Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Morgenstunde war es immer noch sehr still hier. Die Sonne wurde durch die Blätter der Akazie gefiltert, der Oleanderbusch neben ihr blühte, der wilde Kater schlich unter dem Wohnwagen vorbei. Etwas zu fressen nahm er immer erst am späten Nachmittag an. Die kleinen Spatzen hüpften hoffnungsfroh neben ihrem Tisch ungeduldig von einem Bein auf das andere. Stürzten sich auf die Brotkrümel. Sie lehnte sich zurück und nahm die Umgebung ganz tief in sich auf. Sammelte Kraft um sich während des Tages konzentrieren zu können. Denn wirbelig würde er werden.
Dann rie f sie Kalle an und berichtete. Aber bei ihm nichts Neues. Sie hatte immer noch keinen Auftrag für ihn, sie glaubte nicht daran, dass sie in Nürnberg etwas finden würden, das sie weiterbringen würde. Sie zögerte, ihm etwas von dem Fund zu erzählen. Später. Beschränkte sich erst einmal auf das Tagebuch und den Lover.
Um zehn stand sie vor dem Büro und erwischte Monique, die sie von den Mitarbeitern an der Rezeption am besten kannte. Hinten im Büro hörte sie die anderen über den Mord an Brigitte sprechen. Moniques Augen weiteten sich vor Mitgefühl und waren dadurch noch ausdrucksvoller als sonst. Schöne Augen. Gepaart mit Warmherzigkeit.
Aber schnell gingen die beiden Frauen zur sachlichen Ermittlung der Nachbarn über . Lene sah in ihren Notizen nach, die sie sich vorher gemacht hatte. Am 23. Juni hatte Brigitte einen Schlussstrich unter die Beziehung gezogen. Also vorher. Zwischen dem 12. Juni, als ER das erste Mal auftauchte und dem 23. Juni.
Sie hatte die Alleen aufg ezeichnet und setzte jetzt die Platznummern mit den Namen und Belegungszeiten ein. Monique war schnell und kompetent wie immer. Sie diktierte und Lene notierte sich die Namen und Telefonnummern.
Henri Fournier war Dauercamper, das hieß er lebte hier vom 15. März bis 15. Oktober.
Frank und Nicole Mitterer waren seit dem 8. Juni hier – gebucht bis 26.Juli.
Lange Ferien, was machten die beruflich? Muss ich noch fragen. Verheiratet. Also machte Lene schon mal ein Kreuzchen bei Frank als einen möglichen Kandidaten.
Die Italiener Angelina und Mario Perruzi waren seit dem 10. Juni hier. Mein Gott, hatten die hier alle so viel Zeit? Sie durfte nicht vergessen ihre Platzbelegung zu verlängern. Mario, ein schöner Mann. Wieder ein Kreuz.
So ging es weiter. Enrico und Pia a us Madrid waren bis zum 18. Juni hier gewesen. Kringel für anrufen. Danach ein deutsches Paar, Rolf und Helga Zabel. Die kannte sie. Rolf war groß und sportlich. Kreuzchen.
Und weiter - Kreuzchen, Kringel, D urchstreichen. Die letzteren waren nicht zu der betreffenden Zeit da gewesen. Monique hatte ihr verschiedenfarbige Leuchtmarker zur Verfügung gestellt, so dass sie gleich die Namen einteilen konnte, in deutsche, die in ihren Bereich fielen oder in französische. Mit den anderen Nationalitäten mussten sie sehen. Die Niederländer markierte sie für sich, da sie meist deutsch sprachen, bei Englisch konnte sie auch noch helfen. Sie wusste ja, wie ungern Franzosen fremde Sprachen lernten. Lucs Leute wiederum konnten vielleicht Spanisch.
Einmal zwischendurch kam Direktor Foulois aus seinem Büro und fragte Lene, ob es schon etwas Neues gab. Er, der sich mit viel Energie unermüdlich selbst um alles auf dem Platz kümmerte, sah müde und erschöpft aus. Man sah ihm die Sorge an. Er hoffte nur noch, dass der Täter bald gefasst wäre. Lene konnte ihn verstehen.
Die Allee Brig ittes und die anstoßenden Plätze auf der Rückseite ihres Caravans. Ermüdend. Aber schließlich hatten sie und Monique die Namen herausgefiltert. Die Liste war komplett.
Lene dachte dann auch noch an die Verlängerung der Reservierung ihres eigenen Platzes für drei weitere Wochen – in etwa.
Ein kurzer Gedanke flog zu Mike. Blaue Augen läche lten sie an. Warme Haut. Sehnsucht. Sie wollte ihn heute Abend unbedingt anrufen. Oder noch besser heute Nacht. Wenn alle schliefen. Seine Stimme hören.
An die Arbeit, Lene, e rmahnte sie sich. Auf dem Weg zurück wurde sie von Bernard überholt, der Jonas’ und Susannes Caravan im Schlepptau hatte. Sie selbst, ebenso wie die beiden, stellten ihre Wohnwagen bei ihm während des restlichen Jahres unter. Seine Hand winkte aus dem Fahrerfenster und kurze Zeit später holte sie ihn ein, als er gerade den Caravan auf Jonas’ Platz rangierte. Heute nur Zeit für eine schnelle Begrüßung. Wie schade, sie liebte die Gespräche mit ihm, seine Lebhaftigkeit. Er versorgte sie immer mit
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