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Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition)

Titel: Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gernot Gricksch
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abzuholen. Ich brannte darauf, Neues von Bernhard zu erfahren!
    »Wie schön, dass wir dich mal wieder zu sehen bekommen«, sagte meine Mutter schnippisch, »auch wenn du nicht wegen uns, sondern nur wegen eines Briefes kommst!«
    Ich seufzte, sagte: »Bis morgen Vormittag also!«, und legte auf. Dann kramte ich meinen alten Schulatlas hervor und schaute im Index unter O nach. Aha: Obervolta lag in Afrika. Wer hätte das gedacht?
    Zuerst rief ich Susann an, um sie für den nächsten Abend zur großen Briefverlesung in meine Wohnung zu bitten. »Klar komme ich«, sagte sie und fügte mit hauchender Stimme an: »Ich wäre allerdings auch ohne Brief gekommen, Baby!« Wenn sie danach nicht so albern gekichert hätte, wäre das ein ziemlich cooler Spruch gewesen. Auch Dille sagte, er und Petra würden sich das natürlich nicht entgehen lassen. Seine Mutter könnte auf Jan aufpassen. Und er würde ein paar Tüten Kartoffelchips mitbringen – er hätte einen ganzen Karton voll, mit nur ganz leicht überschrittenem Haltbarkeitsdatum.
    Und dann rief ich, nach einigem Zögern, sogar bei Sven an. Auch wenn ich mehr als stinkig auf ihn war – er gehörte schließlich dazu. So viel Fairness musste sein.
    »Hallo«, meldete er sich.
    »Hi«, sagte ich, »hier ist Piet. Äh  …«
    Sven blieb still.
    »Äh …«, fuhr ich fort, »Bernhard hat endlich mal wieder geschrieben. Aus Obervolta …«
    »Oh, Afrika«, staunte Sven. Klugscheißer!
    » Also«, sagte ich, »morgen um neun kommen alle Kirschkernspucker zu mir, und wir lesen den Brief. Kommst du auch?«
    Sven war überrascht. Was man daran hörte, dass man eine Weile lang gar nichts hörte. Doch dann sagte er: »Ja. Gern.«
    »Okay«, sagte ich. Und legte auf. Zu einem »Tschüss!« konnte ich mich dann doch nicht mehr durchringen.
    * * *
    Die Quarkspeise kam mit voller Wucht und völlig unerwartet! Petra, die hinter Dille stand, hatte die große, schwere Schüssel angehoben und den gesamten Inhalt kurz entschlossen über seinen Kopf gekippt. Mit einem nahezu obszönen Schmatzgeräusch war die glibberige Masse auf einen Schlag herausgeschappt, klebte nun in Dilles Haar und lief ihm über das Gesicht. Der kleine Jan, der seinem Vater am Küchentisch gegenübersaß, juchzte begeistert auf: »Papa ist ein Quarkkopf! Hähähä!«
    Petra warf ihrem Sohn einen dermaßen stechenden Blick zu, dass der schlagartig verstummte.
    »Eineinhalb Stunden habe ich gebraucht, um diese Quarkspeise anzurühren«, zischte Petra. »Ich habe frische Pfirsiche hineingeschnitten und mindestens zwanzig Minuten gebraucht, um das richtige Mischungsverhältnis von Quark und Mascarpone herauszufinden. Dann habe ich noch eine ganze Tafel Zartbitterschokolade fein geraspelt und untergerührt. Und was , Schatz, habe ich dann gesagt?«
    Dille, der sich gerade ein Pfirsichstückchen vom linken Nasenflügel pulte, sah Petra nur durch einen Schmierfilm aus Quark und Mascarpone an.
    »Dann«, fauchte Petra, »habe ich gesagt: ›Stellst du die Quarkspeise bitte nachher in den Kühlschrank, sonst wird sie schlecht!‹ Hab ich das gesagt? Hä? Hab ich das gesagt?!«
    Dille schluckte.
    »Und dann«, Petras Stimme drohte nun umzukippen, »bin ich ins Bett gegangen, weil ich ja nun mal schwanger und vom Quarkspeisemachen müde war. Und du …«
    Dille hob an etwas zu sagen, doch als er Petras Blick sah, tat er es seinem Sohn gleich und kniff die Lippen zusammen.
    »Du … hast dir den Tatort angeschaut und dich einen Scheißdreck für meine Quarkspeise interessiert! Und jetzt, nach einer Nacht neben der Heizung, ist sie ranzig!«
    »Es tut mir Leid …«, stammelte Dille.
    »Das ist nicht mehr gut genug!«, schrie Petra. Und es sah aus, als würde sie gleich zu weinen beginnen. » Das ist, verdammt noch mal, nicht mehr gut genug! Ich bin nicht dein Bimbo!«
    Als sie aus der Küche stürmte, grinste Dille seinen perplex dreinschauenden Sohn verlegen an. Er angelte sich mit der Zunge etwas Quarkspeise von der Oberlippe und sagte dann mit gespielter Überraschung: »Komisch. Schmeckt gar nicht ranzig.«
    Der kleine Jan kicherte.
    * * *
    »Tut mir Leid, Piet«, seufzte Dilbert. »Es geht nicht. Beim besten Willen nicht! Petra ist auf Hundertachtzig und will mit mir reden. Sich aussprechen! Wenn ich auch nur vorschlage, dass wir heute Abend ausgehen, dann schlachtet sie mich!« Dille kicherte nervös. »Mann, mir geht der Arsch regelrecht auf Grundeis!«
    Ich war furchtbar enttäuscht. Ich wollte Bernhards Brief

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