenes Wohnwagen angekommen, suchten sie ein figurfernes Sommerkleid heraus. Es passte und der lebhafte Pinkgrundton ließ Nicole nicht mehr ganz so blass erscheinen. Lene entschied sich für ihre weißen Sommerhosen mit T-Shirt.
Frank wartete im Verhörraum. Durch die venezian ische Scheibe sahen sie ihn in der nüchternen Umgebung sitzen, weniger aufbegehrend als ergeben in die Situation. Oder suchte er fieberhaft nach einem glaubwürdigen Konzept? Sie beschlossen erst einmal Nicole zu befragen, die sie mit einem Polizisten in Lucs Büro zurückgelassen hatten.
» Nicole Mitterer, wir müssen Sie jetzt formell befragen. Sie sind geboren am 12. Oktober 1961. Wohnhaft in Bittendorf in Deutschland. Liegt Bittendorf nicht in der Nähe von Garmisch?«
Und als Nicole nickte, fuhr sie fort.
»Hotelbesitzerin sind Sie? Gehört das Hotel Ihnen beiden oder Ihrem Mann?«
Bewusst hatte Lene das Sie gewählt, um den offiziellen Charakter des Gesprächs hervorzuheben.
» Das Hotel gehört mir. Ich habe es von den Eltern geerbt.«
» Und wie kommt es, dass Sie so lange hier in Frankreich Urlaub machen können, warten Sie, seit sechs Wochen schon?«
Nicole blühte j etzt sichtlich auf. Wirkte jetzt viel aktiver und selbstständiger als sonst.
» Ja, im Sommer ist bei uns nichts los. Es ist eine reine Skiregion und unser Hotel ist ziemlich groß und sehr exquisit geführt. Da lohnt es sich nicht für ein paar Sommergäste aufzumachen. Die Unkosten wären zu hoch. Deshalb machen wir im Sommer lange Ferien. Wenn wir zurückkommen, beginnen dann die Vorbereitungen
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