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Die Depressionsfalle

Die Depressionsfalle

Titel: Die Depressionsfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien> , Alfred Springer
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Konsumenten.
    Das österreichische Wirtschaftsmagazin
trend
berichtete im Oktober 2009 in einer Titelgeschichte über die „Tricks“ der Pharmaindustrie. Unter dem Subtitel „Mögliche Nebenwirkungen gefährden Ihr Geld und Ihre Gesundheit“ wurden verschiedene problematische Strategien beschrieben, die die Arzneimittelindustrie einsetzt, um Ärzte zu ihren Handlangern zu machen, Medikamente künstlich zu verteuern und preiswerte Generika zu verhindern. In dem sorgfältigrecherchierten Artikel wurde über die folgenden Strategien und Täuschungsmanöver berichtet:
    â€¢ Beeinflussung des Verschreibungsverhaltens der Ärzte
    â€¢ Finanzierungshoheit über Kongresse und Fortbildungsveranstaltungen
    â€¢ Durch Finanzierung Dominanz über die klinische Forschung mit fatalen Folgen bezüglich der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse; Unterdrückung negativer Resultate
    â€¢ Einflussnahme auf Fachgesellschaften und die von diesen entwickelten State of the Art-Papiere und Richtlinien durch großzügige Förderung
    â€¢ Einflussnahme auf die Patienten über Selbsthilfegruppen, deren Veranstaltungen und Veröffentlichungen von der Industrie finanziert und dadurch kontrolliert werden
    â€¢ Finanzierung und Unterwanderung von Beratungsfirmen, die sich als unabhängig bezeichnen. Auch dadurch wird die Information über Arzneimittel verzerrt.
    â€¢ Schaffung neuer Krankheitsbilder, um Einsatz und Umsatz bestimmter Arzneimittel zu erhöhen. Die Definition neuer Krankheiten dient bisweilen dem Ziel, altbekannte Arzneimittel für den neu geschaffenen Anwendungsbereich neu zu patentieren und unter neuem Namen weiter mit hohem Preis anbieten zu können
    â€¢ Harte und bisweilen die rechtliche Lage ausreizende Verteilerkämpfe auf dem Markt; exzessive Ausnutzung von Patentrechten; Behinderung der Vermarktung günstigerer Generika. 70
    In dem
trend
-Artikel werden die Strategien bezüglich der Psychopharmaka nicht besonders beleuchtet. Andererseits war es gerade dieses Gebiet, auf dem die Tricks der Pharmaindustrie besonders deutlich wurden und heftige Kritik von berufenen Beobachtern auslöste, die zum Teil auch selbst in ihrer Forschungsaktivität betroffen waren.
Ein Entwicklungsmarkt
    Als die ersten Antidepressiva auf den Markt gebracht wurden, zeigten die Erzeugerfirmen relativ wenig Interesse für die neuen Substanzen. Depression galt, wie wir eingangs dargestellt haben, als Minderheitenkrankheit – das zu erwartende Geschäft mit Arzneimitteln schien daher recht begrenzt. Erfolgsträchtiger schienen die „angst- und spannungslösenden“ Tranquilizer – zuerst Meprobamat und dann die frühen Benzodiazepine. Diese Substanzen wurden entsprechend beworben. Erste Anzeichen der ökonomischen Bedeutung, die die Substanzen gewinnen hätten können, waren allerdings schon in der Ära der trizyklischen Antidepressiva zu beobachten. Psychiater stellten Berechnungen an, dass die Versorgung mit Medikamenten wesentlich billiger sei als die damals vorherrschende psychotherapeutische Betreuung depressiver Patienten, und kamen zu abenteuerlich anmutenden Schlussfolgerungen. Lopez-Ibor Alino vertrat 1974 den Standpunkt, dass der „Nutzen, der der Gesellschaft aus dem Einsatz von Psychopharmaka durch den Psychiater erwächst, in Wirklichkeit wahrscheinlich 200 bis 400 Mal höher ist als derjenige, den die Therapie des Psychotherapeuten gewährt.“
    Bereits damals zeichnete sich die Begehrlichkeit der Produktionsfirmen ab und wurde als Problem erfasst. 1978 erschien das Buch des Juristen Emil Komo
Die verordnete Intoxikation – Zur Strafrechtlichen Kontrolle von Psychopharmakaschäden
. In dieser Schrift wurde auf die Probleme hingewiesen, die mit der aggressiven Vermarktung der Tranquilizer verbunden waren. Komo forderte eingreifende Maßnahmen, mit denen man der Entwicklung gegensteuern sollte.
    Als globales Marketing und die Deregulierung der Industrie in den 80er Jahren sich ausweiteten, wurden die Möglichkeiten der Antidepressiva neu bewertet. Der Schwenk zum Entwicklungsmarkt trat mit der Vermarktung von Prozac/Fluctine Mitte der 80er Jahre ein, das nach den lange vergangenen Erfolgen mit Miltaun und den Benzodiazepinen erneut zu einem psychopharmakologischen Blockbuster wurde. 1987 wurde die Substanz herausgebracht und entwickelte sich rasch zum Verkaufsschlager Nummer eins, als in den

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