Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
wie flüssig sie Deutsch sprachen. Aber auch sie hatten nichts bemerkt. Viele Plätze waren im Juni auch noch nicht belegt. Vielleicht würde Luc bei den Franzosen erfolgreicher sein.
Wie sollte sie heute nur noch einen Besuch bei Marion und Ferdinand unterbringen?
Sie griff nach dem Handy und rief die Nummer auf. Marion war gleich am Apparat.
» Lene, ich wollte dich auch schon anrufen, aber ich dachte, du bist vielleicht zu beschäftigt. Weißt du, was wir jetzt machen müssen? Die Formalien?«
Lene fühlte sich bedrückt. Marions Stimme klang le blos, apathisch. Ihre Freundin brauchte sie sicher. Aber wann?
» Ich habe wirklich heute einen vollgepackten Tag. Es tut mir so leid, aber ich bin noch mit den Ermittlungen beschäftigt. Was ihr jetzt machen müsst, weiß ich auch noch nicht. Das kann ich aber sicher von dem Kommissar erfahren. Auf jeden Fall versuche ich, nachher noch bei euch vorbeizukommen. Was macht ihr jetzt?«
» Irene ist am Strand. Und das ist gut so. Wir essen jetzt, dann legen wir uns hin. Wir sind beide so … Es ist einfach nicht zu begreifen für uns.«
Marions Stimme brach. Lene versuchte sie zu trösten, wo es keinen Trost gab. Nur praktische Fürsorge.
» Geht auch ein bisschen an den Strand nachher, wenn es kühler ist. Das Meer tröstet. Aber du hast Recht, schlaf jetzt erst einmal.«
Wenn wir den Täter nur finden, bald eine Spur haben, dachte sie, als sie auflegte, und wa ndelte ihre Trauer damit in Zorn um. Der seine eigene Dynamik hatte, das wusste sie.
Kapitel 10
Jean-Pierre Malineau strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er wirkte angespannt. Seine feingliedrigen Hände mit ihren langen, schmalen Fingern lagen unruhig auf dem Tisch zwischen ihm und Renaud. Dieser hatte ihn gerade rundheraus gefragt, ob er etwas von einer Antiquität wüsste, die Brigitte irgendwie gefunden hätte.
» Sie bringen mich in eine schwierige Situation. Ich habe Brigitte versprochen, dass ich niemandem davon erzähle«, sagte er schließlich zögernd.
» Aber Brigitte ist tot und wir müssen ihren Mörder finden. Ich muss jeder Spur nachgehen, das verstehen Sie doch?«, insistierte Renaud ruhig, jedoch mit Nachdruck.
Jean-Pierre schaute ihn an und Renaud sah seinen Konflikt, deutlich gepaart mit Aufrichtigkeit, in den Augen seines Gegenübers gespiegelt.
» Ich müsste erst mit Brigittes Vater sprechen.«
» Das können Sie später noch. Ich kann Ihnen vielleicht helfen. Wir wissen, um was es sich handelt und wie Brigitte es gefunden hat. Sie können mir vertrauen. Ich werde darüber Stillschweigen bewahren, ebenso wie Madame Becker. Und ich bitte sie ebenfalls darum zu schweigen. Niemand darf etwas erfahren. Aber ich muss der Spur nachgehen. Kommen wir zum Punkt. Haben Sie es gesehen, von Brigitte gezeigt bekommen? Wissen Sie, wo es ist?«
» Nein, sie hat es mir nur beschrieben. Und wollte mir auf keinen Fall das Versteck verraten. Das kann man doch auch verstehen. Es ist ja keine Kleinigkeit. Sie hat es mir nur sehr detailliert beschrieben. Sie hat neben mir gesessen und ich habe eine Zeichnung davon gemacht. So lange korrigiert, bis sie zufrieden war.«
Er unterbrach sich kurz, holte dann sein Portemonnaie aus der Jeanstasche und entnahm ihm einen zusa mmengefalteten Zettel. Reichte ihn über den Schreibtisch. Renaud faltete ihn auseinander. Die Zeichnung war eine ungewöhnlich genaue Darstellung. Mancher Polizeizeichner würde dich beneiden um so eine Fähigkeit, dachte er.
» Haben Sie das gezeichnet? Sie haben Talent. Und Brigitte wohl eine genaue Beobachtungsgabe. Man kann es sich sehr gut vorstellen. Wer außer Ihnen wusste von dem Fund?«
Jean-Pierre sah jetzt verunsichert aus.
» Haben Sie es denn nicht gefunden?«
» Wir haben erst jetzt erfahren, dass wir danach suchen müssen. Wir werden sehen«, wich Renaud aus. »Wer weiß noch von dem Fund?«
» Wir haben die Zeichnung an Brigittes Vater gefaxt. Und Brigitte bat mich einen Experten zu fragen.«
» Wen haben Sie gefragt? Hat er eine Kopie der Zeichnung bekommen?«
» Nein, obwohl ich ihm vertraue. Er ist ein alter Freund. Er ist Kunstexperte. Sein Spezialinteresse gilt den Katharern. Ich bin extra nach Toulouse gefahren um ihm die Zeichnung zu zeigen.«
» Nach Toulouse?«
» Ja, er lebt dort. Er ist Priester dort.«
» Ein Priester? Gut, ich brauche seinen Namen und seine Adresse«, und er schob einen Block zu Jean-Pierre hinüber.
Père J ean Baptiste, mit weltlichem Namen Eduard Grimelle und eine
Weitere Kostenlose Bücher