Die dem Mond ins Netz gegangen - Lene Beckers zweiter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
angesprochen. Ein so intensives Gefühl. Ein Jahr später kam ich privat hierher und traf sie! Inzwischen war ich wieder solo und sie hatte sich ebenfalls von dem Mann getrennt. Tja, und jetzt sind wir schon siebzehn Jahre verheiratet und ich finde immer noch, dass ich die schönste Frau der Welt habe. Ich bin verliebt, noch mehr als damals, und eifersüchtig, weil ich immer Angst habe, einer könnte sie mir wegschnappen. Sie ist Brasilianerin. Juana.«
Seine Begeisterung war ansteckend. Eine Liebesgeschichte wie im Roman, oder Fügung? Schicksal? Eine seltsame und irgendwie konspirative Nacht. Sie sprachen noch eine Zeit lang über so genannte Zufälle und es war schon fast zwei als Renaud sich verabschiedete. Ein neuer Freund.
Als sie im Bett lag, wollte sie noch in Brigittes Tagebuch, das sie mitg enommen hatte, weiter lesen. Aber die Augen fielen ihr nach wenigen Sätzen zu. Irgendetwas mit einem Sebastian. Wer war das denn schon wieder?
S ie versank in tiefen Schlaf.
Kapitel 8
Montag, 16. Juli
Um neun Uhr pünktlich kam Renaud durch die Schwingtüren der Pathologie. George grinste ihm schon entgegen.
» Willst du erst einmal einen Kaffee?«, fragte er, aber Luc Renaud schüttelte den Kopf. Obduktionen beizuwohnen fiel ihm jedes Mal schwer. Er hatte deshalb schon heute Morgen bewusst auf ein Frühstück verzichtet. Er spürte noch Juanas warme Haut und es graute ihm, trotz seiner Berufserfahrung, vor diesem Auseinandernehmen eines so jungen Körpers wie dem des Opfers.
Bedauernd sah er a uf ihr volles Haar, schwer wie ins Rötliche gehender Honig, das schon seinen Glanz verlor. Ihr Gesicht sah zwar entstellt aus, jedoch ihr Körper war makellos bis auf die Hämatome am Hals und an der Innenseite der Oberschenkel.
» Sie ist vergewaltigt worden, aber jetzt kommt das Seltsame. Zwischen der Vergewaltigung und dem Tod liegen noch mindestens circa zehn bis fünfundzwanzig Minuten. Sperma ist vorhanden, das weißt du schon. Daraus können wir schon mal die DNS des Vergewaltigers feststellen. Soweit sieht alles nach einer Tötung im Affekt aus. Aber erst nach der Obduktion und der genauen Analyse kann ich es exakter sagen.«
George untersuchte die Stellen um den Hals genauer.
» Einschnitte, zumeist mit leichten Rundungen, die wohl von den Pailletten auf dem Minipareo herrühren.«
» Kann die Tat auch von einer Frau ausgeübt worden sein?«
George grinste. »Die Vergewaltigung wohl kaum. Aber ich weiß natürlich, was du meinst. Die Strangulation schon, nur müsste es eine kräftige oder Sport treibende Frau sein. Oder sie müsste eine maßlose Wut auf das Opfer gehabt haben. Das verleiht Bärenkräfte, wie du weißt. Sieh mal hier, hier sind Kratzer und Hämatome an den Knien vom Sturz nach vorn – aber die sind vor dem Tod entstanden. Seltsam. Denn die Vergewaltigung ist von vorn verübt worden. Aber« – er zögerte, schaute näher zu den Blessuren und dann hinauf zum Kopf - „hier ist eine Beule. Nicht sehr stark, aber an einer empfindlichen Stelle, die zu einer mindestens kurzen Bewusstlosigkeit führen kann.«
» Wie lange kann die dauern?« versuchte Luc ihn festzunageln.
» Je nach der Konstitution des Opfers zwischen zehn und zwanzig Minuten etwa. Annähernd. Sie kann noch bewusstlos gewesen sein, als jemand versuchte, sie zu strangulieren. Zumindest anfänglich. Aber dann kann sie währenddessen zu Bewusstsein gekommen sein. Dafür sprechen die starken Zyanen, das heißt die blauen Verfärbungen des Gesichts.«
Er drehte die Tote um. Ts, ts machte e r in seiner unnachahmlichen Art, ohne etwas davon preiszugeben, was ihn so faszinierte, und womit er Luc regelmäßig zum Wahnsinn trieb.
» Nun sag schon, was ist?«
» Siehst du die Hämatome hier auf dem Rücken? Entweder er hat sie während der Vergewaltigung noch umgedreht und von hinten genommen, dann waren es seine Ellenbogen zum Beispiel, oder er hat sie erdrosselt, als sie lag. Oder beides. Es sieht so aus, als ob sie schon ohnmächtig war, als er sie getötet hat. Dann könnten die Hämatome auch von den Knien sein.«
Er untersuchte weiter. »Sieht ebenfalls nach einer analen Vergewaltigung aus. Er ist nicht gerade zimperlich mit ihr umgegangen. Deutliche Einrisse.« Er sah Renaud verwirrt und wütend zugleich an. »Wieso hat sie nur nicht um Hilfe gerufen? Sie muss das Bewusstsein bereits verloren gehabt haben.«
Er drehte das Mädchen fast behutsam um und begann mit dem V-Schnitt und während George analysierte, wog und
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