Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
hatte.
Florence sagte nur „ Non ! Ich glaube das nicht! Nicht Brigitte! Das wäre doch - Das kann er nicht…«
» Was wäre doch? Und wen meinst du mit Er ?«
Aber Lene bekam keine Antw ort. Dann plötzlich fast wispernd noch einmal » Non .« Sie sank in sich zusammen.
Philippe erwachte aus seiner Erstarrung und nahm sie trös tend in seine Arme. Über ihren Kopf hinweg sah er Lene an.
» Was ist passiert?«, fragte er endlich.
Len e erzählte von Henri, wie der Brigitte in der Nacht gefunden hatte. Versuchte dabei, die Fakten so ruhig zu schildern, dass die beiden wieder in der Realität ankommen konnten, zu sich finden. Florence war inzwischen wieder aus Philippes Armen aufgetaucht und sah Lene mit ihren großen Augen entsetzt an. Keine Tränen. Bei manchen ist der Schock zu groß dafür, das Entsetzen zu tief, dachte Lene.
» Ihr könnt uns helfen den Mörder zu finden. Ich weiß dass das jetzt so kurz nach der Nachricht viel verlangt ist, aber wir müssen die ersten Stunden nutzen. Was meintest du, was meinten Sie, Florence, vorhin mit ‚das wäre doch …? Warum hätte jemand Brigitte etwas tun können?«
Lene war in das Du des Campingplatzes gefallen, und als sie sich korrigierte, winkten beide ab. Aber erst auf Philippes Drängen kam Florence mit dem heraus, was sie gemeint hatte.
» Brigitte – ich weiß auch nicht. Sie hatte irgendetwas am Laufen. Ich glaube es ging um eine Antiquität. Etwas sehr Kostbares, das sie entdeckt hatte. Ach, ich weiß auch nicht viel mehr. Nur dass sie ganz aufgeregt war. Einmal am Telefon sagte sie etwas von Kathare . Ich habe dann überlegt, ob sie damit die Katharer meinte. Oder etwas anderes. Sie sprach Deutsch. Aber als ich sie fragte, bekam ich keine Antwort.«
Lene hatte sofort die Assoziation von Katarrh, Erkältung. Denn eine Antiquität, die etwas mit den Katharern , dieser alten Religionsgemeinschaft, die seit über 700 Jahren ausgelöscht war, zu tun gehabt hätte, schien doch etwas weit hergeholt.
» Und wen hast du gemeint mit ‚Das kann er … Wer ist er ?«
Florence’ Miene verschloss sich. Sie sah zwar Lene an, aber diese spürte, dass sie hier noch nicht weiter kam. Warum nicht?
» Meinst du vielleicht Jean-Pierre?«, versuchte sie es trotzdem.
» Jean-Pierre? Wieso – ich glaube er wäre dazu gar nicht - mon Dieu , dem müssen wir ja auch Bescheid sagen! Und Marie.«
Lene beschloss loszulassen und erst s päter darauf zurückzukommen.
» Wo ist Marie? Und wo finde ich Jean-Pierre?«
Sp ürte sie ein Aufatmen bei Florence? Sehr bemüht gab sie sofort Auskunft.
» Wir gehen mit zu Marie, sie wohnt zwei Alleen weiter. Und Jean-Pierre ist in dem anderen Feriendorf. Aber für seine Arbeit ist es noch zu früh. Er fängt erst um halb elf an in der Pizzeria. Auf seinem Campingplatz waren wir noch nie.« Philippe nickte zustimmend.
Gut, dann habe ich ja vor elf Uhr alle zusammen und wir können gemeinsam zu Renaud, atmete Lene auf, die sich schon mit sämtlichen Kollegen des Reviers auf der Suche nach dem unbekannten Jean-Pierre ohne Nachnamen gesehen hatte.
Marie Schuster war Deutsche. Ein unscheinbares Mädchen, alles an ihr war unauffällig. Ihr Haar mittelblond ohne Schimmer, ihre Augen blaugrau, aber auch sie hatten wenig Farbe. Die Lippen blass. Schüchtern sah sie nach unten und ihr Haar fiel wie ein Vorhang vor ihr Gesicht. Als Lene ihr sagte, was passiert war, war Maries Reaktion völlig verschieden von der der anderen. Sie brach in lautes Weinen aus, suchte Halt, indem sie Florence umarmte und rief ständig Brigittes Namen. Erst als Maries Schluchzen etwas verebbt war, gelang es Lene zu ihr durchzudringen.
» Marie, weißt du irgendetwas, was uns helfen könnte, ihren Mörder zu finden? War Brigitte über irgendetwas besorgt, war sie bedrückt? Hatte sie Angst vor jemandem?«
Marie sah ihr kurz in die Augen, dann wich sie zu Florence aus. Zurück zu Lene.
» Nein, nicht, dass ich wüsste.« Schon wieder einmal dieser verräterische Satz, der ihr in seiner Unbestimmtheit immer auf die Nerven ging. Wusste sie nun oder wusste sie nicht? fragte sie sich ungeduldig. Oft verbarg sich hinter diesem verneinten Konjunktiv ein Wissen um etwas oder zumindest eine Vermutung.
Sie bat alle drei jetzt erst einmal einen Kaffee zu trinken. Sie würde sie dann um zehn Uhr abholen und sie könnten zusammen Jean-Pierre aufsuchen und dann zu Kommissar Renaud fahren um bei der Aufklärung zu helfen, wie sie es bewusst beruhigend formulierte.
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