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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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nur Off label zu verwenden. Da jedoch bei einigen dieser Präparate das Risiko für aggressives oder autoaggressives Verhalten sowie für suizidale Tendenzen bei Kindern und Jugendlichen erhöht sein soll, hat in Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte empfohlen, Medikamente dieses Typs, sofern sie keine explizite Zulassung für diese Altersgruppe haben, möglichst nicht einzusetzen. In Kanada dürfen die SSRI erst ab einem Alter von 19 Jahren verordnet werden, in England gilt die Regel, unter 18-Jährigen keine Antidepressiva, und wenn nichts anderes übrig bleibt, ausschließlich Fluoxetin zu verschreiben.
    International gilt aber die Regel, dass auch Fluoxetin an Kinder unter acht Jahren nicht abgegeben werden soll. Bei Kindern über acht Jahren und Jugendlichen gilt es bei mittelschweren bis schweren Episoden einer Major Depression in Kombination mit einer gleichzeitigen psychologischen Behandlung als indiziert. Auch der Einsatz von Fluoxetin kann von unerwünschten Effekten verschiedenen Grades begleitet sein. Als „übliche Seiteneffekte“ der Fluoxetinbehandlung gelten:
    â€¢ Magen-Darm-Symptome: Brechreiz, Völlegefühl, Durchfall
    â€¢ Schlafstörungen: Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, lebhafte Traumaktivität, Albträume, beeinträchtigter Schlaf
    â€¢ Unruhe
    â€¢ Schwitzen
    â€¢ Kopfschmerzen
    â€¢ Unruhige Beine (restless legs)
    â€¢ Appetitveränderungen (Steigerung oder Abschwächung)
    â€¢ Dämpfung
    â€¢ Libidostörungen und sexuelle Dysfunktion
    Unter „weniger übliche Seiteneffekte“ wird beschrieben, dass Kinder unter Prozac zusätzlich erhöhte Impulsivität, Agitiertheit oder Reizbarkeit aufweisen können. Es wird darauf hingewiesen, dass das Auftreten dieser Symptomatik ein Hinweis darauf sein kann, dass die Kinder oder Jugendlichen eine Veranlagung für ein bipolares Krankheitsgeschehen haben.
    Und schließlich können – selten, aber doch – schwere Nebenerscheinungen eintreten. Als solche gelten:
    â€¢ Selbstmordgedanken, Beschäftigung mit dem Sterben
    â€¢ Selbstmordversuche, Selbstbeschädigung
    â€¢ Neue Ängste, neue Depressionssymptome
    â€¢ Hochgradige Unruhe oder Angetriebenheit
    â€¢ Unkontrollierbare Wut oder Gewalt
    â€¢ Panikattacken (Herzrasen, Atembeschwerden)
    â€¢ Manische Symptome (Gedankenrasen, schnelles und gepresstes Sprechen, exzessive Risikofreudigkeit)
    â€¢ Ungewöhnliche Veränderungen im Verhalten und der Stimmung
    â€¢ Koordinationsprobleme
    In all diesen Fällen muss der Arzt oder Betreuer informiert und die Weiterbehandlung besprochen werden. Obwohl die üblichen Nebeneffekte bei Kindern zumeist schwach ausgeprägt sind und nicht lange anhalten, müssen sie dem behandelnden Arzt mitgeteilt und mit ihm besprochen werden. Es ist notwendig, gut über die Möglichkeiten und Grenzen der Behandlung informiert zu sein, um das für einen Behandlungserfolg nötige Vertrauen aufbauen zu können.
Schlussfolgerung
    Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse und Befürchtungen sollte der Einsatz von Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen die Ausnahme, nicht die Regel sein. Die Empfehlung, dass ihr Einsatz innerhalb eines Behandlungsplanes erfolgen soll, der psychologische Betreuung einschließt und den Eltern oder anderen Erwachsenen eine besondere Funktion zuweist, scheint ein Weg in die richtige Richtung. Allerdings beinhaltet auch sie eine Falle: Bei der Umsetzung eines Behandlungspakets kann nie abgeklärt werden, welche Komponente wirkt; im Idealfall entwickeln sich Synergien und die verschiedenen Maßnahmen verstärken einander. Eventuell kann der Umstand, dass die Eltern sich mit ihren Kindern mehr beschäftigen müssen und dass eine neue Beziehungsqualität entsteht, schon einen therapeutischen Effekt haben. Die Falle besteht darin, dass sich die Aufmerksamkeit der Eltern ausschließlich auf neue Symptome richtet, und dadurch in der ohnehin schwierigen Eltern-Kind-Situation eine neue Kontrollqualität entsteht, die den Aufbau einer schützenden, vertrauensvollen Beziehung behindert. Eltern, die den Nebenwirkungen der Antidepressiva nachspüren, neigen eventuell dazu, unerwartete Verhalten der Kinder ausschließlich als Arzneimittelwirkung zu verstehen und blind dafür zu werden, dass unter der Medikation ausbrechende Verhaltensweisen und Angstzustände

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